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Bahnhof Bahnhof Aschersleben: Zerstörungswut und Vandalismus hinterlassen Spuren

Von Harald Vopel 08.06.2016, 17:21
Nach Information der Bahn wird es im Bahnhof Aschersleben auch in Zukunft einen Fahrkartenschalter geben. Man habe einen neuen  Betreiber gefunden, heißt es.   
Nach Information der Bahn wird es im Bahnhof Aschersleben auch in Zukunft einen Fahrkartenschalter geben. Man habe einen neuen  Betreiber gefunden, heißt es.    Frank Gehrmann

Aschersleben - Wer in diesen Tagen die DB-Agentur im Ascherslebener Bahnhof betritt, um eine Fahrkarte zu kaufen, der kann den Hinweis am Eingang kaum übersehen. Auf einem Schild bedankt sich die Agentur-Betreiberin bei der Kundschaft für die bisherige Treue. Und sie kündigt an, dass die Agentur zum 30. Juni schließen werde.

Bahn ist optimistisch

Eine ältere Dessauerin, die in Aschersleben ihre Enkelin besucht, schüttelt mit dem Kopf. Sie stellt sich die Frage, wie sie denn künftig ihre Fahrkarte lösen solle, wo sie doch immer einen möglichst großen Bogen um die Fahrkarten-Automaten mache. Mit denen kenne sie sich eben überhaupt nicht aus, sagt sie. Deshalb sei sie auch immer froh gewesen, dass es in Aschersleben noch einen richtigen Fahrkartenschalter gegeben hat. Und damit soll jetzt Schluss sein?

Soll es nicht, heißt es von der Leipziger Pressestelle der Deutschen Bahn auf eine Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung. Es sei ein nahtloser Übergang am 30.Juni/1. Juli vorgesehen, so dass der Verkauf ohne Einschränkungen weitergeführt werde. Die genauen Übergabemodalitäten würden derzeit der bisherige und der künftige Agenturbetreiber abstimmen, so die Antwort der Bahn.

Ganz so weit scheinen die unmittelbar Beteiligten allerdings noch nicht zu sein. Jedenfalls wisse er zwar, dass die Bahn einen Nachfolger gefunden habe, um wen es sich handelt, aber nicht, sagte am Dienstag Andreas Lukas, der die DB-Agentur „Reisetreff im Bahnhof“ derzeit noch gemeinsam mit seiner Frau Ines betreibt. Und auch ein Termin der Eröffnung durch einen Nachfolger sei ihm derzeit nicht bekannt.

Nach den Gründen der Geschäftsaufgabe gefragt, sagt Andreas Lukas: „Es lohnt sich einfach nicht mehr für uns.“ Und dafür gebe es gleich mehrere Gründe. Der Verkauf von Fahrkarten am Schalter sei in letzter Zeit stark zurückgegangen. Offensichtlich kaufen immer mehr Reisende ihre Tickets am Automaten oder Online im Internet. Und wenn künftig auch noch stärker per Handy-App gezahlt werde, dann dürften die Käufe am Schalter noch weiter zurückgehen, befürchtet Lukas.

Er habe einen besonders tiefen Einschnitt in Sachen Fahrkartenverkauf im vergangenen Jahr beobachtet: nach den Streiks der Lokführer. Von diesem Rückgang der Verkaufszahlen habe sich zumindest die DB-Agentur in Aschersleben bis heute nicht restlos erholt.

Ein Jahrzehnt für die Kunden

Fast elf Jahre - seit Oktober 2005 - hat Ines Lukas die Agentur „Reisetreff“ betrieben. Nachdem die Bahn ihre eigenen Fahrkartenschalter „aus wirtschaftlichen Zwängen“ - wie es damals von der Bahn hieß - geschlossen hatte, wollte das Unternehmen aber weiterhin einen Ansprechpartner für die Bahnkunden auf dem Bahnhof Aschersleben behalten.

Diese Aufgabe ging dann an die privatisierte Agentur über. Natürlich sei das ein Beratungs-Service, den seine Agentur angeboten hat und bis zum letzten Tag anbietet - nur könne man damit eben keine Einnahmen erzielen, geschweige denn davon leben, erklärt Andreas Lukas. Aschersleben war übrigens der zweite Bahnhof in Sachsen-Anhalt, in dem der Fahrkartenverkauf privatisiert wurde.

Die damals 30-jährige Ines Lukas brachte die notwendige Erfahrung mit. Sie hatte vorher als Reiseberaterin in München gearbeitet.

Als sich dann die Möglichkeit bot, wieder in der Nähe ihrer Heimat zu arbeiten, hatte sie sich um die Übernahme der Ascherslebener DB-Agentur beworben und den Zuschlag bekommen. Reich konnten die Inhaber wahrscheinlich nicht werden - aber immerhin davon leben. Zumindest so lange, bis die Verkaufszahlen rückläufig wurden. Übrigens - das Schild an der Eingangstür zum Fahrkartenschalter macht auch darauf aufmerksam, dass die Agentur unter den derzeitigen Betreibern zum letzten Mal am 29. Juni geöffnet ist. So könnte - trotz des von der Bahn als nahtlos angekündigten Betreiberwechsels - die Agentur im Bahnhof Aschersleben zumindest am 30. Juni geschlossen bleiben. (mz)