Fischgeschäft in Aschersleben Fischgeschäft in Aschersleben: Silvesterkarpfen zum Anbeißen

Aschersleben - Nicht mehr ganz so junge Leser und frühe Fernsehzuschauer der 1960er Jahre werden sich vielleicht daran erinnern, wie die Marionette Hurvínek - als dessen Vater Spejbl sich vergeblich als Angler versuchte - mit bestem tschechischen Akzent den in der Badewanne schwimmenden Weihnachtskarpfen beschwor: „Friiitzkeen - beiß doch aan, Papi zuliebbeee“.
Der Weihnachtskarpfen war auch in Aschersleben eine große Nummer, allerdings war er - als Silvesterkarpfen aufgetischt - in der hiesigen Region noch um einiges beliebter. Und ein bisschen ist er es immer noch - auch wenn die Silvesterkarpfen-Käufer-Generation peu à peu aussterbe, wie Uwe Christmann, der in Aschersleben den Fischladen an der Ecke Taubenstraße/Markt betreibt, beobachtet.
Makrele das Maß aller Dinge
Die Bebitzer Uwe und Carola Christmann sind zwei von nur noch wenigen Laden-Hütern, oder besser -Behütern, die in Aschersleben Geschäfte als Familienunternehmen betreiben, die es - zumindest gefühlt - an dieser oder jener Stelle schon immer gab, und die die MZ im Rahmen der Artikelserie „Laden(be)hüter“ in loser Folge vorstellen wird. Der Geruch nach Fisch dürfte sich längst in die Wände des Ladengeschäfts in der Taubenstraße eingenistet haben. Denn Karpfen, Forellen, Flundern, Lachs, Heilbutt, Sprotten, Rollmops oder Aal gehen dort mindestens seit 70 Jahren über den Ladentisch. Auch wenn es Zeiten gab, in denen Aal oder Heilbutt nur selten - und wenn überhaupt, dann meist nur unter dem Ladentisch zu haben war. Die Kunden standen Schlange, während sich die Kinder an zwei großen Fischbecken die Nasen platt drückten und die Konkurrenz - 40 Meter weiter - eigentlich keine Konkurrenz war und nur dafür sorgte, dass die Schlange hier nicht noch länger wurde. Oder umgekehrt.
Nachdem vor 25 Jahren die Zeit, in der für Fischfreunde die Makrele das Maß aller Dinge war, zu Ende gegangen war, ging es auch im Fischladen ruhiger zu - und irgendwie auch bergab. Bis schließlich der gebürtige Bernburger und gelernte Klempner und Installateur Uwe Christmann auf den Fisch kam und 1994 das Geschäft in Aschersleben übernahm. Bis heute sei dass sein wichtigstes geschäftliches Standbein, sagt der Fischverkäufer, der in Bebitz unter anderem auch eine Fischräucherei und einen Koi-Handel betreibt.
Jahrzehntelange Tradition des Fischverkaufs
Uwe Christmann sagt von sich, dass er sein Hobby zum Beruf gemacht habe. Die Sache mit dem Fisch habe Ende der 1980er Jahre begonnen, als er in einer Fischräucherei bei Goslar wichtige erste Erfahrungen im Umgang mit dem speziellen Lebensmittel Fisch gesammelt habe. Und selbst wenn sich damals viele der kleinen Fischgeschäfte der in den Osten drängenden Großmarktkonkurrenz nur schwer erwehren konnten, kam Uwe Christmann zu der Erkenntnis, dass der Markt sehr wohl noch Chancen biete. Zumindest sollte er für sich ganz persönlich Recht behalten. Vielleicht auch deshalb, weil die Übernahme des Geschäftes in Aschersleben - nachdem der Vorgänger, bei dem Uwe Christamnn bis dahin angestellt war, Insolvenz anmelden musste - ein guter Griff war, zumal damit die jahrzehntelange Tradition des Fischverkaufs an der Ecke Taubenstraße/Markt am Leben erhalten wird.
Trotzdem ist nicht alles geblieben, wie es immer war. In den zwei Jahrzehnten, in denen die Christmanns die Ascherslebener mit Fisch versorgen, habe sich auch einiges verändert. Zum Beispiel die Sache mit dem Weihnachts- oder Silvesterkarpfen. Wenn der vor Jahren noch tonnenweise Absatz fand, könne man von solchen Massen nur noch träumen, sagte Carola Christmann - und vermutet, dass das Wissen um die Zubereitung dieser kulinarischen Leckerbissen in vielen Familien mehr und mehr verloren gehe. Aber wie dem auch sei: Der Mensch lebt schließlich nicht vom Fisch allein. Und allein vom Karpfen schon gar nicht. Wie auch das Geschäft der Christmanns nicht vom Karpfen allein abhängt, sondern vielmehr von seinem vielfältigen Angebot. (mz)