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Holzmarkt  Holzmarkt 1 in Aschersleben: Bald ist auch das letzte Haus saniert

Von Kerstin Beier 18.07.2018, 11:24
Dirk Fuß geht mit Schwung und Sachkenntnis ans große Werk.
Dirk Fuß geht mit Schwung und Sachkenntnis ans große Werk. Frank Gehrmann

Aschersleben - Ein schlanker Mann in Arbeitskluft bringt eimerweise Schutt aus dem dreistöckigen Haus Holzmarkt 1. Es ist Sonnabend, er ackert einsam und unermüdlich bis zum Abend. Dirk Fuß weiß, dass ihn diese Muskelhypothek Stück für Stück einem großen Traum näher bringt: Mitte kommenden Jahres möchte der Architekt mit seiner Familie einziehen in ein Haus, das seit mehr als vier Jahrhunderten an diesem Platz steht.

Hier gab es schon Brauerei, Kupferhandlung und Lederhandel

In ein Haus, das schon vieles war: Brauerei, Kupferhandlung, Lederhandel, Wollgeschäft und Wohnhaus sowieso. Bis 1860 wohnte eine Kesselflickerfamilie hier - einer der nach Amerika ausgewanderten Söhne war der Vater des späteren Präsidentschaftskandidaten Wendell Lewis Willkie. Mehr als 20 Jahre lang stand das mächtige Gebäude leer, es war das letzte unsanierte im Gesichtskreis des Holzmarktmännchens.

„Es war vor allem die Lage mitten in der Innenstadt, mit einem schönen Hof“, begründet der 44-Jährige sein Interesse an dem Gebäude. Doch der Architekt sieht auch den architektonischen Wert des Einzeldenkmals, wenn es erst von allen unnötigen Einbauten und Verschachtelungen befreit ist.

Der Charme des Hauses wird erhalten

„Wir möchten den Charme des Hauses mit seiner gemischten Struktur aus Massivbau und Fachwerk auf jeden Fall erhalten“, sagt Fuß und kann sich dabei auf Fachfirmen verlassen, die auf denkmalgerechte Sanierungen spezialisiert sind. Die Maurer- und Zimmermannsarbeiten zum Beispiel verantwortet die Firma Schymura aus Quedlinburg.

„Es war gar nicht so einfach, passende Partner zu finden, momentan gibt es kaum Angebote“, berichtet er von den Schwierigkeiten nach zweieinhalb Jahren Planungsphase mit Statikplanung, Holzschutzgutachten, Brandschutzkonzept und vielem mehr. Doch am 18. Juni konnte es endlich losgehen, seitdem sind die rasanten Baufortschritte für jeden Passanten offenbar.

Zunächst ging es darum, „Last rauszuholen“. Denn statt zu sanieren, haben die Vorbesitzer immer wieder Material aufgebracht, um sich senkende Böden auszugleichen - in einer Schicht von bis zu einem halben Meter. „Das tut so einem Haus nicht gut“, sagt Dirk Fuß.

Alle Deckenbalken werden verstärkt, der Südgiebel neu aufgebaut

Es gab Wasserschäden am Fachwerk, alle Deckenbalken müssen seitlich verstärkt werden, der Südgiebel wird neu aufgebaut, der Dachstuhl braucht eine aufwendige Reparatur. „So ein Haus ist ’ne ganz schöne Nummer. Man kann ja vorher nicht alles aufmachen“, denkt Dirk Fuß an manche, auch unliebsame Überraschungen, die mit der Sanierung eines so alten Hauses meist einhergehen.

Äußerlich zeigt sich das Gebäude mit einer schlichten Putzfassade. Doch das war offenbar nicht immer so. Historische Fotos weisen aufwendige Stuckverzierungen aus, die in vereinfachter Form als profilierte Front wiederhergestellt werden sollen. Der Architekt beschreibt eine dunkelgraue Farbgebung, Fenster und Türen werden einen Holzton erhalten, das Antlitz des Hauses soll „zurückgenommen natürlich“ gestaltet werden.

Zuschuss aus Programm Städtebaulicher Denkmalschutz

Etwa zehn Prozent der Gesamtbaukosten werden aus dem Programm Städtebaulicher Denkmalschutz gefördert. Ein Laie, der auf der Baustelle im Erdgeschoss steht, der braucht momentan noch viel Fantasie um sich vorzustellen, dass sich hier in Kürze das Büro des Architekten befinden wird.

Seit 2002 ist der Ascherslebener, der in Dessau studiert hat, selbstständig. In den beiden Obergeschossen werden sich die Wohnräume des Paares mit einem Kleinkind befinden. Auch hier soll so viel wie möglich erhalten bleiben - unter anderem das Geländer einer Treppe von 1829, die ins Obergeschoss führt.

Mitunter machen die Bauherren auch überraschend schöne Entdeckungen wie zum Beispiel die einer Kochmaschine aus der Zeit um 1820. „Sie stammt aus einer innenliegenden Küche, wir werden sie mit Zeichnungen und Fotos dokumentieren und einlagern.“ (mz)

Das Oberlicht über dem Eingang des Hauses Holzmarkt 1, das in seiner Ansicht erhalten werden soll.
Das Oberlicht über dem Eingang des Hauses Holzmarkt 1, das in seiner Ansicht erhalten werden soll.
Gehrmann
Es geht zügig voran mit der Sanierung am Holzmarkt 1 in Aschersleben.
Es geht zügig voran mit der Sanierung am Holzmarkt 1 in Aschersleben.
Gehrmann