Teure Renovierungsfallen Teure Renovierungsfallen: Bei Wohnungsbesichtigung auf Mängel achten

Köln/Berlin/dpa. - Das böse Erwachen kam, als die Tapete von der Wand war. Voller Elan waren die Mieter an die Renovierung der neuen Wohnung gegangen, doch mit dem alten Wandschmuck kam ihnen auch der halbe Putz entgegen. Schließlich musste sich ein Fachmann der Wand annehmen, und die Mieter durften tief in die Tasche greifen. Denn ihr Vermieter stellte sich stur und war damit zumindest rechtlich auf der sicheren Seite. «Wenn es nicht anders im Mietvertrag vereinbart ist, gilt: wie gesehen so genommen», erläutert Norbert Schönleber, Anwalt für Mietrecht in Köln. Nachverhandlungen sind dann meist wenig erfolgreich. Schon bei der Besichtigung sollten sich Mietinteressenten deshalb den Zustand der Wohnung genau ansehen.
Jegliche Mängel sind in einem Übernahmeprotokoll präzise festzuhalten, raten die Mieterschutzvereine - egal ob zerkratzter Parkettboden, gesprungene Waschbecken oder völlig verdreckte Teppichböden. «Selbst wenn einen das selbst gar nicht stört, sollte man diese Fehler schriftlich festhalten, denn möglicherweise beanstandet der Vermieter oder der Nachmieter dann beim Auszug diese Mängel», warnt Claus Deese, Geschäftsführer des Mieterschutzbundes Recklinghausen. Gleiches gelte etwa für eine fehlende Tür. «Das ist zwar ein offensichtlicher Mangel, der aber als akzeptiert gilt, wenn er vor oder bei Vertragsabschluss nicht zur Sprache kam», so Deese.
Auf die Kooperation des Vermieters kommt es in den meisten Fällen dann auch an. «Wenn ein Mieter den Holzboden abschleifen lassen will, ist das eine freiwillige Leistung», sagt Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbundes (DMB) in Berlin. Der renovierungswillige Mieter habe dann nur zwei Möglichkeiten: Entweder er trägt die Kosten alleine - oder er überzeugt den Vermieter, dass dadurch die Wohnung aufgewertet wird, so dass sich der Wohnungsbesitzer finanziell an den Renovierungsarbeiten beteiligt.
«Wie erfolgreich solche Verhandlungen sind, ist regional sehr unterschiedlich», so Ropertz. Auf einem hart umkämpften Wohnungsmarkt wie in vielen Großstädten hätten es die meisten Vermieter gar nicht nötig, auf Mieter-Forderungen einzugehen - «schließlich zwingt einen keiner, die Wohnung zu nehmen». Der Vermieter habe da freie Hand. «Er kann auch eine völlige leere und unrenovierte Wohnung vermieten.»
Anders erging es zum Beispiel der Buchhändlerin Katharina Weiß in Wiesbaden. Schon bei der Besichtigung fragte sie den Vermieter, ob sie den vergammelten Teppichboden durch Laminat ersetzen dürfe und ob sich der Besitzer an den Kosten beteiligen möchte. Der Eigentümer war sofort begeistert, holte Angebote von Handwerkern ein und übernahm die Hälfte der Rechnung für Material und Verlegen. Er hielt die Ausgaben für eine sinnvolle Investition in die Immobilie.
«Vorsicht ist geboten, wenn man größerer Veränderungen an der Wohnung vornimmt ohne den Vermieter zu informieren», warnt Anwalt Schönleber. Im schlimmsten Fall könne der dann beim Auszug verlangen, den mühsam verlegten Parkettboden, die eingebaute Badewanne oder die Gasleitungen für den schicken Herd wieder herauszureißen.
Grundsätzlich sind die Wohnungseigentümer für die regelmäßigen Schönheitsreparaturen wie Neuanstriche nach - je nach Raum - drei, fünf und sieben Jahren verantwortlich. «Doch in der Praxis willigen die Mieter im Vertrag meist ein, diese Arbeiten selbst zu übernehmen», sagt Ropertz.
Zu Streitfällen kommt es nach Erfahrung des Malers und Lackierers Hans Abraham aus Wiesbaden häufig, wenn die Vermieter glaubten, die Renovierungsarbeiten seien nicht ordnungsgemäß gemacht worden. Laien machten am häufigsten den Fehler, umweltverträglichen Dispersionslack statt Kunstharzlack zu verwenden, so Abraham, der seit 40 Jahren im Geschäft ist und in Streitfällen häufig als Sachverständiger zu Rate gezogen wird. «Dispersionslack hat nicht die gleiche Qualität und lässt sich wesentlich schwerer verarbeiten», warnt Abraham.
Der Handwerksmeister rät Mietern, schon vor dem Einzug genau zu prüfen, ob der Untergrund an Wänden, Fensterrahmen und Türen überhaupt tragfähig ist. «Gerade bei Altbauten sind die Stuckdecken häufig mit so genannter Leimfarbe behandelt, die erst entfernt werden muss, bevor der Untergrund einen neuen Anstrich verträgt.» Auch bei Raufasertapeten müsse genau darauf geachtet werden, dass ein erneuter Anstrich überhaupt möglich ist: «Sonst kommt einem die Tapete möglicherweise sofort entgegen, und die kleine Streichaktion entpuppt sich als umfangreiche Renovierung.»