Geschichte in Aschersleben Geschichte in Aschersleben: Unkraut am Gedenkstein für Fußballer

Aschersleben - Vergessen? Versteckt? Oder im Dornröschenschlaf? Letzteres könne eher passen, denn der große Findling mit der Aufschrift „Unseren Gefallenen zum ewigen Gedenken 1914 bis 1918“ wird umrankt von Pflanzen, hohen Brennnesseln und ist eingequetscht von Bäumen. Nur schwer ist die Schrift auf dem Stein erkennbar, denn es sieht so aus, als ob irgendwann einmal auch noch Farbe über den Stein geschüttet wurde. Zu finden ist er recht schwierig. Er steht auf dem Gelände des ehemaligen Sportplatzes der Rotation-Fußballer an der Klopstockstraße/Ecke Magdeburger Chaussee in einem eingezäunten und von Unkraut überwucherten Gelände.
„Vergessen ist er nicht. Ich weiß zum Beispiel, dass es ihn gibt“, erklärt der Hobbyhistoriker Frank Mühle, der seit vielen Jahren nicht nur die Fußballgeschichte der Ascherslebener erforscht, sondern nach eigenen Angaben auch noch der größte Fan des 1. FC Aschersleben war, den es seit einigen Jahren nicht mehr gibt. „21 Fußballern wird hier gedacht. Die sind im 1. Weltkrieg gefallen. Die Namen sind mir bekannt. Sie sind in einem alten Bericht, den ich gefunden haben, erwähnt“, erzählt er weiter.
Die Jahre des Weltkrieges ließen wohl jedes Vereinsleben in der Stadt fast einschlafen. Von den 107 Mitgliedern des Fußballvereins mussten 101 ins Feld rücken. „Die 21 gefallenen Fußballer blieben dort und ruhen, so wurde es archiviert, in Feindesland“, sagt Frank Mühle. Damit Eltern und Geschwister trauern können und der Fußballverein Ascania die Möglichkeit hatte, diese Gefallenen zu ehren, wurde der Gedenkstein am Sportplatz aufgestellt. „Das muss in der Zeit zwischen 1920 und 1925 gewesen sein. Leider habe ich noch kein genaueres Datum im Archiv gefunden“, bedauert der Hobbyhistoriker.
Der Sportplatz selbst wurde im März des Jahres 1923 feierlich eingeweiht. Die Sportler wollten damals ein eigenes Stadion in Aschersleben besitzen. Genutzt wurde für den Bau der Platz in der ehemaligen Müllhalde der Stadt. Dort gab es mit dem Bau dann einen Höhenunterschied von fast zwölf Metern. Weggebaggert wurden neben Asche und Bauschutt auch ausrangierte Kochtöpfe. Seit 1953 übrigens durfte dann dort endgültig kein Müll mehr abgekippt werden.
Das Stadion wurde auf einer Fläche von 120 mal 75 Metern angelegt. „Weil der Platz so tief gelegen war, hat sich dort dann oft Grund- und Regenwasser angesammelt. Oftmals stand auf dem Platz das Wasser bis zu 1,50 Meter hoch“, weiß er weiter. Zwei Jahre sei er sogar wegen diesen Problemen nicht bespielbar gewesen. Erst 1942 erfolgte eine Aufschüttung und Planierung des Platzes. Gleichzeitig wurde er auch vergrößert, so dass die Fußballer dann eine Fläche von 150 mal 90 Metern hatten. Das Wasserproblem blieb übrigens trotzdem.
Der Fußball in Aschersleben ist schon über 100 Jahre alt. Junge Leute gründeten diesen Verein zu einer Zeit, als dieser Sport verpönt und von vielen Bevölkerungsschichten angefeindet wurde. Sie trafen sich am 1. Oktober 1900 in einem Restaurant auf dem Bonifatiuskirchhof. Dort bekam der Verein auch den Namen „Ascania“. Der Kreis der Fußballspieler und Anhänger wurde immer größer, so dass es den ersten Fußballplatz dort, wo heute das Rosarium ist, gab. „Immerhin gab es in der Zeit von 1910 bis 1915 insgesamt 15 Mannschaften. Diese schossen förmlich wie Pilze aus dem Boden“, sagt der Hobbyhistoriker. Da es in anderen Städten dann ebenfalls Fußballvereine gab und man anfing, gegeneinander zu spielen, erhielt der Verein vier Jahre nach der Gründung einen neuen Platz. Der befand sich Unter der Alten Burg, wo sich heute der Tennisplatz befindet.
Dort, wo einst der Rotation-Platz war, sind auch heute wieder Bagger unterwegs. Gebaut wird ein Regenrückhaltebecken, um die Oberflächenentwässerung garantieren zu können. Der Stein fristet gleich daneben sein freudloses Dasein und wird, sofern ihn die Fußballer nicht verrücken und an einer anderen Stelle in der Öffentlichkeit präsentieren möchten, da bleiben. „Das glaube ich eher nicht“, meint Mühle, der vermutet, dass bei einer Umsetzung der Stein Schaden nehmen könnte. (mz)
