Ausbildungsreform gegen Personalnot Ausbildungsreform gegen Personalnot: Künftig ein Pfleger für alles in Aschersleben

Aschersleben - Die Ascherslebener Pflegeheime und Krankenhäuser sehen sich mit einer großen Veränderung konfrontiert: Ab 2020 wird die Ausbildung zur Pflegefachkraft grundlegend verändert. Die Ausbildungsberufe des Altenpflegers sowie des Gesundheits- und Kinderkrankenpflegers werden zu einem Beruf vereinheitlicht. Auszubildende müssen sich so nicht mehr von Beginn an für einen Weg entscheiden.
Die Bundesregierung regiert mit dieser Gesetzesreform auf die wachsende Personalnot im Pflegesektor. Denn in Deutschland mangelt es an Pflegekräften - vor allem in den Altersheimen. Der Deutsche Pflegerat sieht einen kurzfristigen Bedarf von 50 000 Stellen.
IWK Aschersleben sieht mehr Abwechslung für Azubis
Ines Quaiser, Institutsleiterin des IWK in Aschersleben, begrüßt die Reform. Sie sieht in ihr eine Chance, den Pflegeberuf gerade bei jungen Menschen attraktiver zu machen. „Wir bewerten das positiv. Ich hoffe, dass sich zukünftig mehr Menschen für die Pflege entscheiden“, sagt Quaiser.
Im neuen Ausbildungsplan ist vorgesehen, dass jeder der zukünftigen Pfleger die Arbeit in Krankenhäusern, Kinderstationen und Altenheimen kennenlernt. „Manche werden überrascht sein, was die Pflege zu bieten hat“, so Quaiser. Schließlich hätten sie nun die Möglichkeit, alle drei Bereiche vor Ort kennen zu lernen.
Vertiefung nach zwei Jahren
Die Sorge, dass die Verallgemeinerung der Ausbildung fachliche Abstriche bedeutet, weist Quaiser zurück. „Die inhaltliche Schnittmenge mit den jetzigen Ausbildungsplänen liegt bei 80 Prozent. Den Rest lernt man eh in der Praxis.“
Nach den ersten zwei Jahren der dreijährigen Ausbildung haben die Azubis zukünftig außerdem die Möglichkeit, eine Vertiefung zu wählen. Sie können sich für den Fachabschluss Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Altenpfleger oder für den allgemeinen Fachpfleger entscheiden.
Quaiser geht jedoch davon aus, dass sich die große Mehrheit für die letzte Möglichkeit entscheiden wird. Die bietet ein breiteres Einsatzspektrum und wird auch im Ausland anerkannt.
„Die jungen Menschen können erstmal Erfahrungen sammeln und sich dann für ein konkretes Feld entscheiden. Zwischen den verschiedenen Pflegeberufen sind die fachlichen Unterschiede ohnehin sehr klein“, sagt Carmen Thiele vom Betreuungszentrum Aschersleben.
Koordination der Arbeitsstellen wird große Herausforderung
Thiele sieht noch einen weiteren Vorteil: Durch den Wechsel zwischen Kinderstation, Krankenhaus und Pflegeheim rückt der Ausbildungsaspekt weiter in den Vordergrund. „Bisher ist es oft so, dass Azubis gerade aufgrund des Personalmangels in erster Linie Arbeitskräfte sind. Das wird sich ändern“, so Thiele.
Mit dem vielfältigen Einsatz der künftigen Azubis geht aber auch ein organisatorisches Problem einher: Waren die bisher in einem Betrieb angesiedelt, werden sie zukünftig an verschiedenen Orten ausgebildet.
Für die Ausbildungsträger bedeutet das, den Einsatz im Krankenhaus, Altenheim und Kinderkrankenhaus mit den jeweiligen Betrieben zu koordinieren. Vom Land gibt es dafür derzeit noch keine Hilfe. „Wann und wo schicke ich meine Schüler hin? Das kann zum Problem werden“, gibt Sabine Kösling, Geschäftsführerin der Vital Pflegegruppe, zu bedenken.
In Aschersleben seien zwar alle Felder abgedeckt, trotzdem braucht es viel Organisation, damit bestimmte Stationen nicht mit Azubis überschwemmt werden. „Der Kinderbereich wird das Nadelöhr sein“, vermutet Quaiser.
Ein weiterer Stolperstein: Die angehenden Pflegekräfte sind meist unter 18 Jahre alt, dürfen also noch nicht selber Auto fahren. Liegen die verschiedenen Ausbildungsbetriebe zu weit auseinander, könnte das problematisch werden.
Neues Finanzierungskonzept
Mit der Ausbildungsreform wird auch ein neues Finanzierungskonzept eingeführt. Legten die ausbildenden Betriebe die Kosten für ihren Fachkräftenachwuchs bisher auf die Patienten bzw. Bewohner um, zahlen zukünftig alle Einrichtungen einen pauschalen Betrag - egal, ob sie selbst ausbilden oder nicht.
Die Höhe ist jedoch noch nicht festgelegt. Andreas Franke, Einrichtungsleiter des Ascania-Wohnparks in Aschersleben, begrüßt diese Änderung. „Ich finde das vernünftig. Nur wer bisher nicht ausgebildet hat, wird auf die Nase fallen.“
Es bleiben Zweifel am Erfolg der Ausbildungsreform
Franke bezweifelt allerdings, dass die Reform eine effiziente Ausbildung fördert. „Den Unterrichtsstoff vor dem Hintergrund der verschiedenen Einsatzorte überall gleich zu strukturieren, wird schwierig. Zumal jeder Betrieb nun alle drei Monate die Auszubildenden neu anlernen muss“, so der Einrichtungsleiter.
Er glaubt nicht, dass die Reform mehr junge Menschen in die Pflegeberufe bringen wird. „Pflege bleibt eine Frage der Berufung. Ich glaube nicht, dass es durch die Reform in Zukunft mehr Azubis geben wird“, sagt Franke. Er wünscht sich außerdem mehr Unterstützung von der Regierung: „Vom Land kamen bisher kaum Informationen.“
(mz)