Vom Sinn und Unsinn mitwachsender Betten
Bad Honnef/dpa. - Eltern kennen das Phänomen: Lagen Sohnemann oder Töchterchen eben noch winzig klein in der kuscheligen Wiege, brauchen sie schon bald ein richtiges Gitterbett. Und auch das passt nicht ewig.
Damit die Wachstumsschübe der Sprösslinge den Geldbeutel von Mama und Papa nicht zu sehr strapazieren, haben sich findige Designer längst Konzepte für mitwachsende Betten ausgedacht. Über deren Sinn oder Unsinn lässt sich allerdings streiten.
«Im Prinzip muss das jeder für sich entscheiden», sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) in Bad Honnef. «Die einen bevorzugen vergrößerbare Betten, die anderen solche, die sich später als Schreibtisch oder Sofas nutzen lassen. Und wieder andere vererben ihre Kindermöbel innerhalb der Familie, so dass ein Mitwachsen gar nicht nötig ist.»
Das Maximum an Wirtschaftlichkeit erreichen Betten, die sich tatsächlich von Geburt an bis zum Jugendalter nutzen lassen. Ein Beispiel dafür ist das Modell «Sleepi» vom Hersteller Stokke aus Sindelfingen (Baden-Württemberg): Als Minibett gleicht das oval geformte Bett einem Nest, später lässt es sich erst zum Gitterbett, dann schließlich zum Kinderbett erweitern und ganz zum Schluss als zwei einzelne Sessel drapieren.
Bei solch einem Konzept sei es allerdings wichtig, auf zeitloses Design zu setzen, rät Jasmin Gropp, Architektin und Designerin aus Hamburg. Unter dem Label «der neunte» entwirft sie Betten, in denen nach der Wiege bis zur Teeniezeit gekuschelt und geschlafen werden kann. Dabei verzichtet sie bewusst auf jeglichen Schnickschnack.
«Ein Kinderbett im Piratenlook ist sicher ganz hübsch. Aber kein 13-Jähriger möchte noch im Seeräuberschiff schlafen», so Gropp. Lieber sollte ein Bett mit Stoff selbst in ein Märchenschloss verwandelt werden. «Den kann ich dann schnell wieder entfernen, wenn er uncool wird.»
Auch bei den Abenteuerbetten von Billi-Bolli aus Ottenhofen (Bayern), die dank Gitterabgrenzung von Geburt an nutzbar und je nach Alter des Kindes in der Höhe verstellbar sind, lässt sich deshalb alles verspielte Zubehör wieder abmontieren.
Trotzdem hält der Innenarchitekt und Kinderzimmereinrichter Oliver Beil aus Düsseldorf nicht viel von solchen «Mitwachs-Konzepten». «Es ist nicht sinnvoll, von Geburt an bis zur Volljährigkeit in denselben Möbeln zu wohnen. Das hat auch etwas Symbolisches, denke ich.» Kein Kind wolle ewig im gleichen Bett liegen. «Und außerdem kann sich doch jeder an die eigene Jugend erinnern, in der er sich irgendwann für sein Kinderzimmer geschämt hat. Wenn da dann auch noch ein umgebautes Babybett drin steht, dann ist das einfach peinlich.»
Das Bedürfnis nach Veränderung verspürten übrigens nicht nur die Kinder selbst, sondern oft genug auch ihre Eltern, weiß Susanne Pohlmann, Kinderzimmer-Einrichtungsexpertin aus München, aus eigener Erfahrung. «Ich als Mutter wollte das Kinderzimmer meines Sohnes auch irgendwann umgestalten, weil ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat.»
Eine Alternative zu Betten, die stets nur vergrößert werden können, bietet der Designer Tim Schinkel aus Dömitz (Mecklenburg-Vorpommern) mit seinem Modell «Mio». Durch eine spezielle Matratze mit Mulde bereits als Babybett nutzbar, kann Mio zum Schreibtisch umfunktioniert werden. Nichts erinnert dabei noch an das alte Kinderbett - und die Eltern ersparen sich wenigstens die Kosten für den Arbeitsplatz, wenn der Sprössling in die Schule kommt.
Denn Neueinrichten ist immer auch eine Geldfrage, gibt Oliver Beil zu. «Allerdings lassen sich doch gerade Kinderbetten prima vererben - sei es ans eigene Geschwisterchen oder innerhalb von Familie und Freundeskreis», sagt der Experte. Das Weiterreichen solcher Erbstücke spare nicht nur Geld, sondern sorge obendrein für etwas Nostalgie. «Es gibt aus meiner Sicht als Innenarchitekt nichts Schöneres, als mit einzelnen Highlights zu arbeiten, die vielleicht nicht ins Wohnkonzept passen, aber von Opa und Oma stammen.»
INFO: Tipps zum Kinderbetten-Kauf
Bei Baby- und Gitterbetten sowie bei Hoch- und Etagenbetten ist der Fallschutz besonders wichtig. Außerdem sollte auf die Abstände der einzelnen Bauteile zueinander geachtet werden, damit kein Köpfchen, Finger oder Fuß eingeklemmt werden kann. Ganz wichtig ist aber auch die Schadstofffreiheit der Materialien. Sämtliche Lacke, Öle und Lasuren sollten giftfrei sein, da gerade Kleinkinder Möbelteile gerne in den Mund nehmen. Wer mag, kann darüber hinaus auch auf abgerundete Ecken und Kanten achten - je weniger Möglichkeiten, sich zu stoßen, desto weniger Beulen wird es geben.