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Grundschule Pfeilergraben in Aschersleben Grundschule Pfeilergraben in Aschersleben: Lernbehindert - na und?

Von Kerstin Beier 10.04.2015, 17:50
Die zehnjährige Luisa fühlt sich trotz ihrer Lerndefizite gut aufgehoben in ihrer Klasse. Die Mitschüler mögen sie.
Die zehnjährige Luisa fühlt sich trotz ihrer Lerndefizite gut aufgehoben in ihrer Klasse. Die Mitschüler mögen sie. Frank Gehrmann Lizenz

aschersleben - Luisa ist ein zartes Persönchen. Mit ihren zehn Jahren ist sie kleiner als die meisten anderen Kinder in ihrer Klasse. Das Auffälligste an ihr sind die riesigen, strahlend blauen Augen. Die sprechen lieber als ihr Mund. Die Kinder in der 4b an der Grundschule Pfeilergraben wissen das und haben es längst akzeptiert. „Luisa ist nett“, sagen Annalena und Nora. Ein Dreikäsehoch fügt hinzu: „In Mathe ist sie eigentlich ganz gut. Sie hatte mal die einzige Eins!“

Ihre Eltern, Torsten Fischer und Andrea Röhrig, haben sich vor vier Jahren bewusst dagegen entschieden, Luisa in eine Förderschule zu geben. Obwohl sie damals schon wussten, dass es Lernprobleme geben würde. „Sie ist als lernbehindertes Kind in einer normalen Schule besser aufgehoben“, findet ihr Vater. Die Entscheidung, die Kleine in der Grundschule Pfeilergraben einzuschulen, haben sie nicht bereut. Obwohl die Familie kürzlich umgezogen ist und der Schulweg nun um einiges länger ausfällt, bleibt Luisa im Pfeilergraben. „Sie braucht vertraute Personen um sich herum. Hier ist es nicht so schlimm, wenn sie leise spricht“, sagt ihre Mutter. Schulleiterin Simone Brandt bestätigt das: „Die anderen sind mucksmäuschenstill, wenn Luisa dran ist.“ An dieser Stelle zeige sich der Vorteil der Inklusion, der für alle Schulen ein großes Thema ist. „Behinderte Kinder in den Klassen werden zur Normalität. Das ist ein Prozess, aber man kann das sehr gut beobachten“, sagt Schulleiterin Simone Brandt, und eine bessere Herzensbildung könne es kaum geben.

Sprachschwierigkeiten auf Lese- und Schreibfähigkeit ausgewirkt

Dennoch habe Luisa besonders am Anfang große Probleme gehabt, erinnern sich die Eltern. Sie sei ängstlich, gehemmt, sehr scheu. Ihre Sprachschwierigkeiten haben sich auf die Lese- und Schreibfähigkeit ausgewirkt. „Sie ist immer noch sehr ruhig, aber wir haben schon viel erreicht“, findet Frau Röhrig. Das liege zum einen daran, dass die Familie stets am Ball geblieben ist. Einmal pro Woche kümmert sich ein Logopäde um die sprachliche Entwicklung des Mädchens, in der Schule löst sie zwar die gleichen Aufgaben wie ihre Mitschüler, aber in einem anderen Tempo und damit insgesamt weniger. „Nachteilsausgleich“ heißt das in der Fachsprache. Er dient dazu, die Kinder nicht zu entmutigen. Ein weiterer Grund für die gute Entwicklung liegt wahrscheinlich in ihr selbst, denn das Mädchen gebe nie auf. „Luisa macht immer gut mit, und das freiwillig“, beschreibt ihre Mutter, die mit Integration bereits gute Erfahrungen gemacht hat. Einer ihrer vier Söhne ist schwer geistig behindert und wurde in der integrativen Einrichtung „Spatzennest“ betreut - gemeinsam mit Kindern ohne Handicap. Luisa macht übrigens das, was alle anderen Kinder auch gern machen. Sie malt leidenschaftlich und viel, fährt Rollerskates und arbeitet gern im Schulgarten. Zu Hause hat sie das Backen für sich entdeckt und hilft ab und zu in der Küche. Ihre Hilfsbereitschaft ist es wohl auch, die die anderen Kinder an ihr schätzen.

Und wie geht es weiter? Die Grundschulzeit endet in diesem Jahr für die Zehnjährige. „Sie wechselt zur Sekundarschule ,Albert Schweitzer’“, berichten ihre Eltern. Auch dort wird das Thema Inklusion schon seit mehreren Jahren ganz großgeschrieben. Und auch der Schulweg ist dann nicht mehr so weit. (mz)