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Existenznot in Aschersleben Existenznot in Aschersleben: Harte Zeiten für Lotto-Läden

Von detlef valtink 04.06.2013, 17:10
Wenn die letzten technischen Probleme überwunden sind , kann morgen auch bei Christopher Tauche im Kaufland wieder Lotto gespielt werden.
Wenn die letzten technischen Probleme überwunden sind , kann morgen auch bei Christopher Tauche im Kaufland wieder Lotto gespielt werden. valtink Lizenz

aschersleben/MZ - Sie sind ein Refugium für den Alltags-Klatsch und für soziale Kontakte. Hier bekommt man immer ein paar nette Worte und bei Bedarf auch seine Zeitschriften, Getränke, Tabakwaren oder was sonst so an Kleinigkeiten im Haushalt fehlt. Und das Geschäft wird immer mit der Hoffnung verlassen, demnächst auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen. Wobei die meisten Kunden spätestens eine Woche danach doch wieder auf der Matte stehen. Aber den Lotto-Annahmestellen, die sich mit den Jahrzehnten zu einem Kulturgut der speziellen Art entwickelt haben, geht es immer schlechter. Vor Monaten hat das Geschäft in der Breiten Straße aufgeben müssen und vor wenigen Tagen nun auch der Lotto-Laden im Kaufland. In Aschersleben gibt es nur noch vier Annahmestellen - Tendenz offen.

Aber warum? Die Lotto-Umsätze sind seit der ersten Ausspielung im Jahr 1955 stetig gewachsen. Rund vier Prozent beträgt die jährliche Wachstumsrate. Fast jeder zweite Erwachsene in Deutschland spielt mindestens einmal im Monat Lotto, rund drei Viertel dieser Spieler sogar wöchentlich. Im Durchschnitt werden rund 17 Euro eingesetzt, was einem mittleren Anteil von knapp zwei Prozent des monatlichen Netto-Einkommens entspricht. Jede Woche vereinnahmen die Annahmestellen in Deutschland rund 100 Millionen Euro. Basierend auf einem dichten Vertriebsnetz mit über 26 000 Annahmestellen, ist Lotto das mit Abstand populärste Glücksspiel in der Republik. „Aber es ist nur noch ein täglicher Existenzkampf“, bringt es eine Aschersleberin, die einen Lotto-Laden unterhält und anonym bleiben möchte, auf den Punkt, warum die „Verkaufs-Partner“ von Lotto nicht sehr zufrieden sind. Allein von den „Glücksrittern“ könnte das Geschäft niemals existieren, da die Entlohnung für die Vertragsdienste anteilig nach Umsatzstufen gestaffelt ist.

Um wirklich Geld zu verdienen, müsste die Frau wöchentliche Einnahmen von über 10 000 Euro erwirtschaften. „Völlig abwegig“, lautet ihr Kommentar, zumal auch für die Lotto-Geräte noch Miete zu zahlen ist. Dazu kommt auch das veränderte Spielverhalten der Kundschaft. Wer früher fünf Tipps gespielt hat, beschränkt sich heute auf drei oder noch weniger. Reich wollen sie alle werden, nur das Risiko werde der Stärke des Geldbeutels angepasst. „Wer ein zukunftsträchtiges und solides Geschäft aufbauen möchte, sollte dies nicht mit einer Lotto-Annahmestelle tun“, lautet das ernüchternde Fazit der Ascherslebenerin. Das Wagnis wird demnächst aber ein neuer Anbieter im Kaufland wieder eingehen. Dort hat sich an gleicher Stelle ein Händler niedergelassen, der bereits bei Lotto einen Vertriebsantrag gestellt hat. Laut Auskunft der Lotto-Pressestelle in Magdeburg soll es mit dem Vorbesitzer mietrechtliche Unklarheiten gegeben haben, die dann zu dem Verkaufsstopp geführt hatten.

„Diese Klärung soll aber nicht mehr lange dauern“, teilt Astrid Wessler, Abteilungsleiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Lotto-Toto Sachsen-Anhalt, auf Anfrage der Ascherslebener Zeitung schriftlich mit. Das kann Christopher Tauche, der Betreiber des Zeitschriften- und Tabakwarengeschäftes im Kaufland, bestätigen. „Wir haben nur noch technische Dinge zu klären, dann kann auch bei uns wieder Lotto gespielt werden“, erklärte der 29-jährige Ascherslebener. Dies frühestens am Mittwoch, wobei auch Christopher Tauche nicht davon ausgeht, durch die Lotto-Einnahmen „reich“ zu werden: „Wir haben den Vorteil, dass der Umsatz nicht nur über die Stammkunden kommt, sondern auch sehr viel Laufkundschaft bei uns haltmacht“. Er hofft trotzdem, dass alle Einnahmen insgesamt ausreichen, um die Mitarbeiter und das Geschäft am Leben zu erhalten. Theoretisch könnten sich in Aschersleben noch weitere Lotto-Annahmestellen etablieren, da es eigentlich nur zwei Entscheidungskriterien gibt: Sie müssen mindestens 200 Meter auseinanderliegen und sollten ein Einzugsbereich zwischen 2 700 und 3 900 Einwohner haben.