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Barbier Hecknerstraße in Aschersleben: Barbier aus Syrien arbeitet mit Feuer, Wachs und Zwirn

Von Detlef Anders 18.03.2018, 09:55
Das Friseur- und Barbierhandwerk hat der 30-jährige Samer Hesso (links) in seiner Heimat Syrien gelernt.
Das Friseur- und Barbierhandwerk hat der 30-jährige Samer Hesso (links) in seiner Heimat Syrien gelernt. Gehrmann

Aschersleben - Jahrelang stand das Friseurgeschäft in der Hecknerstraße in Aschersleben leer. Jetzt ist es wieder offen. Doch schon beim Namen wird klar, dass es kein übliches Friseurgeschäft ist.

„Friseur Barbier Soran V“ heißt das Geschäft, in dem der 30-jährige Samer Hesso den Hut auf hat. Doch wie arbeitet ein Barbier? Der Beruf war in Deutschland fast ausgestorben. Inzwischen gibt es wieder mehr Barbiere.

Vor fünf Jahren kam der gelernte Barbier Samer Hesso aus Syrien nach Aschersleben. Jetzt steht er mit einem langen Zwirnsfaden vor einem Kunden. Den Faden spannt der Barbier, nachdem er ihn vier bis sechsmal verdrillt hat, zwischen den Händen und den Zähnen.

Durch Spreizen der Finger schiebt sich der verdrillte Faden über Wangen und Stirn und zupft auf diese Weise kleinste Härchen aus der Haut. Anschließend wird am Hals Rasierschaum mit einem Rasierpinsel aufgetragen.

Samer Hesso steckt eine neue Rasierklinge in sein langes Messer, sprüht es mit 94-prozentigem Alkohol ein und zündet ein Feuerzeug an. Das Feuer befreit das Spezialmesser von möglichen Bakterien. Dann beginnt die eigentliche Rasur. Dort, wo der Bart länger ist und nur gestutzt werden soll, passiert das normalerweise auch mit Maschine, erklärt er. Doch um die heute beliebten Konturen zu rasieren, wird das Rasiermesser benötigt.

Wachs für die Nasenhaare

Zum Handwerk des Barbiers gehört natürlich auch das normale Haareschneiden, erklärt er. Als Besonderheit wird die Nasen- und Ohrhaarentfernung mit Wachs angeboten. Der für die Demonstration vor der Presse bestellte Kunde verzieht erschrocken das Gesicht - die Entfernung von Ohrhaaren mit Wachs ist mit Schmerzen verbunden - nicht jedermanns Sache.

Auch wenn ein Barbier im deutschen Straßenbild noch nicht unbedingt zum Alltag gehört, es gibt immer mehr Männer hierzulande, die sich Bärte wachsen lassen. „Die Frauen mögen so was“, bekennt der Syrer wissend lächelnd. Und Bärte wollen gepflegt werden. Am besten professionell.

Haarentfernung mit Zwirn ist keine Hexerei

Die Technik der Haarentfernung mit Zwirn ist keine Hexerei. Es muss auch kein spezieller Zwirn wie vielleicht Zahnseide verwendet werden. Der einfachste Zwirn von der Rolle eines Supermarktes reicht, bekennt Samer Hesso. „Ich habe das so gelernt.“

Nach Abschluss der sechsten Klasse sei er bei seinem Cousin in die Lehre gegangen. Er machte in seiner Heimatstadt Hasaka den Berufsabschluss, doch als sein Cousin nach Deutschland auswanderte, wechselte er den Beruf. Drei Jahre arbeitete er als Fleischer.

Seit 2012 lebt Samer Hesso in Deutschland

Ein Jahr, nachdem der Krieg begann, beschloss Samer Hesso, der Heimat den Rücken zu kehren. 2012 ging auch er nach Deutschland. „Wir sind keine Moslems, deshalb ist es schlimm gewesen“, nennt er einen Beweggrund für seine Flucht.

In Aschersleben bekam er eine Wohnung. Und in Halle einen Job als Barbier und Friseur. Die Nachfrage stieg auch deshalb, weil viele seiner Landsleute durch den Krieg in ihrer Heimat nach Deutschland flohen.

Aber auch, weil viele Sachsen-Anhalter zunehmend auf Bärte setzen. In Halle wären die Kunden zuletzt zu 90 Prozent Hallenser gewesen, sagt der Syrer. Der 30-Jährige hofft, dass dies in Aschersleben, seiner neuen Heimat, auch so wird.

Friseurin soll manche Berührungsängste abbauen

Die ersten Wochen seit der Eröffnung im Februar seien gut gelaufen, findet er. Nun sucht er noch eine Friseurin oder Friseurmeisterin. Vielleicht hilft ihm auch bald eine Friseurin aus Halle. Das könnte dazu beitragen, manche Berührungsängste der Ascherslebener abzubauen, hofft er. Zum Namen „Soran V“ sagt der Barbier, dass das Geschäft in Aschersleben das fünfte seines halleschen Chefs ist. Zwei weitere seien in Helmstedt und Halle Zentrum geplant, weiß er. (mz)