Gesundheit Der Kampf gegen den todbringender Rauch
Am 31. Mai ist Weltnichtrauchertag. Dabei wird auf die Gefahren vom blauen Dunst aufmerksam gemacht. Die MZ sprach darüber mit Dr. Kersten Borchert.

Aschersleben - In jedem Jahr ist der 31. Mai der Weltnichtrauchertag. Die Weltgesundheitsorganisation hat ihn 1987 ins Leben gerufen, um auf die Gefahren des Rauchens aufmerksam zu machen. Darüber und auf die Auswirkungen auf die Gesundheit sprach Thorsten Köhler mit Dr. Kersten Borchert, Facharzt für Hämatologie und Onkologie am Ameos Klinikum Aschersleben.
Der Weltnichtrauchertag steht in diesem Jahr unter dem Motto „Sag ja zum Rauchverzicht“...
Borchert: Und es gibt die langfristige Kampagne „Sachsen-Anhalt atmet durch“. Das gefällt mir wesentlich besser. Ich habe ein Problem mit dem Wort Verzicht. Wir sollten nicht mit Verboten arbeiten, sondern positive Anreize setzen. Es ist doch toll, nicht zu rauchen und durchzuatmen. Dennoch ist der Tag natürlich da, um sich über das Rauchen Gedanken zu machen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Mit einem Tag, nach dem Motto, wir hören jetzt auf mit dem Rauchen, ist es nicht getan.
Das heißt auch Aufklärung und Warnung über die Folgen des Rauchens?
Die Fotos auf den Zigarettenschachteln können zur Abschreckung dienen. Aber wer rauchen will, macht das ja größtenteils auch weiter. Doch jemand, der aus Langeweile oder um jemandem einen Gefallen zu tun, raucht, kann man damit erreichen. Da spielt auch die Aufklärung in den Schulen, und das hat gut funktioniert, eine wichtige Rolle.
Was sagt die europäische Tabakkontrollskala, eine Rangliste von 36 europäischen Ländern basierend auf Maßnahmen zur Verringerung des Rauchens in der Bevölkerung, zum Rauchverhalten in Deutschland?
In diesem Ranking wurde Deutschland seit 2007 immer weiter herabgestuft und belegt seit 2019 den letzten Platz. Das heißt, das, was wir machen, scheint im Vergleich zu anderen europäischen Ländern zu wenig zu sein. Das zu bewerten, steht jedem frei.
Viele kranke Raucher bedeuten auch viele Kosten.
Der Staat nimmt zwar Steuern ein, aber wenn die Kosten, die Raucher verursachen, umgelegt würden, würde eine Schachtel Zigaretten knapp 23 Euro kosten. Dann wären rein rechnerisch alle negativen Folgen ausgeglichen. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten liegen laut dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) bei 100 Millionen Euro pro Jahr. Das zeigt auch die Dimension, die das Rauchen einnimmt. Die Internetseite des DKZF kann ich nur empfehlen. Man findet dort im Tabakatlas viele statistische Informationen rund um das Thema Rauchen.
Was sind die Auswirkungen des Rauchens?
Wir haben die direkte Schädigung der Lunge mit allen Folgen, die dann entstehen. Alles, was mit Herz, Kreislauf und Gefäßen zu tun hat. Die Veränderungen der Gefäße ziehen einen riesen Rattenschwanz weiterer Erkrankungen nach sich. Faktisch ein Teufelskreis. 90 Prozent der Lungenkrebsfälle treten bei Menschen auf, die rauchen. Das heißt, ein Großteil dieser Tumore könnte verhindert werden.
Die Auswirkungen des Rauchens merkt man aber erst später.
Es braucht wirklich seine Zeit. Wer lange geraucht hat, merkt es unter Umständen erst nach 20 Jahren. Was man zunächst bemerkt, ist, wenn man in den Spiegel schaut und sieht: Ich werde alt. Wenn du Falten haben willst, dann rauch’. Dann siehst du mit 40 aus wie 60.

Sie sind Onkologe und sind mit Tumorerkrankungen durch Rauchen ständig konfrontiert.
Das betrifft nicht nur Onkologen, sondern im Prinzip jede Fachrichtung, ob Kardiologe, Gynäkologe, Kinderärzte durch rauchende Mütter, Pneumologen oder Neurologen. Das Rauchen ist Todbringer Nummer eins.
Bedeutet das, Raucher sind in der Corona-Krise besonders gefährdet?
Selbst gesunde Menschen haben mit einer Covid-19-Infektion größere Probleme. Für Raucher ist das Risiko wesentlich höher, dass die Krankheit einen schwereren Verlauf nimmt. Das liegt in erster Linie an den Schäden, die das Rauchen verursacht. Beispiel: Laut Statistik versenkt ein durchschnittlicher Raucher eine Tasse Teer in der Lunge pro Jahr. Und Rauchen kostet etwa zehn Jahre des Lebens.
Gibt es schon Zahlen, ob sich die Zahl der Raucher in Corona-Zeiten erhöht hat?
Dazu ist die Zeit noch zu kurz. Aber eine Zunahme gibt es meiner Meinung nach eher nicht. Rauchen ist ein Gesellschaftssport. Und Gemeinschaft hatten wir in Corona-Zeiten ja nicht.
Gilt das auch für Jugendliche?
Ich würde nicht erwarten, dass Jugendliche zu Rauchern geworden sind. Laut Statistik gibt es eine positive Entwicklung bei jugendlichen Rauchern. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren wesentlich zurückgegangen.
Welche Tipps würden Sie geben, um sich das Rauchen abzugewöhnen?
Der erste Schritt ist, zum Hausarzt zu gehen. Damit fängt es an. Jeder muss es selber wollen. Es funktioniert nur, wenn ich sage, es geht nicht so weiter. Es gibt viele Unterstützungsprogramme von den Krankenkassen. Bei einigen hilft auch schon ein Nikotinpflaster. Es wäre auch eine Rehabilitation, begonnen stationär, dann ambulant, möglich. Und auf jeden Fall die Familie mit ins Boot holen. Ich sollte überlegen, was kann ich machen, um mich vom Rauchen abzulenken. Das erfordert unter Umständen auch eine Umstrukturierung des Tagesablaufes. Viele Hausärzte sind da gut informiert.
Noch ein Wort zu E-Zigaretten. Die Meinung ist weit verbreitet, dass diese weniger gefährlich sind.
Bei jungen Erwachsenen geht der Tabakanteil zurück. Dafür werden mehr E-Zigaretten geraucht. Es fehlen zwar statistische Langzeitdaten, aber wir wissen, dass das, was da verdampft wird, keinesfalls unschädlich ist.
Es liegen aber experimentelle Erkenntnisse vor, dass E-Zigaretten bösartige Tumore hervorrufen können. Deshalb sind diese auch vom Krebsrisiko mittlerweile mit Tabak-Zigaretten gleichgestellt.
Das Ameos Klinikum bietet für Montag, 31. Mai, ein Bürger-Infotelefon zum Weltnichtrauchertag an. Dr. Borchert beantwortet in der Zeit von 16 bis 17 Uhr interessierten Anrufern unter der Nummer 03473/972049 Fragen rund um das Thema Rauchen. (mz)