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Ungewöhnliches Wohnprojekt in Düsseldorf Ungewöhnliches Wohnprojekt in Düsseldorf: Deutschlands größte WG

Von Benjamin Haller 24.02.2006, 19:38

Düsseldorf/dpa. - In einem Monat sollen es schon 40 Mitbewohner sein. Vor einem Jahr hatte Klaus Moskop (42) die Idee zu "Deutschlands größter WG" und machte sich umgehend an deren Umsetzung. Nun ist ein umgebautes Autohaus samt angrenzender Wohnungen Heimstätte eines "bunten Sammelsuriums von Leuten".

Das Herz der Wohngemeinschaft schlägt am großen Küchentisch. Hier sitzen allabendlich Anwälte, Studenten, Hartz-IV-Geld-Empfänger, Werber, Stahlhändler und der Chefkonditor eines großen Hotels zum gemeinsamen Essen zusammen. Hier klingt bei Altbier, Spanferkel und Zigarren der Tag aus. "Es ist bei uns so interessant, weil alle unterschiedliche Charaktere sind", preist Natasha die Vorzüge ihrer "Patchwork-Familie" an. Die 24-jährige Hamburgerin ist vor vier Monaten zum Architekturstudium nach Düsseldorf gezogen. "Um Leute in neuer Umgebung kennen zu lernen, ist unsere WG ideal."

Auch "Herbergsvater" Klaus zieht nach einem Jahr stolz Zwischenbilanz: "Alle verstehen sich, es gab noch nie einen offenen Konflikt, und wir können uns vor Anfragen kaum retten." Mehr als 150 Bewerber würden auf der Warteliste stehen.

Kein Wunder, schließlich hat das "WG-Café" eine Menge Vorzüge. Für eine Miete zwischen 300 und 400 Euro pro Monat steht den "Kommunarden" Köchin, Putzkraft sowie freier Telefon- und Internetanschluss zur Verfügung. "Sauberkeit, Geldangelegenheiten, die Umverteilung von Diensten - wo es in anderen WGs Streit gibt, haben wir keine Probleme", erläutert Klaus sein All-inclusive-Angebot.

Während für den Internetunternehmer das Wohnexperiment eine Lebensaufgabe ist, betrachten die meisten das "WG-Café" als Durchgangsstation. "Mit der Idee, bis zum Sanktnimmerleinstag hier zu wohnen, kommt keiner hierher", sagt Alexander.

Manchmal habe man schon das Bedürfnis nach etwas mehr Ruhe und Privatleben, pflichtet ihm Mitbewohnerin Nathalie bei. Das 19-jährige "WG-Nesthäkchen" macht derzeit ein Praktikum bei einem Düsseldorfer Theater und will noch "maximal ein Jahr" bleiben. Den Haustürschlüssel muss sie dann aber nicht abgeben: Allen Ex-Bewohnern steht das "WG-Café" jederzeit offen.

Doch egal, ob sie schon nach kurzer Zeit wieder ihre Koffer packen wollen oder sich für länger einrichten - von der Idee der Groß-WG sind alle begeistert. "Hier ist der Zeitgeist. Für mich ist die WG eine Essenz der momentanen gesellschaftlichen Neuordnung", sagt WG-Senior Stefan. Nach der Trennung von seiner Familie hat der 45-jährige Chirurg Unterschlupf gesucht, um nicht alleine zu sein. "Hier gibt es nicht nur Halli-Galli, sondern auch viele intensive Situationen."

Den Erfolg seines Wohnexperiments führt "WG-Papa" Klaus auf die veränderten Lebensbedingungen im 21. Jahrhundert zurück. Bei zunehmendem Berufs-Nomadentum und überteuerten Mieten werde die WG als Lebensform eine Renaissance erleben. "Diese Art des Wohnens wird in ganz Deutschland wieder entdeckt werden."

Weitere Infos im Internet unter www.wgcafe.de