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Gebrochenes Indianerehrenwort

Von Susanne Thon 16.07.2007, 17:58

Staßfurt/MZ. - Zu allem Überfluss kommt die drogensüchtige Nadja völlig zugedröhnt nach Hause. Was für ein einsamer Geburtstag, den Sebastian Willdoch begeht, geblieben ist ihm seine Frau Sibille Klarmann - von vornherein eine die Probleme heraufbeschwörende Beziehung. Nichts ist mehr so, wie es einmal war.

Die Zeiten ändern sich eben - und das manchmal nur innerhalb eines guten Jahres. Nach zwei Hochzeiten und einem sich durchschlängelnden Albtraum, der sozusagen im Zerfall einer Familie endet. Das Zusammentreffen unterschiedlicher Ideale haben die acht Mädchen der Theatergruppe Spotlight in "Der Traum ist aus", einer nachdenklichen Inszenierung und fast märchenhaft anmutenden Aschenputtelgeschichte von Ursula Obers und Martin Kraft, in Szene gesetzt.

Jetzt feierte das Ensemble im Salzlandtheater Staßfurt Premiere vor fast 100 Zuschauern. "Wir haben damals mehr protestiert als studiert", erzählt die Sachbuchautorin Claudia (Marina Schulze) ihrer Mitbewohnerin Juliane (Julia Köhnke) über die 68er Studentenbewegung. Julias Tante Renate Willdoch (Melanie Urbicht) erinnert sich auch noch an diese aufregenden Zeiten. Damals, als ihr Bruder, Julias Vater Sebastian Willdoch (Miriam Wiegel) sich als linker Kleinverleger einen Namen gemacht hat. Als Julia beim allmorgendlichen Abwasch den beiden Frauen gespannt zuhört, platzt "Knuddel", so nennt sie ihren Vater, in die Küche herein. Im Anzug, einem für ihn schon beinahe lächerlichen Aufzug. Und er teilt ihr etwas Folgenschweres mit: Er will die erfolgreiche Verlegerin Sibille Klarmann (Ilona Aidel) heiraten. Wie sie, bringen auch ihre ungleichen Töchter Ilona (Christin Schiffmann) und Nadja (Jessica Krengel-Lienau) das harmonische linke WG-Leben durcheinander. Ihren Stiefschwestern ist Juliane ein Dorn im Auge und auch ihr Vater gedenkt alles andere, als sein der Tochter vor der Hochzeit gegebenes Versprechen zu halten. "Zwischen uns beiden wird sich nichts ändern", hieß es damals, "großes Indianerehrenwort."

Was dieses Versprechen zu bedeuten hatte, das bekommt Juliane zu spüren - mehr als ein Termin für ihren vielbeschäftigten Vater ist sie nicht. Was bleibt, ist zu träumen. Doch dass darin nicht die Lösung bestehe, sondern dies vielmehr eine Flucht sei, darauf weist sie das Hausmädchen Latifa (Anastasia Kolychev) hin. Flüchten tut derweil auch Ilona - die 19-Jährige zieht zu ihrem 20 Jahre älteren Freund, von dem sie ein Kind erwartet und heiratet ihn - und Nadja, die sich ganz und gar den Drogen hingibt ...

Brisanten Themen wendet sich das junge Ensemble, die Mitglieder sind zwischen 14 und 16 Jahren alt, zu. Im Jahr 2005 wurde Spotlight gegründet. Seit Oktober haben die jungen Schauspieler an dieser Inszenierung geprobt. "Wir wollten ein festes Stück nach Vorlage spielen", sagt die beim Landkreis angestellte Theaterpädagogin Kathrin Heuer, "etwas, das die Lebenswelt der Jugendlichen aufgreift", sagte sie.

Einmal wöchentlich, donnerstags für zwei Stunden, werde geprobt. "Die Mädels wissen, was Theaterspielen bedeutet", kann die Leiterin mittlerweile getrost behaupten.

Als eine von zehn ausgewählten Theatergruppen hat es Spotlight mit "Der Traum ist aus" unlängst auch nach Halle zum 15. Schülertheatertreffen Sachsen-Anhalts geschafft und dieses Ereignis recht gut bestritten, wie Heuer meint. Im September wird das Stück die Kinder- und Jugendtage in Staßfurt eröffnen.