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Geschichte Geschichte: "Das hat ein König gebaut"

Von regine lotzmann 20.06.2013, 07:25
Hinter der Orgel wurde eine Nonnenloge entdeckt - auf den Steinen sind noch alte Schwarz-Weiß-Malereien zu erkennen.
Hinter der Orgel wurde eine Nonnenloge entdeckt - auf den Steinen sind noch alte Schwarz-Weiß-Malereien zu erkennen. frank gehrmann Lizenz

fRose/MZ - Kurt Engmann streicht über den grauen Stein. „Das hier ist zwölftes Jahrhundert“, zeigt der Ortschronist auf das gemauerte Gewölbe in der Nonnenloge und beruft sich dabei auf die Aussagen eines Fachmanns, der im Kloster Wendhusen einst Ähnliches entdeckte.

Eine Aussage, die für Engmann wichtig ist. Denn das bedeute, dass das Mauerwerk dahinter, dessen Fenster und Türen durch die nachträglich eingebauten Gewölbepfeiler förmlich zugemauert wurden, noch weitaus älter sei. Auch andere Details in der Froser Stiftskirche bestätigen den Ortschronisten in seiner Annahme, dass Frose einst von mächtiger Bedeutung war. Malereien, die Figuren und ein Wappen erkennen lassen, die fein gearbeiteten Kapitelle der Säulen. „Das hier hat ein König gebaut“, meint Engmann voller Inbrunst. „Und der hatte mehr Geld als ein Markgraf.“

Ein König? Der Ortschronist, der seine Überlegungen jetzt im „Mitteldeutschen Jahrbuch für Kultur und Geschichte“ (Band 19) veröffentlicht hat, spricht dabei von Ludwig dem Deutschen, der 843 das Ostfrankenreich bekam. Die meisten Königshöfe habe es damals im Mittel- und Westfrankenreich gegeben. Das ostfränkische war damit dünn besiedelt. „Doch um regieren zu können, musste Ludwig Residenzen haben, da hat er in Frose einen Königshof gegründet“, glaubt Kurt Engmann und zählt die Hinweise auf, die ihn das vermuten lassen.

„Die alte Salzstraße von Halle nach Braunschweig führte durch Frose, in Gatersleben und Aschersleben gab es Sperrfestungen, Freckleben und Wegeleben wurden in alten Urkunden als Flankenschutz beschrieben - für wen? Da bleibt nur Frose.“ Und er wirft weitere Fragen auf: Wieso gibt es zwei Pfarreien auf so engem Raum? Woher kommen die Bezeichnungen Ober- und Unterdorf? Warum hatte Frose ein Siegel des heiligen Cyriakus? Diesen Fragen geht der Froser nun in seinen geschichtlichen Betrachtungen über Frose auf den Grund und führt weitere Hinweise für die einstige Wichtigkeit dieses Seeland-Ortes auf.

„Ein Schriftstück aus dem Vatikan, wahrscheinlich die teilweise Abschrift einer Urkunde, zeigt auf, dass Ludwig der Deutsche Frose für den ,rechten Platz’ der Ansiedlung von Cyriakus-Kanonikern hielt. Er ließ hier wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts ein Stift, als Eigenkirche, in seiner gesamten Komplexität errichten“, erklärt der Ortschronist.

„Offen bleibt derzeit die Frage, ob ein Königshof auf diesem Grundstück bereits als fränkische Siedlung vor der Stiftungsgründung existierte.“ Sicher sei jedoch, so Engmann, dass mit der Errichtung des Stiftes der germanische Teil des Ortes in etwa 200 Metern Entfernung eine eigene Kirche erhielt.

„Frose hatte sehr große Bedeutung im 9. Jahrhundert“, nickt Engmann, der mit seiner Veröffentlichung im Jahrbuch der Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat eine neue Lehrmeinung vertritt. Für ihn ist klar: Frose war einst sogar bedeutender als Gernrode.

„Mit Ludwig dem Deutschen starb aber auch sein Geschlecht aus, so verfiel Frose in einen Dornröschenschlaf - als Markgraf Gero in den Besitz des Stiftes kam, ordnete er es Gernrode unter - und die Bedeutung von Frose ging im zehnten Jahrhundert rapide verloren.“

Unabhängig davon hätten sich in Frose Könige und Kaiser - von Otto I. bis Heinrich II. - aufgehalten, erklärt der Ortschronist und nennt dafür eine Reihe von Urkunden und Schriftstücken, die mit „actum Frose“ unterzeichnet seien. „Die Schlussfolgerung aus dieser Sachlage“, so Engmann, „Frose besaß außer dem Stitft auch einen Königshof! Dessen Ursprünge verbleiben derzeit aber im Dunkel der Geschichte.“