Aschersleben Aschersleben: Das Bratkartoffel-Verhältnis
aschersleben/MZ. - Kochen? Volker Marquordt lacht. Ne, kochen kann er nicht. Sagt's und zeigt auf seine Frau Annette. "Das macht sie." Ja, klar. Zumindest lässt der Name seines Wagens, "Harzer Hexenküche", darauf schließen, dass hier ein weibliches Wesen den Kochlöffel schwingt. Und weil es das so gut macht, nennt er seine Annette wohl auch "Chefin". Obwohl doch eigentlich er der Chef im Imbiss-Revier ist.
Für manch einen in Aschersleben gehört der Besuch am Wagen der beiden Westerhäuser zu jedem Donnerstag wie der Senf zur Wurst. Denn Donnerstag ist Markttag. Und der hungrige Mensch hat plötzlich mehr Möglichkeiten, etwas Deftiges zwischen die Zähne zu schieben, als an wochenmarktfreien Tagen. Am Tresen der "Harzer Hexenküche" hat der Esser die Qual der Wahl: Die klassische Currywurst? Oder die Bratkartoffeln? Pilze mit Sauerrahm? Nudeln mit Tomatensoße? Oder doch die so wunderbar duftende gebratene Leber mit Kartoffelbrei? "Die Leber wird besonders gern genommen", weiß die 42-jährige Annette Marquordt, die mittags genau wie ihr Mann schon viele Stunden Arbeit in den Knochen hat. Aber auch die Gehacktesstippe sei bei den Leuten ziemlich beliebt, sagt sie.
Der Tag der beiden beginnt in aller Herrgottsfrühe. Gegen halb sechs verlassen sie das heimische Westerhausen. Ehe in Aschersleben auf dem Marktplatz alles aufgebaut und für die ersten Kunden bereit ist, zeigt die Uhr sieben. "Dann kommen schon die ersten Kaffeetrinker", sagt der Chef und meint damit vor allem die Kollegen von den anderen Marktständen, die er mittlerweile seit vielen Jahren kennt. Denn die meisten sind wie die Marquordts von Anfang an auf dem Platz. Man schätzt sich, macht einen Plausch, schwitzt im Sommer und friert im Winter gemeinsam. Das verbindet. An den vergangenen Februar erinnern sich beide noch mit Grausen.
Auf die ersten Würstchen-Esser muss das Paar nicht bis zum Mittag warten. Denn der Donnerstag ist traditionell auch der Tag, an dem Leute von außerhalb nach Aschersleben kommen, nüchtern zum Arzt müssen und danach Heißhunger verspüren. Die Marquordts freut das natürlich, sie sind vorbereitet. Das Angebot ist im Prinzip immer gleich. Nur im Winter, da offerieren die beiden auch eine deftige Grünkohlpfanne oder eine hausgemachte Erbsensuppe. "So was geht im Sommer nicht, da stehen die Leute nur drauf, wenn es kalt ist", wissen sie aus Erfahrung. Die Bratkartoffeln, die machen sie direkt im Wagen immer selbst. Die Kartoffeln werden morgens im großen Topf gekocht, dann gepellt und direkt frisch verarbeitet. "Schmeckt einfach besser, und die Kunden schätzen das auch", sagt Marquordt. Was nicht frisch gemacht wird, bereitet seine Frau immer montags daheim in Westerhausen vor und friert es ein. "Denn montags sind wir nicht unterwegs, da ist unser freier Tag", lacht sie.
In den ersten Jahren war Volker Marquordt noch angestellt, 1998 hat er den Wagen übernommen und arbeitet seitdem selbstständig. Sein früherer Chef hatte den freundlichen Mann mit dem Schnauzer kurz nach der Wende vom Fleck weg vom Schlosser zum Imbiss-Mann gemacht. "Das war noch vor der Währungsunion, und ich hatte plötzlich die Chance, über tausend Mark zu verdienen. West", erinnert sich Marquordt. "Das war damals unfassbar viel Geld für mich. Klar, dass ich da zugeschlagen habe", sagt er. Und wie es manchmal so geht im Leben, hat er auf der Arbeit auch seine Annette kennengelernt.
Die beiden sind ein Team, das spürt man. "Einer alleine könnte das gar nicht machen. Jeden Tag auf Märkten unterwegs, am Wochenende noch auf diversen Festen. Das würde nicht funktionieren. So was geht nur zusammen", sagt die 42-Jährige.