Donald Duck-Fan aus Aschersleben Donald Duck-Fan aus Aschersleben: Die Erforschung der Familie Duck

Stöhn! Es ist schon wieder passiert. Diese „Zeitungsschmierer“! „Presselumpen“! Würde Donald Duck jetzt schimpfen. Sie haben ja keine Ahnung, gratulieren ihm, dem berühmtesten Einwohner Entenhausens zwar Jahr für Jahr zum Schlüpftag - aber zu spät. Nicht Juni! Die Ente aller Enten hat im März Geburtstag. Behauptet Peter Löbbecke, einer, der sich im Anaversum - „anas“ ist Latein und steht für Ente - bestens auskennt. Wie er darauf kommt? Er hat neben den Quellen von Carl Barks, dem Vater der Ducks, auch die frühen Filme genau studiert. Und eine Sequenz zeigt nun mal ein Kalenderblatt vom 13. März. Mit der Aufschrift „Unca Donald’s Birthday“. Was in den Medien als Geburtstag zelebriert werde, sei also nicht viel mehr als der Jahrestag des ersten Auftritts im Juni 1934 in „The Wise Little Hen“, sagt er.
Erforschung der Familie Duck
Der Ascherslebener ist Mitglied der D.O.N.A.L.D., der Deutschen Organisation der nichtkommerziellen Anhänger des lauteren Donaldismus. Kurz: einer Vereinigung, die sich - kein Witz - die Erforschung der Familie Duck und des Entenhausener Universums auf die Fahnen geschrieben hat und der weltweit mehr als 950 Duck-Fans angehören, darunter auch der stellvertretende Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Andreas Platthaus, und Kriminalbiologe Mark Benecke. Den Vorsitz hat eine Präsidente inne beziehungsweise ein Präsiderpel - der Gendergerechtigkeit wegen. Komische Vögel seien sie deshalb aber noch lange nicht. Auch wenn sie sich zuweilen selbst als „stadtbekannte Sonderlinge“ bezeichnen.
„Donaldismus ist eine hochwissenschaftliche Angelegenheit“, stellt Löbbecke klar. Staun! Einen Donaldisten wie ihn als Comicsammler abzustempeln, ist demzufolge so sträflich wie ein Fluch in der Kirche. „Comics interessieren uns nicht. Das sind erfundene Geschichten. Komisch und bunt.“ Beim Barks’schen Werk aber handele es sich um Aufzeichnungen aus einer realen Welt. Weshalb der Begriff Comic ja gar nicht zutreffend sei, so der 56-Jährige. „Es sind Berichte.“
Carl Barks und Erika Fuchs sind Ehrenmitglieder der Organisation D.O.N.A.L.D. gewesen. Barks, der von 1901 bis 2000 lebte, ist bis heute der bekannteste Disneyzeichner, übernahm die Charaktere aus den Trickfilmen, entwickelte sie weiter und führte neue Figuren ein.
Fuchs (1906 bis 2005) übersetzte Barks’ Geschichten rund um die Familie Duck ins Deutsche. Sie verhalf einer besonderen Verbform, dem Inflektiv, scherzhaft: Erikativ, zum Durchbruch. Klatsch! Klatsch! Klatsch!
Wo liegt Entenhausen?
Auch er arbeitet gerade an einem, einer wissenschaftlichen Abhandlung mit dem Titel „Entenhausen ist überall“. Grübel! Denn obwohl es bereits einen detaillierten Stadtplan gibt - 13 Jahre Forschungsarbeit stecken in ihm - „wissen wir immer noch nicht genau, wo Entenhausen eigentlich liegt. Wir vermuten, dass es in einem Paralleluniversum angesiedelt ist“, erklärt Löbbecke, der inzwischen wohl schon einen Schritt weiter ist und von irdischen Außenstellen spricht. „Ich behaupte ja, dass es mir gelungen ist, anatidische Artefakte in unserer Welt gefunden zu haben.“ In der Wüste Chiles, im eisigen Grönland, ja, sogar daheim in Aschersleben. Hüpf! Mit Details hält er sich allerdings noch bedeckt, will die Ergebnisse erst im Frühjahr zum Kongress vorstellen, der neben dem Mairennen und der Zwischenzeremonie einer der drei donaldistischen Höhepunkte im Jahr ist. Nicht ganz ohne Hintergedanken: „Dafür erhoffe ich mir natürlich den PPP, den Professor-Püstele-Preis, den die Akademie der Donaldistischen Wissenschaften jährlich vergibt.“ Und natürlich auch tosenden Beifall, der sich, wenn ihn Donaldisten spenden, in lebhaften „Klatsch! Klatsch! Klatsch!“-Rufen äußert.
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Ein Duck-Fan - Donaldisten sprechen „Duck“ übrigens aus, wie es geschrieben wird, mit „u“, in Ermangelung besseren Wissens - war er schon als Kind. „Ich bin mit Donald aufgewachsen“, sagt Löbbecke, der aus Osnabrück stammt und seit Mitte der 90er Jahre in Aschersleben lebt - in der „donaldistischen Diaspora“, wie er es nennt. Seufz! Donald Duck ist eben eine Westpflanze. Aber sein Fan setzt alles daran, die Organisation, der er erst vor sechs Jahren mit seiner Ernennung zum Professor beigetreten ist, populärer zu machen. Indem er seinen Studenten - Löbbecke ist Kommunikationswissenschaftler und Dozent an der Fachhochschule Polizei - mit Donald-Shirt unterm Jackett und Anstecker am Revers gegenübertritt und im kleinen Kreis auch schon mal die Vereinshymne vom rührseligen Cowboy anstimmt.
Donald ist eine Ente wie du und ich
Für Mickey, diese „unsägliche Maus“ - Würg! - würde er all das nicht tun. Warum? „Mickey ist falsch, eine Kunstfigur, so glatt, macht alles richtig. Das gibt es nicht. Donald hingegen ist echt. Eine Ente wie du und ich“, sagt Löbbecke. „Ein notorischer Pechvogel, der unter Stimmungsschwankungen leidet, cholerisch ist und schimpfen kann wie ein Rohrspatz. Aber sooft er auch gegen die Wand rennt und auf die Nase fällt, er steht immer wieder auf, gibt nie auf.“ Zack! Das mache ihn nicht nur zum moralischen Sieger, sondern auch ein Stück weit zur Identifikationsfigur.
Und deren Geburtstag fällt auch noch auf Löbbeckes Hochzeitstag. Schmacht! Wenngleich da nicht der geringste Zusammenhang bestehe, wie er beteuert. „Wir haben uns am 13. März kennengelernt“, erklärt der Donaldist, der selbst am 27. März Geburtstag feiert - wie Carl Barks - und eine Frau geheiratet hat, die, wie es der donaldistische Zufall will, den ihren mit Disneyübersetzerin Erika Fuchs teilt. Klar, dass für so einen nur die Ente das Maß der Welt sein kann. (mz)