Auf Kometen-Jagd Ascherslebener Sternfreunde haben Neowise am Himmel entdeckt: Richtung Polarstern, zwischen Großem Wagen und Venus

Aschersleben - Eigentlich hatte sie etwas Großes, etwas Spektakuläres erwartet. „Ich dachte, dass der Schweif richtig leuchtet und dann war da am Himmel nur ein kleiner grauer Strich“, erzählt Manuela Rockmann. „Beeindruckend war es trotzdem“, gibt die Ascherslebener Sternfreundin zu, die in den vergangenen Nächten über ihrer Heimatstadt den ersten Kometen ihres Lebens beobachtet hat.
Neowise, dessen wissenschaftlicher Name C/2020 F3 lautet, wurde erst Ende März entdeckt: im Sternbild Achterdeck des Schiffs. Seit Anfang Juli war er dann mit bloßem Auge am Morgenhimmel zu sehen, seit wenigen Tagen und etwa bis zum Ende des Monats auch am Abendhimmel im Nordwesten.
„Also Richtung Polarstern. Zwischen dem Großen Wagen und der hellstrahlenden Venus“, beschreibt Manuela Rockmann den Bereich, wo der Schweifstern zu entdecken ist. „Immer nah am Horizont.“ Allerdings jede Nacht nur für kurze Zeit.
Zwischen Großem Wagen und Venus war der Komet zu beobachten
Dabei ist Neowise etwas ganz Besonderes: Zwar ist er bereits der dritte in diesem Jahr entdeckte Komet, aber der erste, der seit Jahren von Deutschland aus auch tatsächlich wieder gut zu sehen ist. Und mehr noch: Nur alle 5.000 bis 7.000 Jahre kommt Neowise der Erde nahe.
Denn laut Experten entstammt er vermutlich dem sogenannten Kuipergürtel, einer Ansammlung von Eis- und Staubbrocken, die weit hinter dem Neptun die Sonne umkreisen.
Manuela Rockmann hat den Kometen zusammen mit ihren Eltern vom Birkenweg aus - also vom Rande der Stadt - beobachtet. „Wir nennen das da oben immer ‚Schöne Aussicht’ - und das stimmt wirklich. Man hat da einen fantastischen Ausblick über Aschersleben.“ Deshalb hatten die Sternfreunde von dort aus auch den Merkurtransit miterlebt.
„Gestern Nacht war ich nochmal da. Gegen 23 Uhr. Aber da war es noch sehr hell und man musste sich sehr anstrengen, um etwas zu sehen“, erzählt die 46-Jährige, die den günstigsten Beobachtungszeitpunkt derzeit um Mitternacht festmacht.
Ein Anblick also nur für Nachtschwärmer. Bis Ende Juli/Anfang August sei Neowise nach ihren Worten zu sehen. „Aber dann nicht mehr so doll. Weil er immer früher aufsteigt und es dann ja auch heller ist.“
Ein bisschen Werbung für Aschersleben und die Sternenfreunde im Internet
Die Ascherslebenerin, die am Gericht arbeitet, ist jetzt schon das 20. Jahr Mitglied des Sternguckervereins. „Durch meinen Vati. Am Anfang bin ich immer nur mitgegangen und dachte dann irgendwann: Dann kann ich auch gleich eintreten“, erinnert sich die 46-Jährige.
Die Fotos, die sie von Neowise gemacht hat, hat sie auf der Facebook-Seite der Ascherslebener Sternfreunde eingestellt, für die sie auch die Öffentlichkeitsarbeit macht. Aber auch im MZ-Portal „Mein Verein“ und auf den Seiten von Radiosendern. Um ein bisschen Werbung für ihre Heimatstadt zu machen und auch für den Verein.
Und natürlich, um diese besondere Erfahrung festzuhalten. „Denn bisher habe ich Kometen nur auf den Fotos von anderen gesehen. Dieses Mal habe ich ihn selbst beobachtet. Und das war ein Erlebnis.“ (mz)
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Kometen - oft auch als Schweifsterne bezeichnet - stammen aus der Entstehungszeit des Sonnensystems. Sie bestehen aus Staub, Eis und lockerem Gestein und sind oft einige Kilometer im Durchmesser groß. Kommen sie der Sonne nah, entstehen durch die Hitze und dem damit verbundenen Ausgasen ein Koma - eine neblige Hülle - und ein leuchtender Schweif. Eindrucksvolle Kometen gibt es laut Experten nur zehn pro Jahrhundert.
