Elke Reinke verpasst Einzug in den Bundestag ganz knapp
ASCHERSLEBEN/MZ/HO/KB/UK. - Heike Brehmer (CDU) und Undine Kurth (Bündnis 90 / Grüne) vertreten den Landkreis Harz im 17. Bundestag. Der SPD-Mann Andreas Steppuhn verliert sein Bundestagsmandat. Dabei war er kurz vor Beginn der Stimmenauszählung gegen 17.25 Uhr noch zuversichtlich: "Ich bin optimistisch, dass es mit dem Direktmandat in den Bundestag für mich klappt", sagte Andreas Steppuhn im Halberstädter SPD-Traditionslokal "Bollmanns-Gaststätte" kurz vor Beginn der Wahlparty. Immerhin habe er eine gute Arbeit im Interesse der Harzer Wähler im obersten deutschen Parlament geleistet.
Hoffnung schwindet schnell
Doch eine Viertelstunde später verfinstert sich der Blick des Noch-SPD-Bundestagsabgeordneten. Er hatte gerade per Handy von der Berliner SPD-Wahlkampfzentrale eine parteiinterne Hochrechnung erhalten: "Es sieht nicht gut aus für uns. Schwarz-Gelb wird vermutlich die Mehrheit bekommen." Doch der Sozialdemokrat sah zu diesem Zeitpunkt noch nicht seine Felle wegschwimmen. Laut Umfrage hätte er etwa fünf Prozent Vorsprung zur CDU-Mitbewerberin Heike Brehmer. Dann Punkt 18 Uhr die erste Prognose auf der Leinwand: Bei den etwa 50 Partygästen geht, als die CDU-Prognose erscheint, ein leises Aufstöhnen durch die Reihen, die Blicke verfinstern sich, als 23,5 Prozent für die SPD erscheinen. Entsetzen herrscht, als die FDP-Prognose von 14,5 Prozent angezeigt wird. Steppuhn eilt in die Rotunde der Halberstadtwerke. Dort werden die Ergebnisse des Harzer Wahlkreises 69 öffentlich präsentiert. Steppuhns Optimismus verfliegt endgültig, als sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der CDU-Kandidatin Heike Brehmer und Elke Reinke von der Linkspartei abzeichnet. "Ich bin ganz klar enttäuscht", bekennt Steppuhn, der nun sein Bundestagsmandat verliert. Zwar liege er mit drei Prozent über dem Zweitstimmenergebnis seiner Partei - doch er vermag sich nicht gegen den eiskalten Wind, der der SPD bundesweit entgegenschlägt, durchzusetzen. Er will sich nun wieder seiner Arbeit als Gewerkschaftsfunktionär bei der IG Bau widmen.
Mannschaftssieg errungen
Für Heike Brehmer war der Wahlsonntag ein Erfolg, sie errang ein Direktmandat für den Bundestag. "Wir haben ja bis zum Schluss Wahlkampf gemacht. Der Sieg muss sich erst mal setzen. Ich realisiere es erst langsam, dass ich nun den Harzkreis im Bundestag vertrete", meinte sie am Montag im MZ-Gespräch. Sie hob hervor, dass sie keinen Einzel-, sondern dank der Unterstützung der Harzer CDU einen Mannschaftssieg errungen habe. "Wir sind als Team aufgetreten, das hat mit zum Wahlsieg beigetragen." Sie habe bis ganz zuletzt die Zahlen des Kopf-an-Kopf-Rennens mit der Linken verfolgt, um nicht zu früh zu jubeln. "Ich habe schon einmal als Landratskandidatin gedacht, die Wahl sei gewonnen, und dann kamen die Bernburger Zahlen..." Wo sie ihr Wahlkreisbüro einrichten wird, darüber muss sie noch mal schlafen. "Aber es wird wohl die Kreisstadt Halberstadt werden". Enttäuscht zeigte sich die CDU-Politikerin über die Wahlbeteiligung. "Vor 20 Jahren sind wir für freie Wahlen auf die Straße gegangen. Heute kann frei gewählt werden und zu viele Menschen wählen nicht. Schade."
Enttäuschung bei Elke Reinke
Der hohe Prozentsatz der Nichtwähler ist für Elke Reinke (Die Linke) ein klares Indiz dafür, "wie unzufrieden die Menschen mit der gegenwärtigen Politik sind". Sie hatte sich mit der CDU ein knappes Rennen geliefert und ist jetzt enttäuscht, dass sie so knapp an einem Direktmandat vorbeigeschlittert ist. Auch den Einzug ins Parlament über einen Listenplatz hat sie um Haaresbreite verfehlt. "Das Glück war da wirklich nicht auf meiner Seite", findet sie das knappe Ergebnis bedauerlich auch für ihre Mitarbeiter, denn "wir haben wirklich geackert". Ausdrücklich bedankt sie sich bei allen Mitstreitern und Sympathisanten. Beim Blick auf das Gesamtergebnis ihrer Partei freut sie sich indes: Es sei "gigantisch, was uns da gelungen ist". Die Partei habe ein Zeichen gesetzt gegen soziale Ungerechtigkeit, und dies sei von den Wählern offenbar honoriert worden.
Undine Kurth wieder im Parlament
Fröhlich gefeiert wurde bei den Harzer Bündnisgrünen im Theatercafé in Quedlinburg. Nicht nur, dass ihre Kandidatin Undine Kurth den Sprung in den Bundestag über die Zweitstimme schaffte, das Wahlergebnis stimmte auch optimistisch, dass der Sprung in den Landtag von Sachsen-Anhalt zur nächsten Wahl gelingt. "Ich freue mich über mein Ergebnis", betonte am Montag Kurth, die beim Landesverband in Magdeburg feierte. Traurig zeigte sie sich sich über den schwarz-gelben Wahlerfolg: "Ich glaube, die neoliberale Koalition bedeutet nichts Gutes für die Menschen und das Land." Sie denkt dabei an Energiepolitik, Gentechnik, Bildung und soziale Gerechtigkeit. Als dramatisch empfindet sie, dass über 40 Prozent der Menschen nicht an die Wahlurne gingen.
Motivation an der Basis
Wolfgang Döcke, der für die Liberalen ins Rennen um ein Direktmandat gegangen war, habe zwar mit einem etwas besseren Ergebnis bei den Erststimmen geliebäugelt, sei aber trotzdem zufrieden. Der Wahlkampf, bei dem sich gezeigt habe, "dass eine Materialschlacht gar nichts bringt", habe ihm Spaß gemacht, und letztlich freue er sich über das "respektable Ergebnis der Liberalen im Land".
Dieses habe Auswirkungen auf die Motivation der FDP-Mitglieder vor Ort. "In den letzten Tagen hatten wir einige Neueintritte, das lässt hoffen."