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Auf Knien mit dem Kescher zum großen Bachforellenfang

Von ANDREAS BÜRKNER 03.06.2009, 14:57

REINSTEDT/MZ. - Manche behaupten sogar noch länger, "aber Nachweise dafür sind nicht mehr aufzufinden", weiß Ingolf Huhnstock, der Vereinsvorsitzende.

Doch egal wie lange, die etwa fünfzig Mitglieder lassen sich diesen Spaß stets zum Pfingstmontag nicht nehmen und bekommen sogar immer noch Zuwachs. "Häufig wird die Mitgliedschaft über Generationen in der Familie vererbt", kennt Norbert Henze die Gepflogenheiten. Auch 2009 wurden deshalb wieder zwei neue Mitglieder, Larry Reinecke und Helmut Friedewald, der obligatorischen Selketaufe unterzogen.

Den Spaß am Fangen der Bachforellen, "die acht Wochen zuvor in diesem Bereich ausgesetzt wurden", so Huhnstock, dürfen nach alter Tradition jedes Jahr nur elf Mann genießen. Damit auch mal andere in den Graben können, der zu "Lohrengels Mühle" führt, wurden diesmal gleich zwei Elferriegen gebildet. Während die einen im Wasser die Räume für die Forellen immer mehr eingrenzten, fungierten die anderen als Helfer vom Ufer aus. Im nächsten Jahr werden diese Rollen getauscht.

In Dreiergruppen, mit dem Körper und den Beinen möglichst die Breite des gesamten Grabens ausfüllend, rutschen die auserwählten Grabenfischer knapp siebenhundert Meter auf Knien durch das Bett des Mühlgrabens - im kühlen Wasser nicht unbedingt jedermanns Geschmack. Begleitet von allerlei dummen Sprüchen und hektischem Rufen der Zuschauer galt es einerseits, keine Forellen durchgleiten zu lassen, bevor Siebe das Verschwinden im Bachlauf verhinderten, andererseits mit Keschern bewaffnet eine Forelle nach der anderen aus dem teilweise aufgewühlten Wasser zu holen. Immer wenn der Ruf "Eimer" erschallte, war das gelungen und wieder eine von ihnen ins Netz gegangen. Sie landete anschließend im wassergefüllten Behältnis, bevor ihr auf Anglerart der Garaus gemacht wurde.

Ein spezieller Eimer mit Hochprozentigem half, der langsam hochschleichenden Kälte im kühlen Wasser zu begegnen, was auch die Helfer ordentlich beschäftigte. Eine kräftige Stärkung zwischendurch, schon ging es weiter bis zum Wehr. Der 21-Jährige, dem dabei der Fang des größten Exemplars gelang, darf sich nun für ein Jahr als "Fischerkönig" fühlen, allerdings muss sein Name aus rechtlichen Gründen für die Öffentlichkeit außerhalb Reinstedts geheim bleiben. "Trotzdem wird er im Ort auch einige Pflichten zu erfüllen haben", wird Huhnstock die Umsetzung von alten Ritualen im Auge behalten.

"Immerhin fünfeinhalb Kilogramm bei 71 Zentimeter Länge wiegt das Prachtexemplar", verkündete der stellvertretende Vereinsvorsitzende Matthias Altermann zur Siegerehrung. "Das schafft man in der Zucht bei guter Fütterung in ein, zwei Jahren", war sich Harry Knabe, einer der begleitenden Eimer-Männer, sicher. Nach dem Erfolg, alle Forellen herausgeholt zu haben, führte der anschließende traditionelle Gang entlang der Selke zunächst zum "Prinz von Anhalt".

An der Gaststätte hatten die Vereinsmitglieder zwei Tage zuvor eine "grüne Laube" aus Baumstämmen und Ästen errichtet, an der drei Tage lang gefeiert wurde. Noch vor dem Festumzug durch den Ort wurde dem Brauch folgend sowohl Anglerchef Arno Friedewald wie auch Jagdvereins-Oldie Karl Kramer ein Ständchen dargebracht. Bei letzterem wartete zudem eine besonders begehrte Leckerei - selbst gemachter Kochkäse und Kräuterlikör. Schon das allein entschädigte für die Strapazen beim traditionellen Grabenfischen zu Pfingsten in Reinstedt.