Schnee und Glatteis Fahrlehrer Udo Keil aus Aschersleben: So sind Autofahrer sicher bei Winterwetter unterwegs

Aschersleben - Der Winter hat in Sachsen-Anhalt bereits seine gefährliche Seite gezeigt: Schneefälle und Glatteis führten in den vergangenen Tagen immer wieder zu quer stehenden Fahrzeugen und sogar ein Zug der Brockenbahn blieb im Schnee stecken (die MZ berichtete).
Der ADAC warnt bei schwankenden Temperaturen um den Gefrierpunkt - wie sie derzeit häufig vorkommen - vor Blitzeis. Bei diesen Verhältnissen kann sich die Beschaffenheit der Fahrbahn schnell ändern. Dann wird die eben noch feuchte Fahrbahn plötzlich zur spiegelglatten Eispiste.
Bei Temperaturen um 0 Grad droht Blitzeis
Worauf Autofahrer achten sollten, wenn sie bei diesen Bedingungen unterwegs sind, weiß Fahrlehrer Udo Keil. Seit 1990 betreibt er eine Fahrschule in Aschersleben.
Die Geschwindigkeit reduzieren, das ist laut Keil die wichtigste Sicherheitsmaßnahme, „das A und O“ für Autofahrer im Winter. Der Fahrer muss in der Lage sein, das Fahrzeug in jeder Situation sicher zum Stehen zu bringen.
Bei Glatteis und abschüssigem Gelände etwa hilft auch das Antiblockiersystem (ABS) nicht, das bei den meisten Autos das Blockieren der Räder während des Bremsens verhindern soll. „Ich muss meine Geschwindigkeit an die Gegebenheiten anpassen. Das kann auch sehr langsam sein“, mahnt Keil.
„Brücken sind im Winter meist schnell zugefroren”
Besondere Vorsicht ist auf Straßenabschnitten geboten, die nicht vor Wind geschützt sind. Insbesondere auf Brücken, denn hier fehlt zusätzlich die Erdwärme. „Die Brücken hier in der Umgebung sind im Winter meist schnell zugefroren, das wird oft unterschätzt“, sagt Keil.
Richtig bremsen will im Winter gelernt sein. Hier gilt es zu bedenken, dass das Fahrzeug auch während des Bremsvorgangs lenkbar bleibt - zumindest, wenn ABS an Bord ist. Bei einer Gefahrenbremsung sollte der Fahrer also auch versuchen, um eventuelle Hindernisse herumzufahren.
Klingt einfach, ist in der Praxis aber gewöhnungsbedürftig. Udo Keil empfiehlt daher, eine solche Gefahrenbremsung mit gleichzeitigem Lenken und Bremsen aus etwa 30 Kilometern pro Stunde zu üben - auf leerer Straße natürlich.
In Kurven kann ein Auto bei Glätte schnell ausbrechen
Aber auch die elektronischen Fahrhilfen können versagen. Ist die Straße zu glatt, stehen die Reifen beim Bremsen still. Dann erkennt der ABS-Sensor nicht, dass sich das Fahrzeug bewegt und reagiert nicht. Nun gilt es, die Bremse kurz zu lösen, damit sich das Rad wieder dreht. Dann greift auch das Antiblockiersystem.
In der Kurve kann das Auto bei glatter Fahrbahn schnell ausbrechen. Hier sollten Autofahrer ruckartiges Bremsen und Lenken vermeiden. Hat ein Fahrzeug Frontantrieb, neigt es dazu, über die Vorderachse aus der Kurve zu schlittern. Bei Fahrzeugen mit Hinterradantrieb kann das Heck in der Kurve ausbrechen.
Theoretisch lässt sich das durch schnelles Gegenlenken vermeiden - praktisch schaffen das nur sehr geübte Fahrer. Keil rät deshalb von solchen Manövern ab: „Hier muss ich innerhalb von Sekundenbruchteilen reagieren. Das schafft kaum ein Fahrer.“ Dafür erhöht sich durch wilde Lenkmanöver das Risiko, in den Gegenverkehr zu geraten und andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden.
Bei Glätte kann Anfahren im zweiten Gang helfen
Keil empfiehlt das Auto durch kräftiges, aber gefühlvolles Bremsen zum Stehen zu bringen. Ist das nicht möglich, kann es ratsam sein, das Auto auf einen anderen Untergrund, etwa Schotter oder Erde am Straßenrand, zu lenken.
An steilen Hängen kommen Fahrzeuge ohne Allradantrieb im Winter oft nicht weiter. Dann drehen die Räder beim Anfahren schon mal durch. In diesem Fall kann es helfen, gefühlvoll im zweiten Gang anzufahren. Dann wirkt weniger Kraft auf die Räder ein und sie drehen nicht so schnell durch. Auch Fußmatten oder eine alte Decke unter den angetriebenen Räder können helfen, an steilen Auffahrten wieder Haftung aufzubauen.
Winterreifen sollten mindestens 5 Millimeter Profil haben
Bei Fahrzeugen mit Frontantrieb kann es ratsam sein, einen Hang rückwärts hoch zu fahren. Das Gewicht des Fahrzeuges verlagert sich dann auf die angetriebene Achse, zusätzlich drückt der schwere Motor die Räder fester auf den Boden. Hat das Auto Hinterradantrieb, den Motor aber vorne, können schwere Gegenstände im Kofferraum den Grip erhöhen.
Das Fahrzeug für den Winter vorbereiten: Dazu gehören natürlich Winterreifen mit M-und-S-Kennzeichnung („Matsch und Schnee“) sowie dem Alpinsymbol. Wer nicht in schneesicheren Regionen unterwegs ist, für den sind auch Ganzjahresreifen ausreichend. Nur für den Winterurlaub sind Schneeketten Pflicht.
Zusätzlich muss auf die Profiltiefe acht gegeben werden: Fünf Millimeter sollte die bei Winterreifen mindestens betragen. Anders als bei Sommerreifen sind die Profilrillen hier lamellenförmig gestaltet. So wird der Schnee beim Rotieren des Reifens aus dem Profil geschleudert und der Reifen kann Haftung aufbauen.
Gerade im Winter muss außerdem eine freie Sicht gewährleistet sein. Wer keine Lust hat, seine Scheiben freizukratzen, dem empfiehlt Keil Abdeckplanen für die Frontscheibe. Die gibt es für drei bis vier Euro in den meisten Baumärkten und Tankstellen. Wichtig ist es auch, das Wischwasser mit Frostschutzmittel zu mischen, damit es nicht einfriert.
Oft vergessen, aber dennoch wichtig: die Scheibenwischer. Die kommen im Winter häufiger zum Einsatz und sollten daher einwandfrei funktionieren oder bei Bedarf ausgetauscht werden.
(mz)