«5 vor Zwölf» wagt Strindbergs Totentanz
Staßfurt/MZ. - Auf den ersten Blick mag die Entscheidung des Ensembles merkwürdig anmuten, denn es scheint wie ein Bruch mit den letzten Jahren. "Die Uhren" bildeten 2003 den Auftakt zu dem, was man als ,kleine Profilbildung' der Gruppe bezeichnen könnte. Denn sowohl mit dem Stück Wolfgang Hildesheimers als auch mit dem Nachfolgestück im vergangenen Jahr, Samuel Becketts "Warten auf Godot" (die MZ berichtete), widmete man sich dem Absurden Theater.
Die Wahl von Strindbergs Werk, das man getrost als Klassiker bezeichnen kann, bricht hingegen mit dieser Tradition. Doch das Ensemble arbeitet sich am alten Stoff ab und bringt eine Adaption des 100 Jahre alten Textes auf die Bühne, die aktueller nicht sein könnte.
Der Inhalt: Ein Ehepaar, er ein nahezu ausgemusterter Offizier, sie eine gescheiterte Schauspielerin, lebt auf einer Insel, auf der es keine Freunde hat. Nach 25 Jahren Ehe ist nichts mehr geblieben von dem, was man gemeinhin als Eheglück bezeichnet. Man hat sich nichts mehr zu sagen, lebt nur noch nebeneinander her. Doch dies ändert sich grundlegend, als Kurt, ein alter Jugendfreund, zum Ehepaar auf der Insel stößt. Durch seine Anwesenheit, die manchmal nicht viel mehr zu sein scheint als dumpfe Erinnerung an eine längst vergangene Zeit, wandelt sich plötzlich das Nebeneinander in ein über Jahrzehnte im Verborgenen gewachsenes Gegeneinander. Hass und Gewalt bahnen sich ihren Weg bis zur endlichen Eskalation.
Das Stück beschreibt in seiner Dramatik die Absurdität des immer wieder praktizierten Credo "Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!" Gewalt scheint das einzige Mittel, um mit der eigenen Unzulänglichkeit klarzukommen. Und ist Gewalt geschehen, wird das Geschehene verschönert und verdrängt. So werden Vergangenheit und Geschichte zur Spielwiese kranker Phantasien mit ihren unabänderlichen Auswirkungen auf das Jetzt - unabhängig davon, ob es eine individuelle oder die gesellschaftliche Geschichte ist.
Mit dabei sind in diesem Jahr sowohl Franziska Gerner und Laura Terzenbach als auch Marcus Poschlod und Ralf Metzner. Die Regie wird - wie schon im vergangenen Jahr - Feliks Schünemann übernehmen. Wie ebenfalls im Vorjahr versucht "5 vor Zwölf" seine Inszenierung an verschiedenen Orten zu präsentieren.
Der einzige Termin, der jedoch bislang schon fest im Programm steht, ist die Aufführung im Salzlandtheater in Staßfurt, die ohne Übertreibung als Heimspiel bezeichnet werden kann. Am Samstag, dem 29. Oktober, wird sich um 19.30 Uhr der Vorhang des altehrwürdigen Hauses im Tränental öffnen.