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Wellness und Schönheitskuren für Kinder

Von Britta Schmeis 01.08.2008, 14:17

Titisee/Hannover/dpa. - Früh soll sich üben, wer schön sein will: Nach der Modebranche haben auch Wellnesshotels und Schönheitssalons Kinder als Kunden entdeckt - oder vielmehr deren zahlungswillige Eltern.

Ob spezielle Schokomassagen, Haarschnitte oder Maniküren: Viele Anbieter haben sich auf die Bedürfnisse der Kleinen eingestellt. Dabei treiben die Angebote hierzulande längst nicht so skurrile Blüten wie in den USA. Dort sind in manchen Kreisen selbst Augenbrauenzupfen und die ein oder andere Korrektur bei Kindern keine Seltenheit mehr. In Deutschland setzen Hotels und Salons vor allem auf kindgerechte Verwöhnprogramme.

«Wir wollten ein Angebot auch für Kinder schaffen, wenn die Eltern bei uns sind», sagt die Kosmetikerin Christine Homburger vom Hotel Maritim in Titisee-Neustadt. Seit drei Jahren stehen Schokosahne-Bad, Schokomassage und spezielle Beauty-Behandlungen für Teenagerhaut auf dem Programm des Wellness-Hotels. Zur Kundschaft gehören vor allem 8- bis 15-Jährige, im Ausnahmefall sind auch Vierjährige dabei. Einer Vierjährigen mal die Nägelchen zu lackieren, hält Homburger nicht für verwerflich.

Dabei weiß sie um die Kritik mancher Pädagogen und Psychologen, die angesichts solcher Angebote um das Seelenheil der Kinder bangen. «Wenn eine Vierjährige wie Mama sein will und ihren Lippenstift oder Nagellack ausprobiert, ist das völlig normal und auch gut», sagt zwar der Erziehungswissenschaftler und Psychologe Wolfgang Bergmann aus Hannover. Für bedenklich aber hält er es, wenn solcherlei Aktionen und Wellness-Aufenthalte zur Regel werden.

«Mal ist das völlig okay. Aber durch eine Regelmäßigkeit wird den Kindern vermittelt: So, wie ich jetzt bin, bin ich nicht liebenswert», sagt Bergmann. Das gelte nicht nur für Schönheitsbehandlungen, sondern auch für Verwöhnprogramme. «Kinder haben sich und ihren Körper oft noch gar nicht kennengelernt», sagt er und weist darauf hin, dass die Kinder bei professionellen Massagen nahezu passiv sind. «Da besteht die Gefahr, dass sich ein extrem egozentrisches Ich-Gefühl entwickelt - und dieser kleine Mensch zu einem narzisstischen Charakter wird.»

Im schlimmsten Fall würde vor allem den Mädchen ein Perfektions-Ideal vermittelt, in dem Natürlichkeit kaum noch vorkomme. Und Streicheleinheiten der Eltern könnten Profi-Massagen ohnehin nicht ersetzen.

Das Spa & Wellness Resort «Romantischer Winkel» in Bad Sachsa (Niedersachsen) setzt bei seinem speziellen Kinder-Beauty-Programm auch auf Gesundheitsvorsorge. Neben einer Aroma-Wohlfühlmassage und einem Wellnessfriseur bietet das Fünf-Sterne-Haus auch einen «Medical-Kids-Check» und Sportstunden zur Schulung von Körperhaltung und Beweglichkeit. All das soll «neue Kraft für die alltäglichen Herausforderungen wie Schule, Hausaufgaben, Musik- oder Ballettunterricht» geben. «Und in Sachen Kosmetik geben wir den Teenagern auch oft noch Tipps für zu Hause mit», sagt Sprecherin Tanja Becker.

Christine Homburger weist darauf hin, dass bei den Behandlungen in ihrem Haus ausschließlich natürliche Stoffe verwendet werden. So haben Hautärzte grundsätzlich auch weitaus weniger Bedenken als die Pädagogen, wenn es um die neuen Wellness-Angebote für Kinder geht: «Die Vorschriften für Pflege- und Kosmetikprodukte für Kinder sind genauso streng wie für Erwachsene», sagt der Dermatologe Prof. Dietrich Abeck aus München. Daher seien die meisten Behandlungen völlig unbedenklich. Lediglich Peelings seien für die empfindliche Kinderhaut nicht unbedingt zu empfehlen.

Und auch bei Pasten und Salben, die Fruchtsäure enthalten, sei Vorsicht geboten, weil diese die Haut irritieren könnten. Darüber hinaus sei aber wenig zu beachten. «Grundsätzlich gilt sowieso, dass normale Kinderhaut gar keine spezielle Pflege braucht - außer bei extremer Kälte und bei viel Wasserkontakt», sagt der Dermatologe. Ein Selbstgänger sind die Wellness-Angebote für Kinder aber nicht.

Wenig Erfolg hatte zum Beispiel Diana Miller mit ihrem Salon «Noemi & Friends» in München. Sie wollte in Schwabing die ganze Familie mit Haarschnitten und Beauty-Behandlungen versorgen. Aber es fehlte die Stammkundschaft: «Die meisten kamen als besonderes Highlight, aber ganz selten regelmäßig», sagt Miller. Für 29 Euro bekamen die Jungs einen Standardschnitt, für Mädchen kostete der schon 32 Euro. Vielen war das auch im Szeneviertel wohl zu viel Geld.