Vögel im Wohnzimmer Vögel im Wohnzimmer: Harmonie ist Glücksache
Ziervögel üben auf viele Menschen von jeher eine große Faszination aus. Ihr farbenfrohes Gefieder und kunstvoller Gesang scheinen ein wunderbares Stück Natur in die
eigenen vier Wände zu trans-
portieren. Um diesen Eindruck noch zu steigern, entscheiden sich manche Vogelfreunde irgendwann sogar für eine gemischte Volière. Doch das friedliche Zusammenleben verschiedener Arten ist im Tierreich nicht immer einfach. Damit im Vogel-Heim nicht ständig die Federn fliegen, muss der Mensch sehr viel Fachkenntnis und großes Fingerspitzengefühl mitbringen.
"In der freien Natur steht allen Vögeln ein riesiger Lebensraum zur Verfügung", sagt Heidrun Betz vom Deutschen Tierschutzbund in Bonn. "Die Haltung in Gefangenschaft ist das genaue Gegenteil - die Tiere haben kaum Flugraum." Zu kleine Käfige und Vereinsamung sind häufige Probleme, die nach Beobachtung der Tierschützer allerdings eher aus Unwissenheit als aus böser Absicht entstehen. "Für Ziervögel in menschlicher Obhut gilt, dass sie viel Platz und die Gesellschaft von Artgenossen brauchen, sie sollten also immer mindestens paarweise gehalten werden."
Nur in der Gemeinschaft mit ihren Artgenossen kann sich nämlich das vielschichtige Sozialverhalten der Vögel richtig entwickeln. Dazu gehören zum Beispiel die gegenseitige Gefiederpflege, das Füttern und Spielen, aber auch das Austragen kleiner Streitigkeiten. "Besonders tiergerecht und eine optisch ansprechende Alternative zum klassischen Käfig ist die Einrichtung einer geräumigen Zimmervolière für mehrere Vögel", erklärt Heidrun Betz.
Zu den in Deutschland am häufigsten gehaltenen Ziervögeln zählen die Nachzuchten von Wellensittichen, Kanarienvögeln, Nymphensittichen und Prachtfinken. "Alle diese Vögel sind Schwarmvögel", sagt Astrid Behr vom Bundesverband Praktischer Tierärzte in Frankfurt. Sie lebten von Natur aus nicht allein, sondern in Schwärmen ihrer Art. Werden die Vögel in kleineren Gruppen gehalten, muss der Mensch auf die Geschlechterverteilung achten. Sie sollte grundsätzlich so ausfallen, dass auf einen Hahn mehrere Weibchen kommen: "Sind die Männchen in der Überzahl, können sie sich heftig bekämpfen."
Ob Vögel in Gefangenschaft sich untereinander verstehen, ist auch für Experten im Voraus schwer einzuschätzen. "Das ist allerdings in der Natur nicht anders", weiß Astrid Behr. "Auch zwischen Vögeln eines Schwarms muss nicht automatisch Harmonie herrschen. Der Unterschied ist, dass frei lebende Vögel immer genug Platz haben, um einander aus dem Weg zu gehen."
Wer verschiedene Arten in einer Volière zusammenleben lassen möchte, sollte unbedingt Größenunterschiede der Vögel vermeiden. Zur Sicherheit sollten auch nicht mehr als zwei Arten ein Vogelheim miteinander teilen. Dabei darf keine der anderen zahlenmäßig überlegen sein: "Vorstellbare Wohn-Kombinationen sind zum Beispiel Wellensittiche mit Nymphensittichen einerseits, sowie Kanarienvögel mit Prachtfinken andererseits", sagt Tierärztin Behr.
"Anfänger sollten auf keinen Fall mit einer gemischten Volière beginnen", rät Klaus Oechsner, Präsident des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe. Dazu seien langjährige Erfahrung in der Ziervogel-Haltung, viel Fingerspitzengefühl und fundierte Kenntnisse verschiedener Vogelarten notwendig.
Bei der Anschaffung sind Vogelfreunde gut beraten, den Tipps der Profis zu folgen. Raten zum Beispiel der Zoofachhändler, der Züchter oder die Mitarbeiter des Tierheims von einer bestimmten Vogel-Kombination ab, sollte man dies unbedingt ernst nehmen: "Wer als Käufer etwa nur danach schaut, welche Vögel farblich gut zu einander passen, handelt verantwortungslos und ganz sicher nicht im Interesse der Tiere", warnt Klaus Oechsner. Daheim werden verschiedene Vogelarten zur Sicherheit für mehrere Tage in getrennten Käfigen untergebracht. Diese Zeit der Eingewöhnung hat zwei Funktionen: "Wenn die Vögel durch das Gitter schnäbeln und trillern, ist das ein gutes Zeichen", weiß Klaus Oechsner. "Die Tiere können dann unter Aufsicht auch schon einmal zusammengebracht werden, zum Beispiel bei einem gemeinsamen Freiflug im gesicherten Zimmer."
Solche Eingewöhnungskäfige sollten auch immer dann vorhanden sein, wenn zu einer bestehenden Vogelgruppe neue Tiere hinzukommen. Der Käfig dient dann als eine Art Quarantäne-Station zur Vorbeugung gegen möglicherweise eingeschleppte Bakterien oder Krankheiten. Die erste Harmonie kann allerdings auch trügerisch sein: "Es gibt keine hundertprozentige Garantie, dass bestimmte Vögel sich dauerhaft vertragen", sagt Klaus Oechsner.