Ungewöhnliche Kreationen: Brotaufstrich aus Kartoffeln
Gladau/dpa. - Sigrid Rau kennt diesen skeptischen Blick, wenn die Besucher auf Bauernmärkten und Hoffesten die Gläser mit ihrer Kartoffel-Marmelade entdecken. «Es ist immer die gleiche Reaktion: Die Leute rümpfen zuerst die Nase», erzählt die Geschäftsfrau aus Gladau.
Doch immer überwiege die Neugier, und die Leute würden von dem Brotaufstrich auf Kartoffel-Basis probieren. Dabei dürfte jeder auf seine Kosten kommen, denn die Geschmacksrichtungen reichen von exotisch-fruchtig mit Kokos und Ananas bis pikant-feurig mit Vogelbeeren und Chilipulver.
Wer es etwas edler mag, für den ist die Sektgelee-Variante mit Blattgold das richtige. Mehr als 60 Sorten an Brotaufstrichen, Senf, Kartoffellikör und Pralinen produziert die 66-Jährige. Das Angebot wechselt immer wieder - je nachdem, welche Früchte reif sind.
Schon immer hat die gebürtige Berlinerin Marmelade gekocht, vor vier Jahren erstmals mit Kartoffeln. Sie habe zum Kartoffelfest in Genthin etwas mit der Knolle präsentieren wollen, das noch keiner hat. «Kartoffeln haben ja nicht viel Eigengeschmack», sagt Rau. Also habe sie mit verschiedenen Zutaten experimentiert. Heraus kamen fünf Sorten Marmelade. «Die gingen auf dem Kartoffelfest weg wie nichts.»
Einen weiteren Schub erhielt das Geschäft bei einem Wettbewerb 2007 in Berlin. Von 64 Marmeladen gewann Raus Kreation mit Kartoffeln und Krokant den ersten Preis. Die Siegermarmelade ließ sie sich auch gleich patentieren. Die Zahl der Abnehmer stieg, und Rau musste immer mehr produzieren. Bis nachts um drei Uhr stand sie schon in der Küche, bis zu 3000 Gläser im Monat hat sie schon gefüllt.
«Mit diesem Zuspruch habe ich nie gerechnet», sagt die gelernte Sekretärin, die früher mit ihrem Mann in der Nähe von Siegen in Nordrhein-Westfalen drei Brautmodengeschäfte führte. Heute beliefert sie Läden in ganz Deutschland. Neuerdings sind die Kartoffel-Marmeladen sogar in Turin zu haben. Doch auf Märkte geht Rau nach wie vor, denn auf den Kontakt zu den Menschen und das direkte Echo auf ihre Marmeladen möchte sie nicht verzichten. So wie die 66-Jährige sind in Sachsen-Anhalt laut Agrarmarketing- Gesellschaft immer mehr Produzenten als Direktvermarkter aktiv. Sie verkaufen ihre Waren auf dem eigenen Bauernhof oder auf Wochenmärkten.
Für die Marmeladen-Produktion eignen sich am besten mehlig- kochende Kartoffelsorten. Sigrid Rau selbst verwendet fast nur die Sorte Adretta. Anders als bei herkömmlichen Marmeladen ist der Zuckeranteil wesentlich geringer. «Süß genug sind sie dennoch», versichert Rau. Die Rezepte für den Brotaufstrich sind streng geheim - nur das für ihre Lieblingsmarmelade, die Grüne-Tomaten-Marmelade mit Apfelsine, Zitrone und Ingwer, gibt sie preis. Die habe schon ihre Oma gekocht, erzählt Rau.
Ein Ende der Marmeladen-Produktion hat sie nicht geplant. Die 66-Jährige hat bereits Einfälle für neue Kreationen im Kopf, wie die mit Vogelbeeren und Sanddorn. Dass Rau noch lange nicht ans Aufhören denkt, zeigt auch die Tatsache, dass sie sich in ihrem Haus - dem früheren Dorf-Konsum - eine professionelle Küche einrichtet. Nebenan plant sie einen kleinen Laden, in dem die Marmeladen verkauft werden.
Anhaltinische Schlemmer-Manufactur: www.schlemmern-sa.de