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Wie sieht die denn aus? Wenn die Clique gegen die neue Liebe ist

Von Thorsten Wiese 24.10.2007, 06:58

Bremervörde/Köln/dpa. - Es gibt eine Menge Gründe, warum der neue Freund oder die neue Freundin in der Clique möglicherweise komisch beäugt werden. Wird die frisch gebackene Liebe auch nach den ersten Treffen noch abgelehnt, ist das für Pärchen hart. Zum Scheitern verurteilt ist die Beziehung deswegen aber nicht - die beiden müssen sich ihrer Sache nur sicher sein. Und echte Freunde werden die Wahl ohnehin tolerieren.

Die Clique kann einer neuen Liebe sogar mehr Steine in den Weg legen als die Eltern: «Ab einem bestimmten Alter ist sie für mich wichtiger als die Eltern», sagt Jugendpsychologe und Psychotherapeut Jürgen Detering aus Bremervörde in Niedersachsen. «Und sie hat auf mich auch einen stärkeren Einfluss.» Wenn die, die einem bisher am nächsten standen, die neue Liebe ablehnen, ist Stress deshalb programmiert.

Das hat schon damit zu tun, dass die Clique dann beim Verabreden oft nur noch an zweiter Stelle steht. Denn schließlich geht es bei der Frage, mit wem man seine Zeit verbringt, ans Eingemachte. Gestritten wird in Wirklichkeit um die Loyalität: «Es geht darum, die Frage zu klären: Wie kann ich mit Dir zusammen sein, wenn meine Clique Dich ablehnt?», sagt Gabriele Höreth, Psychologin und Psychotherapeutin aus Köln.

«Mit einer neuen Partnerschaft mit jemandem von außen wird der Clique immer klar, dass sie jetzt nicht mehr allein wichtig ist», erklärt Detering. Und Konflikte gibt es erst recht, wenn der oder die Neue den anderen nicht in den Kram passt. «Meist wird in der Clique auf Gleichheit Wert gelegt - es herrschen dort auch Regeln und ähnliche Wertvorstellungen», sagt die Psychologin Christine Gettmann aus Frankfurt/Main. «Wenn da ein Neuer hereinkommt, wird der geprüft - und wenn er zum Beispiel auf eine bessere Schule geht, ist da schnell Skepsis.»

«Das ist die Härte schlechthin», sagt Detering - «denn in diesem Moment muss ich möglicherweise zum ersten Mal in meinem Leben zwischen meinen Freunden und der schönen neuen Erfahrung der Partnerschaft entscheiden.»

Dass eine Partnerschaft trotzdem funktioniert, ist laut Gettman möglich. Es setzt aber Bemühen voraus: «Wer sich schnell zurückzieht, hat schlechte Karten. Ich muss bereit sein, die Prüfungen der Clique durchzumachen.» Das schaffen Paare nur, wenn sie über die Gefühle reden, die dann entstehen. Ein Thema sollte sein: «Was ist Dir jetzt gerade am wichtigsten? Bin ich es, oder ist es die Clique?»

Um einen klaren Kopf zu behalten, gibt Detering einen Hinweis: «Das kann zwar sehr wehtun, ist in der Situation aber ganz normal. Auch Erwachsenen geht das so.» Sie hängen zwar nicht mehr mit der Clique im Park, am Sportplatz oder im Café ab. Auch sie müssen ihre Beziehung aber oft genug gegen den Freundeskreis verteidigen. Das fällt besonders deshalb schwer, weil die Freunde einen schließlich am besten kennen.

Detering rät, die Neue oder den Neuen nicht an den Äußerungen aus der Clique zu messen. «Ich muss das für mich allein klären. Dabei geht es zum Beispiel darum herauszufinden, wer am meisten gegen den oder die Neue ist und wer nicht so ein heftiger Gegner ist.» Möglicherweise sind erstere demjenigen ohnehin nie so wichtig oder ein Dorn im Auge gewesen - dann ist auf ihr Urteil nicht viel zu geben. Überhaupt gilt: «In den meisten Fällen ist es überhaupt keine wirkliche Aussage über die Beziehung, wie die Clique sie findet.»

Höreth fordert Betroffene daher auf, mutig den eigenen Standpunkt zu beziehen. «Wenn es sich so anfühlt, muss ich sagen: Du kannst zwar nicht in meine Clique hinein, aber ich stehe trotzdem zu Dir.» Im anderen Fall - wenn die Abneigung der Clique auch die Betroffenen von der Beziehung abrücken lässt - war die Zuneigung wohl nicht groß genug. «Das finde ich nur heraus, indem ich abwäge: Was ist denn das für eine Clique, die sich keine Mühe mit meinem neuen Freund gibt?»

Auch Detering macht Mut: Er sieht den Zusammenhalt mit der Clique nicht unbedingt in Gefahr, nur weil Freund oder Freundin dort nicht hineinpassen. «Es ist ja oft genug so, dass ich wieder zurück kann, wenn die Beziehung scheitert - das macht echte Freunde aus.» Gettmann ist ebenfalls der Ansicht, dass die Beziehung eine Chance verdient hat - denn echte Freunde stehen weiter zu einem. «Auch wenn ich mal zwei Monate aus der Clique aussteige, wird sie weiter bestehen. Und nach so einem Ausflug kann ich meist auch wieder zurück.»