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Flüchtlinge aus Aschersleben bedanken sich Flüchtlinge aus Aschersleben bedanken sich: Syrische Speisen für Unterstützer

Von Elisabeth Krafft 26.02.2016, 08:40
Drei Tage dauerten die Vorbereitungen für das Buffet. Die Bewohner zeigten private Fotos aus ihrer Heimat Syrien, wie es vor dem Krieg aussah.
Drei Tage dauerten die Vorbereitungen für das Buffet. Die Bewohner zeigten private Fotos aus ihrer Heimat Syrien, wie es vor dem Krieg aussah. Frank Gehrmann

Aschersleben - Lautes Gemurmel erfüllt den Raum, als die merkbar aufgeregten Flüchtlinge die letzten Suppenteller auf den gedeckten Tischen platzieren. Der Duft der frisch zubereiteten syrischen Linsensuppe, Schorabet Addas, verbreitet sich derweil langsam im ganzen Raum. Mit kritischen Blicken wird das Buffet begutachtet - alles muss stimmen, bevor die ersten Gäste im Gemeinschaftsraum der Flüchtlingsunterkunft in der Froser Straße eintreffen.

Besonderer Anlass

Denn der Anlass dieses Essens ist für die Bewohner ein ganz besonderer: Sie möchten sich bedanken. Bei allen Menschen, die ihnen in den vergangenen Wochen und Monaten seit ihrer Ankunft in Aschersleben zur Seite gestanden und sie unterstützt haben. Darunter Mitarbeiter der Agentur für Arbeit, ehrenamtliche Übersetzer und Lehrkräfte der Gemeinschaftsunterkunft.

Höchste Ehre

Dass sie sich ausgerechnet mit einem Buffet bedanken, ist kein Zufall. Eine Einladung zum Essen gilt in Syrien, dem Heimatland eines Großteils der Heimbewohner, als höchste Ehre. Dementsprechend viel Arbeit steckte auch in der Vorbereitung: Drei Tage lang kochten sechs Bewohner typisch syrische Speisen wie Kibbeh und Taboulé. Acht Stunden standen sie dafür täglich in der Küche. Auch wenn sich nicht alle Männer am Kochen beteiligt haben, so hat doch jeder Bewohner Geld für die Zutaten dazugegeben und an den Vorbereitungen mitgewirkt. „Es war ihnen wichtig, das Essen komplett selbst zu finanzieren. Wir haben ihnen lediglich bei der Organisation und dem Transport geholfen“, bestätigt Heimleiter Carsten Schulze.

Etwa 70 Flüchtlinge leben in der Aschersleber Gemeinschaftsunterkunft, die im Oktober eröffnet wurde. Es sind vor allem junge, syrische Männer, einige wenige Afghanen und zwei Inder. Bevor sie nach Aschersleben kamen, wohnten sie in der Zentralen Aufnahmestelle in Halberstadt. Nun warten sie darauf, als Asylberechtigte oder Bürgerkriegsflüchtlinge anerkannt zu werden und damit ein längerfristiges Bleiberecht in Aschersleben zu erhalten. Der 37-jährige Mohamad Ghazwan Zaghal hat das bereits geschafft (MZ berichtete). Mittlerweile arbeitet er sogar als Facharbeiter im Aschersleber Friseursalon am Tie und befindet sich derzeit auf Wohnungssuche.

Gastfreundlichkeit und angeregte Gespräche

Gemeinsam mit seiner Chefin Monika Breitwieser ist auch er am Mittwoch beim Essen in der Gemeinschaftsunterkunft dabei. Die Friseurmeisterin gehört an diesem Tag zu den geladenen Gästen, genießt die angeregten Gespräche und die Gastfreundlichkeit der Bewohner.

Deren Hektik ist nach dem Eintreffen der ersten Besucher verflogen. Sie haben sich am Eingang zum Gemeinschaftsraum versammelt, erklären die angerichteten Speisen, tischen auf und bedienen die Gäste an deren Plätzen. Sprachbarrieren zwischen Bewohnern und Eingeladenen werden dank des 30-jährigen Ahmad Al Sheikh Omar schnell überwunden. Im Auftrag des Beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrums Aschersleben hilft er seit einigen Monaten dabei, den Alltag der Flüchtlinge in der Unterkunft zu organisieren (MZ berichtete). Er selbst kam vor über zehn Jahren nach Deutschland, spricht perfekt Deutsch und auch Englisch.

Private Fotos aus Syrien

Einen Eindruck von der syrischen Kultur sollten die Anwesenden aber nicht nur durch die vielfältigen landestypischen Speisen gewinnen. Wie Heimleiter Schulze bei seiner Begrüßung erklärt, hätten die Bewohner ihn zuvor zudem gebeten, einige private Fotos ihrer Heimat auszudrucken.

Sie zeigen die Freude, aber auch das Leid, welches die Bewohner des arabischen Staates in den vergangenen Jahren erlebten: Prunkvolle Sehenswürdigkeiten und blühende Landschaften auf der einen Seite, zerbombte Städte und von Geschossen durchlöcherte Häuser auf der anderen. Vergangenheit und Gegenwart Syriens. Denn auch dafür sind sie dankbar: Eine neue Heimat gefunden zu haben, in der das Leben nicht vom Bürgerkrieg und der Angst bestimmt wird. (mz)

Herzliche Begegnungen am Rande des gemeinsamen Mahls.
Herzliche Begegnungen am Rande des gemeinsamen Mahls.
Frank Gehrmann