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Energiepreisentwicklung Um Mitarbeiter zu schützen - Kunden-Center der Ascherslebener Stadtwerke schließt

Die Stadtwerke Aschersleben wollen ihre Mitarbeiter vor wütenden Attacken schützen. Der Unmut der Bürger über die Energiepreisentwicklung äußere sich zunehmend gegenüber Stadtwerke-Mitarbeitern.

Von Kerstin Beier Aktualisiert: 20.09.2022, 14:10
Das Service-Center der Stadtwerke auf dem Markt in Aschersleben schließt bis auf weiteres zum 1. Oktober.
Das Service-Center der Stadtwerke auf dem Markt in Aschersleben schließt bis auf weiteres zum 1. Oktober. (Montage: Frank Gehrmann)

Aschersleben/MZ - Das Service-Center der Stadtwerke am Markt wird zum 1. Oktober für den Besucherverkehr geschlossen. Eine Vorsichtsmaßnahme zum Schutz der Mitarbeiterinnen, wie Oberbürgermeister Steffen Amme (Widab) den Schritt begründet.

Der Unmut der Menschen vor dem Hintergrund steigender Energie- und Lebenshaltungskosten zeigt sich nicht nur in den montäglichen Straßenprotesten. Er werde auch gegenüber den Stadtwerke-Mitarbeitern zunehmend spürbar.

Stadtwerke Aschersleben: Noch keine Übergriffe auf Mitarbeiter

Dabei werde nicht gesehen, dass der örtliche Versorger die aktuelle Lage nicht verschuldet habe, so Amme. Konkrete Vorfälle, gar körperliche Übergriffe, gab es noch keine, so der OB auf Nachfrage. Man wolle es aber nicht erst soweit kommen lassen und die Beschäftigten schützen. Für Beratungen können Stadtwerke-Kunden die Sprechzeiten in der Magdeburger Straße nutzen. Dafür werde künftig ein Ordnungsdienst hinzugezogen.

„Die Menschen sind verzweifelt“, sagt Jürgen Becker, Prokurist des städtischen Versorgungsunternehmens. Zwar habe es schon in der Vergangenheit ehrverletzende E-Mails und verbale Entgleisungen von Kunden gegeben, „aber eine Lage wie aktuell hatten wir noch nie.“ Während Preiserhöhungen von fünf bis zehn Prozent ärgerlich, für die meisten Kunden aber noch überschaubar waren, geht es jetzt um eine Verdoppelung, teilweise eine Verdreifachung der Preise.

Schließung des Service-Centers der Stadtwerke Aschersleben ist Vorsichtsmaßnahme

Das lässt eine Reihe von Menschen verzweifeln. Hinzu kommt: Die Kunden werden in diesen Tagen die Mitteilungen über die Gasbeschaffungs- und Speicherumlage erhalten, die die Stadtwerke 1:1 an die Kunden weitergeben. Die Schließung des Service-Centers sei eine reine Vorsichtsmaßnahme, bestätigt auch Jürgen Becker. „Die Mitarbeiterinnen sind meist alleine dort“, in der Unternehmenszentrale an der Magdeburger Straße seien die Chancen größer, deeskalierend zu wirken.

Für die Räume in den Verwaltungsgebäuden hat der OB eine Dienstanweisung erlassen. Diese tritt am heutigen Montag in Kraft und verpflichtet alle Beschäftigten, die Raumtemperatur auf 19 Grad Celsius zu begrenzen. In Fluren und auf den Toiletten werden die Heizkörper auf Frostschutz gestellt. „Die Einhaltung wird auch kontrolliert, ich appelliere hier an die Eigenverantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagte Amme in einem Pressegespräch.

Aschersleben: Einsparpotenzial wird auch bei Turnhallen gesucht

Vollständig heruntergefahren wird die Heizungsanlage im Rathaus ab dem 23. Dezember. Das Rathaus bleibt vom 27. bis 30. Dezember geschlossen. Die Unterrichtscontainer an der Grundschule Staßfurter Höhe werden abgeschaltet und vorerst nicht mehr genutzt. Laut Amme verfügt die Schule über zehn Räume, die sich aktuell neun Klassen teilen. Amme weiß um die räumliche Enge, die in der Schule stets beklagt wird. Und sagt: „Dies ist eine unpopuläre Maßnahme, die wir an vielen Stellen werden treffen müssen.“

Einsparpotenzial wird gerade auch bei den Turnhallen gesucht. Geprüft werde beispielsweise, ob Schul- und Vereinssport an einigen Wochentagen in den Hallen konzentriert werden kann. Zudem werden Heizungsanlagen in den Schulen und Kindertagesstätten überprüft, Heizkurven wenn möglich optimiert. Alte Anlagen sollen überall dort, wo es möglich ist, nachgerüstet werden. So kann die Temperatur in den Räumen besser geregelt werden.

Wie es im Sport- und Freizeitzentrum Ballhaus weitergeht, ist noch nicht entschieden. Am 11. Oktober tagt der Aufsichtsrat der OptimaL, in der Sitzung stehen Energiefragen auf der Tagesordnung.

Der OB übt deutliche Kritik am Entlastungspaket des Bundes, weil das Geld bei den Bürgern „ja gar nicht ankommt.“ Helfen können aus seiner Sicht kurzfristige Steuerentlastungen und für den mittelfristigen Effekt stark beschleunigte Verfahren in Sachen erneuerbare Energie. „Ich würde mir jetzt wünschen, dass weniger Parteiinteressen, sondern Bürger und Kommunen an erster Stelle stehen. Schuldzuweisungen helfen an der Stelle niemandem.“

Öffnungszeiten der Stadtwerke: Montag bis Donnerstag 9 bis 13 Uhr und 13.30 Uhr bis 17 Uhr, Freitag 9 bis 13 und 13.30 bis 15 Uhr.