Trend Trend: Hausschuhe sind daheim wieder im Kommen

Offenbach/dpa. - Lieber kalte Füße haben als in plumpen Pantoffeln durch die Wohnung patschen - das Image von Hausschuhen galt lange als reichlich angestaubt. Höchstens Kleinkinder und Senioren trugen die Schlappen aus Filz oder Plüsch. Doch seit kurzem polieren die Designer den verpönten Pantoffel kräftig auf: Nieten und Glitzer, knallige Farben und neue Materialien sollen den Schlappen und seine Verwandten vom Nischenprodukt zum Trendartikel machen.
Zu den Vorreitern der Bequemlichkeitswelle zählt das Traditionsunternehmen Birkenstock, dessen Modelle sich bislang vor allem in der «Öko-Fraktion» großer Beliebtheit erfreuten. Die Firma aus Vettelschoß (Rheinland-Pfalz) engagierte für die Verjüngungskur das Top-Model Heidi Klum. Die Blondine lässt beispielsweise auf dem Modell «Topaz» Nieten und Straßsteine glänzen und funkeln. 219 Euro kostet der Edel-Clog, dennoch läuft der Absatz bestens: «Die Kollektion kommt weltweit sehr gut an», freut sich Marco Picado von der Birkenstock-Pressevertretung.
Auch sonst kann die Hausschuh-Fraktion derzeit nicht klagen: Einen Zuwachs um 30 Prozent verzeichnet etwa die Schuhhandelskette Ludwig Goertz aus Hamburg seit 2001. «Die Nachfrage steigt stetig. Für diesen Winter haben wir schon jetzt mehr eingekauft als in den Vorjahren», so Pressereferentin Michaela Witz.
Warum die Schlappe plötzlich hipp ist, hat verschiedene Gründe. Jungen Labels wie Miss Sixty, Marc O' Polo und Esprit sei es gelungen, eine völlig neue Zielgruppe für Hausschuhe zu begeistern, sagt Michaela Witz: «Das sind modebewußte Menschen ab 15, die vorher lieber auf Strümpfen gingen als in muffeligen Pantoffeln vor den Freunden als uncool zu gelten.» Doch habe man diese Zielgruppe erst einmal geködert, könne man ihr sogar die traditionellen Großvater-Puschen verkaufen.
Dem Imagewandel auf die Sprünge geholfen hat auch der Walkspezialist Giesswein Walkwaren aus Brixlegg in Österreich, dessen warme Wollpuschen zuvor vorwiegend von Skihütten-Bewohnern getragen wurden. Um neue Zielgruppen anzusprechen, hat man hier vor vier Jahren den Begriff «Loungewear» erfunden. «Damit können sich nun auch Menschen identifizieren, die sich sonst niemals einen normalen Hausschuh gekauft hätten», so Vertriebsvorstand Jürgen Langensiepen.
Doch mit dem neuen Namen allein war es nicht getan. Erstmals mit der Frühjahr-Sommer-Kollektion 2003 zeigte Giesswein am Zeitgeist orientierte Freizeit-Puschen: Indoor-Pantoffeln mit applizierten Jeans-Elementen in Five-Pocket-Optik etwa oder elegante Pantoffeln mit Holzsohle und Blumenapplikationen auf der ledergefütterterten Bandage. Diesen Winter folgt bei Giesswein eine «neue Folklore»: «Sieben Jahre Tibet» ist einer der Trends, unter dem Walkboots mit Bordürenstick im Ethno-Look laufen. Ein weiterer Trend wurde «Angora» getauft. Dahinter verbergen sich hohe Slipper mit leichtem Angora-Strick im Obermaterial, das drei Mal wärmer sein soll als Schurwolle.
Auch wenn die Bequemlichkeit die Hauptsache ist - das Design spielte bei Pantoffeln von jeher eine wichtige Rolle. «Schon im Orient war der Pantoffel beliebt», erzählt Rositta Nanno vom Schuhmuseum in Offenbach. «Damals wurde die hintere Klappe an der Ferse einfach runtergetreten, was für die Moslems, die mehrmals am Tag in die Moschee gehen, einfach praktisch war, weil sie schnell aus dem Schuh herausschlüpfen konnten.» Straß und Glitzer fanden sich damals zwar noch nicht auf den Schuhen, aber auch die Urahnen des modernen Hausschuhs waren oft reich verziert: «Die Pantoffeln waren rundherum meist aufwendig bestickt», sagt Nanno.
«Es wird immer wichtiger, dass Hausschuhe nicht wie Hausschuhe aussehen», beobachtet Jürgen Langensiepen und macht die Veränderungen in der Arbeitswelt dafür mitverantwortlich: «Immer mehr Menschen arbeiten in den eigenen vier Wänden. Da gilt es, sich mit seinem Schuhwerk vor Geschäftsfreunden nicht zu blamieren.» Giesswein setzt daher auf schmale Formen und qualitativ hochwertige Materialien.
Einen speziellen «Heimvorteil» hat die Birkenstock-Sandale. Sie wird nicht sofort als Hausschuh enttarnt. «Birkenstock hat sich nie als Hausschuh und immer schon als Gesundheits- und Freizeitschuh gesehen, der sowohl auf der Straße als auch zu Hause getragen wird», so Picado. «Die Grenzen zwischen Indoor- und Outdoor-Schuhen wird immer fließender», bestätigt Michaela Witz. So sei zu beobachten, dass die im Sommer angesagten Flip-Flops sowohl auf der Straße als auch auf dem Wohnzimmer-Teppich getragen werden. «Da beeinflusst die Sommermode die Hausschuhmode und umgekehrt.»
