Naturschutz 28-mal Dohlennachwuchs in der Hoymer Vogelkirche
Das heißt, es war ein Rekordjahr und zeigt, dass vogelfreundlicher Turmumbau richtig war. Die letzte Kolonie der Region strahlt aus.

Hoym/MZ - Uwe Nielitz kann es kaum glauben: 28 junge Dohlen hat der Ascherslebener Ornithologe in diesem Jahr in der Hoymer Kirche St. Johannis, die inzwischen auch den Beinamen Vogelkirche trägt, beringen können. „Das ist absoluter Rekord!“, sagt er strahlend und macht das auch an den Nachbesserungen im letzten Jahr fest. „Wir haben die Eingangsbereiche der Nistkästen so verändert, dass die Waldkäuze nicht mehr reinkommen.“ Für die hätten die kleinen Dohlenbabys bisher nämlich auf dem Speiseplan gestanden. Doch in diesem Jahr seien wirklich viele groß geworden.
Seit über 100 Jahren schon leben in der Hoymer Kirche Dohlen, die der Volksmund auch des Pastors schwarze Tauben nennt. Es war die letzte Kolonie weit und breit. „Im Umkreis von 50 Kilometern gab es keine andere mehr, weil alles totsaniert wurde“, sagt Reinhard Kunert, der sich um den Naturschutz in seinem Heimatort kümmert.
Er berichtet sogar von einem Fall weiter weg, wo die Jungen einfach eingemauert wurden. Als nun vor 15 Jahren auch die Grundsanierung des Hoymer Kirchturms anstand, wurde das Bauwerk dank der aufgeschlossenen Kirchengemeinde und Naturfreunden wie Kunert nicht versiegelt.

„Es wurden 15 Nistmöglichkeiten für Dohlen, Turmfalken, Schleiereulen und Waldkäuze eingebaut - und alle Arten haben hier schon Nachwuchs bekommen“, freut sich der Ruheständler, der als promovierter Biologe und Botaniker jede Menge Erfahrung hat. „Da oben im Dachkasten unter der Uhr“, zeigt der Hoymer zur Kirchturmspitze hinauf, „gibt es sechs Öffnungen - und hinter jeder einen Nistkasten für Dohlen.“ Der briefkastenähnliche Zugang über der Uhr führe zu einer Zwei-Raum-Wohnung für Eulen. Und hinter den Schallluken gebe es einen Kasten für Turmfalken.
„Der Kirchturm wurde auch zuvor schon von Vögeln als Kinderstube genutzt - sie hatten sich selbst Zugang verschafft und sich durch das alte Holz hindurchgeknuspert“, berichtet Kunert von früheren Zeiten. Im Inneren des Gotteshauses hätten die Tiere aber für Chaos gesorgt. „Wir haben immer säckeweise Nistmaterial rausgetragen“, erinnert sich der Vogelfreund.

Durch den Einbau der Nistkästen hätten nun alle gewonnen: Die Kirchengemeinde hat einen sauberen Dachboden, die Tiere eine sichere Brutmöglichkeit. „Und die Dohlen fühlen sich hier richtig wohl“, hat Reinhard Kunert beobachtet. „Ich habe über 200 in den letzten zwölf Jahren beringt“, bestätigt Uwe Nielitz das.
Die Kästen haben zu diesen außergewöhnlichen Bruterfolgen beigetragen, wissen beide. Und dazu, dass diese letzte übriggebliebene Kolonie ordentlich ausstrahlt. „Es gibt jetzt wieder Dohlen auf der Gersdorfer Burg, in Quedlinburg, in Gatersleben, vereinzelt auch in Aschersleben“, zählt der Ornithologe Beispiele auf, die der Hoymer Nachwuchs möglich machte.
Reinhard Kunert bezeichnet die Aktion deshalb als erfolgreiches Leuchtturm-Projekt. Denn auch andere Orte ziehen nun nach. So wurden etwa im Froser Wasserturm Nistkästen eingebaut und in der Schadelebener Kirche. „Die sind auch schon besetzt - es gibt mindestens vier Paare“, so Nielitz. Und Kunert fügt hinzu: „Es ist so schön, dass das alles so erfolgreich ist!“