Friedhof Aschersleben Friedhof Aschersleben: Rehe fressen Gräber leer

Aschersleben/MZ - Sie kamen, sahen... und fraßen, die hungrigen Rehe. „Keine 24 Stunden nach der Beerdigung glich das Grab einem Schlachtfeld.“ Thomas Rennecke kann es immer noch nicht fassen. Das Bild, das sich ihm und seiner Familie bot, nachdem sie am Vortag Kränze, Gebinde und Sträuße fein säuberlich drapiert hatten, setzt den Trauernden nachhaltig zu. „Aus sämtlichen Gestecken wurden die Rosen und Nelken gefressen“, sagt der Ascherslebener und zeigt Fotos, die das ganze Ausmaß verdeutlichen.
Mehrere hundert Euro - einfach futsch. „Aber viel schlimmer ist der ideelle Schaden“, beklagt er. Rennecke beschwerte sich bei der Friedhofsverwaltung. Dort teilte man ihm mit, dass bereits „alles Mögliche getan wurde, um die Tiere zu vertreiben“. Dass das Problem bereits seit Jahren bestehe. Und er nicht der einzige Geschädigte sei. „Damit kann man sich doch aber nicht zufriedengeben“, meint Rennecke. Und ihm gehe es nicht um eine finanzielle Entschädigung. „Wir wünschen uns, dass sich keiner mehr über abgefressene Blumen und Pflanzen ärgern muss und erwarten konkrete Lösungsvorschläge. Es kann doch nicht so schwierig sein, die Tiere zu vertreiben beziehungsweise umzusiedeln“, glaubt er.
Doch es ist schwierig, verdammt schwierig, wenn nicht gar unmöglich, der Rehplage Einhalt zu gebieten, weiß André Könnecke, Leiter vom Bauwirtschaftshof, der den Friedhof betreibt. „Es ist schon ärgerlich, wenn Stiefmütterchen abgefressen werden, aber dass nach einer Beerdigung der komplette Grabschmuck hin ist... Wir verstehen absolut, dass die Angehörigen traurig sind und es tut uns auch leid“, sagt er.
Alle Jahre wieder suchen die Rehe den Friedhof heim. „Immer in den ersten zwei Monaten der Vegetationsphase, wenn die Tiere in freier Natur noch nicht genug Nahrung finden.“ Alle Bemühungen sie loszuwerden, seien bisher gescheitert: Schon vor Jahren wurden die Zäune rundherum geschlossen und höhere Zaunfelder angebracht. „Treibjagden“ wurden durchgeführt. Menschen, Hunde, Geräusche, von nichts und niemandem ließen sich die Rehe bisher aus ihrem Schlaraffenland vertreiben. Selbst sie abzuschießen - eine einmalige Ausnahmegenehmigung lag vor - war aus verschiedenen Gründen nicht machbar. Derzeit gibt es sogar Überlegungen, eine Futterkrippe aufzustellen, „doch das kann auch nach hinten gehen und noch mehr Rehe anziehen“, sagt Könnecke, den einzig beruhigt, dass sich das massive Problem in ein paar Wochen gelegt haben wird. Nichtsdestotrotz forciert er noch eine weitere Aktion zur Vertreibung, die kommende Woche stattfinden soll. „Der Friedhof ist ein Stück Natur. Wir haben nur Rehe, andere plagen Wildschweine und Dachse.“ Für die Geschädigten mag das ein schwacher Trost sein. „Doch wir sind machtlos. Eine Kuppel drüber bauen, das können wir nicht“, so der Betriebsleiter.
