Aschersleben Aschersleben: Spannende Geschichten um die echte Geschichte
ASCHERSLEBEN/MZ. - "Ich hoffe, dass ich hier nicht ausgebuht werde", sagte Sabine Ebert und schaute skeptisch ins große Publikum. Was die Bestsellerautorin bei ihrer Lesung im Bestehornhaus am Dienstag gleich zu Beginn zu dieser Aussage veranlasste, ist die Tatsache, dass in ihrem historischen Romanzyklus Bernhard III., Graf von Aschersleben und nach dem Sturz Heinrichs des Löwen 1180 Herzog von Sachsen, eine Rolle spielt, aber keine besonders rühmliche. Denn Chronisten beschreiben den Sohn Albrecht des Bären nun mal als glücklosen, nicht unbedingt durchsetzungsfähigen Regenten. Und an den historisch fundierten Fakten rüttelte auch die Autorin nicht. "Sehen Sie es mir nach...", bat sie.
Ebert, deren neuester Roman "Der Fluch der Hebamme", der vierte in der Reihe, Anfang Oktober Premiere hatte, befindet sich gerade auf dreiwöchiger Lesetour. Seit dem Überraschungserfolg ihres Romans "Das Geheimnis der Hebamme" im Jahr 2006 und der fulminanten Fortsetzung mit den beiden Bestsellern "Die Spur der Hebamme" und "Die Entscheidung der Hebamme" ist die Autorin viel gefragt. "Lange haben wir darauf gewartet", so Friedrich Steinmetz, Inhaber des Buchhauses am Markt, Veranstalter der Lesung, "und es jetzt endlich geschafft, Sabine Ebert nach Aschersleben zu bekommen." Und die ist, nebenbei bemerkt, gebürtige Ascherslebenerin. "Auch wenn ich nie hier gewohnt habe, habe ich es genossen, durch die Stadt zu schlendern", so die Wahl-Freibergerin, die die Geschichte der Einestadt im Zuge ihrer ausführlichen Recherchen zur Landerschließung Sachsens im 12. Jahrhundert kennenlernte. Mittelalterlich gewandet - Ebert macht das Mittelalter eben nicht nur in ihren Romanen detailverliebt erlebbar - in einem für diese Zeit typischen Tütenärmelkleid nahm sie sich ihr neuestes Werk zur Hand. Und das setzt etwa fünf Jahre nach dem dritten Band, in dem sich die Ereignisse überschlugen, die Hebamme Marthe erst Witwe, dann geschändet und schließlich wieder verheiratet, ein.
1189: Sie und ihr Angetrauter Lukas trauern noch immer um ihren Geliebten und Freund. Ihr Verhältnis zueinander müssen sie neu bestimmen. Außerdem naht unaufhaltsam der Tag, an dem Albrecht, der machtgierige älteste Sohn des Meißner Markgrafen Otto von Wettin, und seine Frau Hedwig, die in den Chroniken als "zänkisches Weib" beschrieben und von Ebert "posthum rehabilitiert" worden ist, die Regentschaft übernehmen. "Albrechts Ruf ist verdientermaßen schlecht, nicht nur, weil ich einen Schurken brauchte", stellte Ebert klar. Er versucht, die Erbfolge zu erzwingen und nimmt seinen Vater gefangen - eine historisch verbürgte Episode und ein Skandal, der Kaiser Barbarossa auf den Plan ruft. Er befiehlt Albrecht, seinen Vater freizulassen, erlegt diesem wiederum auf, die Mark Meißen nach seinem Tod dem Ältesten zu übertragen und zwingt beide dazu, sich auf dem Hoftag öffentlich zu versöhnen. "Aus lokalpatriotischen Gründen habe ich die Handlung nach Merseburg verlegt", erklärte Ebert, die, wie sie meinte, ihren Spaß daran hatte, zu beschreiben, wie "die beiden Starrköpfe sich vor versammelter Mannschaft den Friedenskuss geben müssen". Darüber hinaus führt der vierte Teil der Hebammen-Romane ins Heilige Land. Dietrich von Weißenfels, der jüngere Sohn des Meißner Markgrafen, schließt sich dem Kreuzzug Barbarossas an und belagerte mit Richard Löwenherz und Philipp II. von Frankreich Akkon. Mit zieht notgedrungener Maßen auch Marthes und Christians ältester Sohn Thomas. Zu gleichen Zeit stirbt in Meißen Otto von Wettin und sein grausamer Sohn Albrecht übernimmt die Herrschaft über die Mark, zu der die immer größer werdende und florierende Silberstadt Freiberg, die im ersten Band als Christiansdorf erschlossen wurde, gehört. Schwere Zeiten für Marthe, Lukas und ihre Anhänger brechen an...
Als Ebert ihre Arbeit aufnahm und den Handlungsbogen auf 30 Jahre festlegte, "hatte ich Zweifel, überhaupt ein Buch vollzukriegen", verriet sie den Ascherslebenern. Jetzt sind es vier und seinen Abschluss findet die Geschichte um die Landerschließung und Stadtwerdung Freibergs sowie die Hebamme Marthe - eine rein fiktive Romanfigur -, wenn in etwa einem Jahr der fünfte Band erscheint. Außerdem gebe es bereits Interessenten, die den Stoff verfilmen wollen. Dass das ein Risiko bergen kann, weiß Ebert: "Meist ist man, wenn man ein Buch kennt, enttäuscht vom Film. Einzige Ausnahme: ,Der Herr der Ringe'. Aber erst mal abwarten, was passiert." Filmtechnisch. Denn um sich auszuruhen bleibt keine Zeit, recherchiert Ebert bereits für ein neues Projekt, ein Roman über die Völkerschlacht bei Leipzig 1813, "ein gewaltiges Thema", sagte sie, ehe sie zur Signierstunde überging. Die Sache mit Bernhard III. hatte der Autorin übrigens niemand verübelt.