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Schaumwein Schaumwein: Doppelt vergoren und doch köstlich

Von Frank Rumpf 28.12.2005, 14:31

Hamburg/dpa. - «Mit Champagner ist ein Lebensgefühl verbunden», sagt der Master Sommelier Hendrik Thoma vom Hotel «Louis C. Jacob» in Hamburg. Keinem anderen Getränk «wohnt etwas dermaßen Illustres, manchmal vielleicht sogar Frivoles inne». Für die meisten Menschen bleibt Champagner ein Ausnahmegetränk, dessen Vielseitigkeit nicht erkannt wird.

Denn natürlich gibt es mehr als einen Champagner. Auch wenn jeder Schaumwein, der dieses Etikett tragen darf, ausschließlich aus der Champagne kommt. Die Fläche für den Rebbau in der hügeligen Provinz im Norden Frankreichs ist mit 35 000 Hektar gering, doch die Vielfalt ist groß. «Es gibt rund 10 000 registrierte Champagner-Marken», sagt Alain Fion von dem in Reutlingen ansässigen Deutschlandbüro des Erzeugerverbandes CIVC.

Viele von ihnen untergliedern ihr Angebot: Champagner mit oder ohne Jahrgang, nur aus einer Traubensorte gekelterte («Blanc de Blancs») oder aus einem Verschnitt. Außerdem wird der Zuckergehalt variiert, vom sehr trockenen «extra-brut» über «brut», was inzwischen etwa auf 95 Prozent des Absatzes zutrifft, bis zum lieblichen «doux».

«Champagner ist ein Unisex-Getränk», findet Stefan Glückstein. Ihm und seinem Bruder Peter gehört die Bar am Lützowplatz in Berlin, die sich rühmt, mit 125 Positionen die größte Champagnerkarte der Welt zu haben. «Frauen und Männer mögen ihn gleichermaßen.»

Geistliche Kellermeister standen am Anfang der Geschichte. Bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde in der Champagne zwar schon Wein angebaut, doch niemand machte daraus mit Absicht Schaumwein. Diesen Weg verfolgte erst der Mönch Dom Pérignon. Schwung ins Geschäft brachte das 19. Jahrhundert, als die High Societies Frankreichs und Englands nach immer edleren Tropfen dürsteten. Damals entstanden die Champagnerhäuser mit weltweitem Renommee.

Gastronom Glückstein empfiehlt Neulingen, mit bekannten Marken ohne Jahrgangsangabe zu beginnen. Sie sind in jedem größeren Kaufhaus für 25 bis 35 Euro pro 0,75-Liter-Flasche zu haben. Für mutigere Probanden eigneten sich Jahrgangs-Champagner, die meist ein kräftigeres Geschmackserlebnis bieten.

Damit sich die prickelnde Pracht entfalten kann, muss auch das Trinkgefäß stimmen. Kenner betrachten die oft in Filmen gezeigten Schalen mit Schaudern: «Darin verfliegen die subtilen Aromen viel zu schnell», rügt Alain Fion. Noch häufiger werden zu schmale Gläser genommen. Dann kann sich das Aromenspiel nicht entfalten und erreicht nicht die Nase des Genießers. «Tulpenform ist ideal», sagt Fion.

Wenn dann noch die Temperatur stimmt - der Verband schlägt für die Flasche sechs bis acht Grad vor -, dann perlt der Tropfen kühl den Gaumen hinab, tritt dank des Kohlendioxids rasch in die Blutbahn ein und sorgt mit den Worten Hendrik Thomas «zügig für das Quäntchen Leichtsinn, das uns allen manchmal fehlt.»