Wohnen Wohnen: Alte Lampen in neuem Licht

Hamburg/dpa. - Wegen ihrer Ausmaße hingen Kronleuchter seit der Barockzeit meist in Eingangshallen, großen Sälen oder vornehmen Salons. Dort sollten sie wirken und entsprechend bewundert werden können. Bis heute sind sie dieses Image nicht losgeworden: Spontan verbindet sich mit ihnen die Vorstellung von hohen Stuckdecken und antikem Interieur. Doch das muss nicht sein. Fachhändler bieten längst moderne Versionen an, und auch der klassische Kristalllüster darf mit «hippen» Möbeln kombiniert werden.
Gerade in dem Kontrast zwischen den oft nüchternen zeitgenössischen Wohnungseinrichtungen und der Verspieltheit kristallbestückter Leuchter liege ein gewisser Reiz, erklärt der Designer André Stapelfeld von «M³ - Kontor für Gestaltung» in Hamburg. «Etwas nur mit modernen Möbeln einzurichten, das ist fad», sagt er. «Da sitzt man so ein bisschen wie im Schaufenster. Aber wenn auch mal ein altes Stück dabei ist, wird das Ganze gleich viel interessanter.»
Dieses Spiel mit unterschiedlichsten Stilen setzt Stapelfeld auch in seinen eigenen Kronleuchterentwürfen um: Aus modernen Materialien wie Edelstahl entwickelt er Modelle mit klaren Formen, die sich jeder Auftraggeber individuell mit Kristallbehängen ausstaffieren kann. «Damit nehmen wir das Design fast ein bisschen auf die Schippe. Dieser strenge Begriff von Gestaltung, wo jeder Millimeter passen muss, ist für den alltäglichen Gebrauch nicht unbedingt geeignet», erklärt der Designer. «Bei uns bekommt der Kunde einen Leuchter, den er so lassen, aber auch persönlich umgestalten kann.»
Aber nicht nur das Design macht den Unterschied. «So ein handelsüblicher Deckenfluter zum Beispiel, der hat eher diesen Klatschlichtcharme», erklärt Stefan Krause, Inhaber der Firma Inter Nostalgia in Visselhövede (Niedersachsen), die sich unter anderem auf Replikate schwedischer Lüster spezialisiert hat. Bei einem Kronleuchter jedoch breche sich das Licht von innen heraus in den unzähligen Glasbehängen und verbreite eine ganz besondere Stimmung.
Kein Wunder also, dass diese Art von Beleuchtung durchaus gefragt ist. «Die Tendenz im Verkauf ist auf jeden Fall steigend», bestätigt Franz Hauser vom Einrichtungshaus Segmüller in Friedberg bei Augsburg, «und das nicht nur bei den modernen Varianten.» Das Angebot reicht bei Fachhändlern und Möbelhäusern vom simplen Import-Leuchter für weniger als 100 Euro bis zum edlen Glaslüster als Sonderanfertigung auf Bestellung.
Allerdings gibt es bei Kronleuchtern erhebliche Qualitätsunterschiede: Während günstige Modelle mit großindustriell gefertigtem Pressglas ausgestattet sind, arbeiten Manufakturen wie das französische Unternehmen Baccarat ausschließlich mit mundgeblasenem Kristall nach eigener Rezeptur. Dadurch entstehe ein besonderer Glanz mit einer speziellen Weichheit, sagt Erika Hellmuth von Baccarat Deutschland in Hamburg. Das hat seinen Preis: Ein sechslichtiger Leuchter kostet dort je nach Modell 7000 bis 10 000 Euro.
Wer nicht ganz so tief in die Tasche greifen möchte, kann mit etwas Glück auf Flohmärkten oder dem Speicher der Großmutter fündig werden. Doch die Restaurierung ist nicht immer einfach. Oft entsprechen alte Modelle nicht dem heutigen Sicherheitsstandard und müssen in mühsamster Handarbeit umgerüstet werden. Auch die Beschaffung von Ersatzteilen gestaltet sich meist schwierig.
«Ob sich das dann wirklich rentiert, steht im Ermessen des Auftraggebers», erläutert Dieter Appell, Geschäftsführer von Elektro Plack in Erlangen und Spezialist für Leuchten-Restauration. «Es gab auch schon Fälle, bei denen ich mir Leuchten angeschaut und gesehen habe, das steht einfach in keiner Relation. Da bekommt der Kunde locker eine neue dafür.»
Ob Edel-Variante von Baccarat oder Familienerbstück - ein Blickfang ist so ein Kronleuchter immer. Ganz Mutige gehen noch einen Schritt weiter. Der o.k.-Versand in Köln bietet indische Leuchter mit Plastik-Klunkern in fünf grellen Farben an. Die verstrahlen vielleicht kein außergewöhnlich schönes Licht, sind dafür aber garantiert ein besonderer Hingucker.