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Dubiose Geschäftemacher in Aschersleben Dubiose Geschäftemacher in Aschersleben: Rentnerin wird Vertrag aufgeschwatzt

Von Marko Jeschor 23.09.2016, 08:44
Wer Verträge mit diesem Symbol vorgelegt bekommt, sollte skeptisch werden.
Wer Verträge mit diesem Symbol vorgelegt bekommt, sollte skeptisch werden. Frank Gehrmann

Aschersleben - „Mit uns können Sie beruhigt weltweit Urlaub machen - egal, wie oft Sie verreisen“, heißt es auf der Internetseite der TC Medical Air Ambulance. Darunter sind die „Vorteile“ dieser Mitgliedschaft aufgeführt, insbesondere die Rückholung mit einem Ambulanz-Jet. Die Internetseite macht einen durchaus seriösen Eindruck. Tatsächlich aber verbirgt sich dahinter eine Firma, gegen die allein in Sachsen-Anhalt schon häufiger wegen Betrugsverdachts und des Verdachts von Urkundenfälschung ermittelt wurde und die längst auch die Verbraucherzentrale Sachses-Anhalt auf dem Schirm hat: die TC Medical Air Ambulance Agency GmbH.

Eine Vertreterin dieses dubiosen Unternehmens versuchte Anfang der Woche eine ältere, demente Dame in Aschersleben über den Tisch zu ziehen. Sie schwatzte ihr sozusagen an der Haustür einen Vertrag für die Mitgliedschaft bei der TC Medical Air Ambulance auf. Die ältere Dame füllte das Formular aus, ermächtigte die „Firmenvertreterin“ sogar per Bankeinzug dazu, die jährliche Gebühr von 108 Euro einzuziehen. Zum Vergleich: Richtige Auslandsreiseversicherungen mit ähnlichen Leistungen gibt es bereits für unter 20 Euro pro Jahr.

Als wäre das nicht genug, fand sich im Kleingedruckten auch noch ein Angebot für ein Zeitschriftenabo, das die Dame mit einem Kreuz im entsprechenden Kästchen gleich mitbestellte.

Sohn bemerkt Schwindel

Der Sohn der älteren Dame, Bernd Kurzke, merkte zum Glück relativ schnell, dass etwas gewaltig stinkt. Umgehend widerrief er schriftlich den Vertragsabschluss, wandte sich zudem an Polizei und MZ. „Ich will vor dieser Masche warnen. Darauf sollte man nicht hereinfallen“, sagte der 54-Jährige. Seiner Mutter eine solche Versicherung anzudrehen, sei „absoluter Humbug, weil sie nicht mehr mobil ist“. Generell sei es eine Schweinerei, ältere Menschen so abzuzocken.

Das Problem: Derlei Geschäftsgebaren ist zwar unseriös, im aktuellen Fall aber noch nicht strafbar, wie Polizeisprecher Marco Kopitz auf MZ-Anfrage sagte. Der Tatbestand des Betrugs sei erst erfüllt, wenn ein Vermögensnachteil entstanden ist. Ansonsten sei der Vertragsabschluss zulässig. Tatsächlich sperrte Kurzke die Konten seiner Mutter, bevor Geld abgehoben werden konnte. Polizeiliche Ermittlungen wird es in diesem Fall zunächst nicht geben.

Maschen sind Polizei bekannt

Die Polizei kennt die Maschen der Drückerkolonnen mittlerweile nur zu gut, warnt immer wieder davor, Verträge an der Haustür abzuschließen. Dennoch fallen vor allem ältere, gutgläubige Bürger darauf herein. Allein im laufenden Jahr registrierte die Polizei nach Angaben von Kopitz 20 solcher Fälle, ähnlich viele waren es im Jahr 2015. Mal geben sich die Täter als Vertreter der AOK aus, so geschehen im vergangenen Jahr im Harz und im Burgenlandkreis, mal versuchen sie es mit dem Enkeltrick, bei dem sie sich am Telefon als Familienmitglieder ausgeben und finanzielle Hilfe fordern.

Auch auf Gewinnversprechen fallen Rentner noch rein. Dabei sagt Polizeisprecher Kopitz: „Wer nicht an einem Gewinnspiel teilgenommen hat, kann auch nichts gewinnen.“ Bei solchen Fällen melden sich beispielsweise vermeintliche Anwälte und erklären ihren Opfern, dass sie ihren Gewinn erst nach einer Gebühr bekommen.

Uta Bernhardt von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt sagte am Donnerstag auf MZ-Nachfrage, es gebe Zweifel, ob das Geschäftsmodell der TC Medical Air Ambulance Agency GmbH überhaupt legal sei. Man habe sich deshalb bereits an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gewandt.

Überdies: Allein die Formulare entsprächen nicht den gesetzlichen Vorgaben. Sie empfiehlt: Nicht zahlen oder wenn möglich, das Geld zurückbuchen. Es sei ihr jedenfalls kein Fall bekannt, in dem die Firma das Geld gerichtlich eintreiben ließ.

Die Verbraucherzentrale registrierte bisher landesweit 75 Fälle, in denen Bürger Hilfe in Anspruch nahmen, nachdem sie ein Formular der Firma ausfüllten und unterschrieben. „Das ist mit Sicherheit aber nur die Spitze des Eisbergs“, so Bernhardt. (mz)