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Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege: . . . und sie sanieren noch

Von Hendrik Kranert 07.11.2003, 16:58

Quedlinburg/MZ. - Deutschbein lebte in einem winzigen Zimmer - inmitten einer Ruine. Seit dieser Zeit investiert Deutschbein mit seiner Frau Stefanie jede Minute und jede Mark in das zweitälteste Fachwerkhaus der Welterbestadt. Für ihr Engagement und den Willen, möglichst viel historisches Baugut zu bewahren, erhielten sie am Donnerstag einen zweiten Platz des Bundespreises für Handwerk in der Denkmalpflege - zusammen mit den Werkstätten für Denkmalpflege und Restauratorin Claudia Matzke. Die Werkstätten und Frau Matzke leisteten das Gros der Sanierungsarbeiten.

Wahnsinnig: "Ein bisschen bin ich das wohl auch", gesteht Deutschbein. 1993 war der frisch gebackene Bauingenieur mit 28 Jahren nach Quedlinburg gekommen, in der Hand Angebote mit sanierungsbedürftigen Fachwerkhäusern. Als der Mann aus Rathenow den Neustädter Kirchhof von Westen her betritt, ist die Entscheidung in einem einzigen Augenblick gefallen: Deutschbein kauft das Haus Nr. 7. Eigentlich sind es zwei Häuser oder zumindest das, was Schwamm und jahrzehntelanger Verfall übrig gelassen haben. Dennoch: "Wenn nicht jetzt, dann nie wieder", sagt sich Deutschbein. Ein Haus auf der grünen Wiese - das kam für ihn nie in Frage.

Nach der Entrümpelung begann im Frühjahr 1994 die Sanierung. "Wir haben um jeden Balken und jeden Holznagel gefeilscht", erinnert sich Michael Knob, Chef der Zimmerei in den Werkstätten. Möglichst viel erhalten, Altes wieder verwenden - Peter Deutschbein bürdet sich und seinen Freunden eine Menge auf. Ohne die, das sagt er heute noch voller Dankbarkeit, wäre es nie gegangen. Für eine Tankfüllung wird ein Transporter geborgt, um historische Sandsteine von einer Baustelle in Halberstadt und alte Balken von einem Scheunenabriss in Sargstedt zu holen. Auf diese Weise lassen sich auch Kosten sparen - rund 100 000 Mark Eigenleistung sind verbaut. Auf 800 000 bis 1,1 Millionen Mark waren die Sanierungskosten einmal geschätzt worden: "Doch das haben wir bei weitem nicht gebraucht", sagt Deutschbein, der vor seinem Studium Maurer gelernt und sich vor zwei Jahren mit einem Ingenieurbüro selbstständig gemacht hat.

Im September 1997 steht Lehmbau-Praktikantin Stefanie auf dem Gerüst im Neustädter Kirchhof. Zuerst verliebt sich die junge Frau in das alte Haus, dann in dessen Besitzer. "Ich fand das Haus wunderschön, es hat zu mir geredet - nimm mich, hat es gesagt. Doch weil es schon weg war, hab' ich ihn dazu genommen", erzählt die 30-jährige Berufsberaterin des Arbeitsamtes lachend. Eineinhalb Jahre später heiraten die beiden, Töchterchen Jule ist inzwischen 22 Monate alt.

Zwei bis drei Jahre, schätzen Deutschbeins, werden sie wohl noch brauchen, um das "hochrangige Einzeldenkmal" wieder komplett in Schuss zu haben. "Das Dachgeschoss fehlt noch", sagt Stefanie Deutschbein, "aber der Rest ist zu 80 Prozent fertig." Es sind Sätze wie diese, die aufhorchen lassen. Zehn Jahre Leben auf einer Baustelle und doch den Optimismus behalten. "Es gab viel Ärger, der noch mehr Nerven gekostet hat", erinnert sich Peter Deutschbein. Stress mit Behörden, Stress mit den Fördermitteln. "Aber wir waren nie an dem Punkt, wo wir aufgeben wollten." Kristina Fischer-Gerloff nennt das eine unglaubliche Leistung: "Ich hätte das so lange nicht aushalten können."