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Facebook-Gruppe "Deutschlands Schönheiten" Die Facebook-Gruppe "Deutschlands Schönheiten" hat mehr als 260.000 Mitglieder. Die Nutzer posten dort Bilder von sich - unter anderem zeigen sich junge Mädchen deutlich älteren Männern. Warum tun sie das? Ein Selbstversuch.

Von Torben Richter 06.03.2014, 12:58
Das Titelbild der Facebook-Gruppe „Deutschlands Schönheiten”.
Das Titelbild der Facebook-Gruppe „Deutschlands Schönheiten”. Screenshot: KStA Lizenz

Als mein Handy vibrierte und mir mitteilte, dass ich durch eine Einladung bei Facebook jetzt Mitglied der Gruppe „Deutschlands Schönheiten“ sei, war ich verwirrt. Weder bin ich eine ausgesprochene Schönheit, noch bin ich jemals wissentlich dieser Gruppe beigetreten. Ich ignorierte die Nachricht, Zuhause angekommen packte mich aber doch die Neugier. Was mochte sich hinter diesem Titel verbergen? Ich öffnete die Gruppe bei Facebook – und war schockiert: „Deutschlands Schönheiten “ hat mehr als 260.000 Mitglieder. Wie konnte ich davon noch nie gehört haben? Noch erstaunlicher ist aber, was in der Gruppe „Deutschlands Schönheiten“ gepostet wird: Unzählige junge Menschen, vornehmlich junge Frauen und Mädchen, teilen dort Bilder von sich. Vor dem Spiegel, auf dem Boden liegend, in der Bahn sitzend - der Großteil dieser Bilder ist mit dem Handy aufgenommen.

Ein typisches Beispiel: Marlen, ein junges Mädchen, 14 Jahre alt, braune Haare, Brille. Über das Foto schreibt sie: „Meinung?:)“. In den Kommentaren sagen ihr andere Facebook-Nutzer, wie sie das Aussehen des Mädchens beurteilen. Die Kommentare gehen von „Einfach nur schön“ über „Alienmischling“ bis „Mein Handy bekommt AIDS, wenn es dich anzeigt“.

Zu junge Mädchen zeigen sich zu alten Männern

Nur wenige Bilder weiter hat eine Vivien ihr Bild hochgeladen. Auch sie hat dunkle Haare, kippt den Kopf leicht seitlich und blickt in die Kamera. Sie schreibt: „es ist ein neutrales bild von mir:)
also los schreibt eure Meinungen drunter:-*“. Sieben Personen gefällt das, ein Nutzer fragt Vivien, ob sie einen dreifachen Verkehrsunfall gehabt habe. Ein anderer User erkundigt sich, ob man bei ihr inmitten einer Geschlechtsumwandlung aufgehört habe. Vivien liest all diese Kommentare, beim ersten „Süss“ bedankt sie sich. Vivian sieht nicht älter aus als 10, der User, bei dem sie sich bedankt, heißt Christian und fordert sie auf, ihm eine Freundschaftsanfrage zu schicken – seinem Profil nach hat Christian 1991 die Schule beendet und ist Elektroinstallateur. Auch bei der 14-jährigen Marlen hat er einen Kommentar hinterlassen: „scharf echt hübsch macht lust auf mehr bilder“.

Ich fand abstoßend, was in dieser Gruppe passierte. Viel zu junge Mädchen, die ihre Bilder einem viel zu alten Publikum zeigen. Trotzdem klickte ich den Reiter auf meiner Facebookseite immer wieder an. Denn ich fand auch faszinierend, wie sich so junge Menschen freiwillig einer solchen Wucht an Kritik aussetzen können. Gleichzeitig fragte ich mich, ob ein lobender Kommentar eines wildfremden Menschen ein so tolles Gefühl ist, dass sich die zu erwartenden hämischen Kommentare lohnen.

Ich machte also mit meinem Handy ein Foto vor einem Spiegel. Es ähnelte den Bildern, die auch andere in der Gruppe posteten, es war nicht besonders schön, nicht besonders abstoßend. Das Ergebnis teilte ich in der Gruppe „Deutschlands Schönheiten “ – mit einem gewissen Maß an Aufregung.

Nacktfotos verweisen auf Pornoseiten

Doch dann passierte erst einmal nichts. Ein Administrator der Gruppe musste mein Bild freischalten – was gleichzeitig die Frage aufwarf, wie die Nacktfotos von jungen Frauen auf die Seite gestellt werden konnten, die auf eine kostenpflichtige Pornoseite verwiesen und offensichtlich nicht von den Frauen auf den Bildern hochgeladen wurden.

In der Gruppe gibt es bestimmte Regeln, die einzuhalten sind. „Unnötige Kommentare sind zu unterlassen“, „Nacktbilder sind strengstens untersagt!“. Auch Beleidigungen können den zwei Administratoren gemeldet werden, allerdings „keine Kleinigkeiten“. Jeder müsse mit Kritik umgehen können, sagen die Gruppengründer.

Nach einer Stunde ist es dann soweit: Mein Bild wird mit einigen anderen Fotos freigeschaltet. Ich befinde mich jetzt zwischen einem oberkörperfreien jungen Mann, der seine Muskeln anspannt, und einer jungen Frau, die in Hotpants vor dem Badezimmerspiegel posiert.

Eine Linda drückt bei meinem Foto „Gefällt mir“. Sie schreibt mir eine Nachricht: „Schickes Bild bei Deutschlands Schönheiten:D“. Ich bedanke mich.Eine Stunde später drückt wieder jemand auf den „Gefällt mir“-Button, diesmal eine Anhängerin des FC Schalke 04.

„Ich finde dich nicht schön”

Kurz darauf der erste Kommentar. „Ich finde dich nicht schön“ schreibt ein junger Mann. Einem weiteren gefällt das. Das versetzt mir einen kleinen Stich, obwohl ich ihm ja zustimme. Ich fand mich auf dem Foto auch nicht schön. Doch wie muss es sich dann erst anfühlen, wenn unter ein Bild, auf dem man sich selbst attraktiv findet, etwas noch viel schlimmeres geschrieben wird? Mit „Ich finde dich nicht schön“ bin ich ja, im Vergleich zu Marlen oder Vivien, noch gut weggekommen. Dann kommt schon der zweite Kommentar. Nancy findet mich „hübsch“.  Dann versinkt mein Bild in der Flut der neueren Posts.

Viel schlauer bin ich durch das hochgeladene Bild nicht geworden. Ich fühle mich weder besser noch schlechter. In der Zwischenzeit sind unzählige neue Beiträge veröffentlicht worden.Warum teilen die jungen Menschen hier so massenhaft Bilder? Ich verstehe es nicht. Aber vermutlich bringt es Chrissy auf den Punkt: „keine anung warum alle bilder rein stellen aber okay mach ichs auch“, schreibt sie über ihr Foto. Und Christian gefällt das.