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Berghotel Roßtrappe Berghotel Roßtrappe: Ein Hotelier als moderner Raubritter?

Von Stephan Neef 29.05.2002, 15:40

Thale/MZ. - Sogar Pfingsten war Heger auf dem Berg. "Ich habe die Feiertage zugunsten des Allgemeinwohls geopfert", sagt er heute. Das sehen manche Pfingstausflügler etwas anders, hatte doch Hegers Feiertagsaktion eine Erlebniswelt geschaffen, die so konkurrenzlos war, dass sie manchen Wanderer in die Flucht schlug, die Polizei dagegen auf den Berg trieb.

Die Ordnungshüter hatte Bergwacht-Aktivist Jürgen Wendemuth alarmiert. Einheimische und Urlauber hatten übereinstimmend berichtet, dass der - seit vielen Jahrzehnten - durch das Hotel-Gelände führende Wanderweg zur Roßtrappe mit einem "Jägerzaun" gesperrt wurde und die Passage nur nach Zahlung einer Spende möglich sei. Das Wegegeld, das mit einer nummernlosen Eintrittskarte quittiert wurde, solle dem Kauf von Sitzbänken und der Sanierung des Winzenburg-Turmes dienen, habe es auf einem Schild geheißen, Studenten und Kinder hätten dagegen "freie Fahrt" . Wendemuth sprach von "Abzocke" und einer "riesengroßen Schweinerei". "Die Volksseele kocht", beobachtete auch Harald Watzek, der stellvertretende Vorsitzende des Harzklub-Zweigvereins. Unter diesen Umständen empfinde er eine solche Spendenzahlung als Maut. Kein Wunder, dass mancher Wanderer empört umkehrte, zum Beispiel Irmgard Busch mit ihrer Senioren-Gruppe. Der Versuch, sich durch die Büsche zu schlagen und über einen Notweg zur Roßtrappe zu gelangen, sei fehlgeschlagen. Deshalb habe ihr Trupp die Rückfahrt angetreten, berichtete sie der MZ. "Das ist moderne Wegelagerei", schimpfte Brunhild Wöhlbier, Fraktionschefin von FDP, Bürgerforum und Bund der Selbständigen, in der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses. Stadtratspräsidentin Cornelia Sieker (CDU) fühlte sich ans Mittelalter erinnert, auch Wilfried Schüler (PDS) sprach von "Raubritter-Methoden". "Wir missbilligen das", fasste CDU-Fraktionschef Wolfgang Querfurth die Ausschuss-Meinung zusammen. Bauamtsleiter Ernst Thießen warnte vor rechtlichen Schritten, die zu einem "Kriegszustand" führten. "Das bringt uns nicht weiter." Auch Bürgermeister Thomas Balcerowski (CDU) will "auf Verständigung setzen". Weil diese "unangenehme Geschichte" Thale schade, zeigte sich das Stadtoberhaupt an einem öffentlichen Disput wenig interessiert. Heger hat von der ganzen Aufregung angeblich nichts bemerkt:

"Hier hat sich niemand beklagt", sagte er der MZ. Im Gegenteil. "Die positive Resonanz hat mich schier erschlagen, die Leute freuten sich, dass hier endlich mal einer etwas macht." Ohne Privatinitiative wären Sitzbänke genauso wenig zu finanzieren wie die Turmsanierung. Gerade ältere Leute "quälen sich hier runter und liegen dann erschöpft am Wegesrand", habe er beobachtet. "Die Bänke müssen her, das predige ich nicht erst seit gestern." Die Bank-Spende sei natürlich freiwillig gewesen, "sie war nicht für mich, sondern für das Wohl der Allgemeinheit", fügt Heger hinzu. Er habe den Weg nicht gesperrt, das war eine optische Täuschung, die er bedaure. "Wenn es Missstimmungen und Missverständnisse gegeben hat, tut es mir einfach leid", gesteht der Hotelier. Jeder Gast sei sein persönlicher Arbeitgeber. Da wäre es "irrwitzig", den Weg zu sperren. "Damit beginge ich Selbstmord." Für die nötige Spenden-Akquisition will Heger nun einen Verein gründen - die "Freunde des Bodetals".