Rheumatische Erkrankungen Rheumatische Erkrankungen: Angriff auf die Gelenke

Hanna Z., Bernburg: Was ist eigentlich Rheuma? Und wie viele verschiedene Formen gibt es?
Antwort: Grundsätzlich unterscheidet man zunächst entzündlich-rheumatische Krankheiten, degenerative Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen, Weichteilrheumatismus und Stoffwechselerkrankungen mit rheumatischen Beschwerden. Innerhalb dieser Formen ergibt sich eine weitere Aufgliederung nach verschiedenen Krankheitsbildern. Schwerwiegend für das Leben der Betroffenen sind entzündlich-rheumatische Erkrankungen, von denen es mehr als 100 Krankheitsbilder gibt. Die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung in Deutschland ist die Rheumatoide Arthritis. In Deutschland leiden mehr als 400 000 Menschen daran.
Werner G., Halle: Welche Ursachen hat Rheuma?
Antwort: Es gibt nicht nur eine einzige Ursache, und die Ursachen sind bislang noch nicht abschließend erforscht. Degenerative Erkrankungen sind, daher auch der Name, verschleiß- oder altersbedingt. Bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen konnte die Wissenschaft noch keine eindeutige Antwort finden. Vermutlich führt eine ererbte Veranlagung zusammen mit äußeren Faktoren zu einer sogenannten Autoimmunreaktion. Dabei verwechselt das Immunsystem das körpereigene Gewebe mit Infektionserregern wie Viren oder Bakterien und startet eine entzündliche Reaktion.
Klaus Z., Halle: Vor kurzem wurde bei mir Rheumatoide Arthritis festgestellt. Mein Arzt möchte nun mit einer Basistherapie beginnen. Was kommt da auf mich zu?
Antwort: In der modernen Rheumatologie werden als Basismedikamente langwirksame Antirheumatika, auch krankheitsmodifizierende Antirheumatika genannt, eingesetzt. Die Präparate reduzieren und verhindern Schäden, die durch chronische Entzündungen an Gelenkknorpeln und Knochen verursacht werden. Zudem wirken sie schmerzlindernd und entzündungshemmend. Wenn sie nicht ausreichen, um den Verlauf der Erkrankung aufzuhalten, können häufig sogenannte biologische Medikamente zum Einsatz kommen.
Karl P., Halle: Mein Arzt hat mir erzählt, dass sogenannte Biologika meine Schmerzen künftig schneller und andauernd lindern können. Was sind das für Medikamente und wie wirken sie?
Antwort: Biologika sind biotechnologisch hergestellte Medikamente, die gezielt in den Entzündungsprozess eingreifen und in vielen Fällen den Krankheitsverlauf stoppen können. Ein Wirkprinzip der Medikamente ist die Blockade von TNF-alpha. Dabei wird der körpereigene Botenstoff TNF-alpha gehemmt, dem eine Schlüsselrolle bei Entzündungen zukommt.
Christa F., Zeitz: Meine Enkelin (5) hat meiner Ansicht nach Anzeichen von Rheuma, aber meine Tochter behauptet, Rheuma sei eine typische Alte-Leute-Krankheit. Stimmt das?
Antwort: Absolut nicht! Auch viele junge Menschen und sogar Kinder sind betroffen. Etwa 15 000 Kinder und Jugendliche in Deutschland unter 18 Jahren leiden unter Kinderrheuma, der sogenannten Juvenilen Idiopathischen Arthritis (JIA). Sollten Sie den Verdacht haben, dass Ihre Enkelin erste Symptome zeigt – also beispielsweise geschwollene Kniegelenke hat, bestimmte Bewegungen vermeidet oder allgemein nicht mehr laufen will – sollte Ihre Tochter mit ihrem Kinderarzt sprechen.
Horst P., Halle: Meiner Frau sind wegen einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung Tabletten verschrieben worden. Sie nimmt sie aus Angst vor Nebenwirkungen aber nicht. Welche Folgen könnte das haben?
Antwort: Wenn eine entzündlich-rheumatische Erkrankung nicht therapiert wird, kann es unter anderem zur Zerstörung von Gelenkknorpeln und Knochen oder zu bleibenden Verformungen und Fehlstellungen an Hand- und Fin-gergelenken kommen. Innere Organe und Organsysteme können überdies in Mitleidenschaft gezogen werden, Fieberschübe und Hautausschläge sind möglich. Deshalb ist es wichtig, möglichst früh mit einer Therapie zu beginnen. Ihre Frau sollte ihrem Arzt vertrauen. Es stehen uns heute eine Vielzahl von wirksamen Medikamenten zur Verfügung, bei denen auch die Nebenwirkungen gut in den Griff zu bekommen sind.
Peter U., Naumburg: Vor einigen Wochen bekam ich plötzlich heftige Schmerzen in der Schulter. Die Ärzte diagnostizierten entzündliches Weichteilrheuma. Im Krankenhaus wurde ich auf Prednisolon eingestellt. Damit ging es mir schlagartig besser. Wie geht es jetzt für mich weiter?
Antwort: Das vorrangige Therapieziel bei der Behandlung der sogenannten Polymyalgia rheumatica ist es, Beschwerdefreiheit zu erlangen, indem die Entzündung beendet wird. Wenn das erreicht ist, wird auch schrittweise Ihre Prednisolon-Dosis reduziert. Dabei wird beobachtet, ob Sie weiterhin schmerzfrei bleiben oder ob eventuell eine Kombination mit dem Medikament Methotrexat nötig sein wird. Erfahrungswerte zeigen, dass die Erkrankung mit der Zeit zurückgehen kann.
Karla O., Bitterfeld-Wolfen: Ich leide seit 2007 an einer Regenbogenhautentzündung. Als ich Beschwerden im Knie und in den Schultergelenken bekommen habe, untersuchten die Ärzte mein Blut auf Entzündungswerte, die auf Rheuma hindeuten könnten. Die Werte waren jedoch in Ordnung. Wie soll ich mich verhalten?
Antwort: Eine Regenbogenhautentzündung ist eine typische Begleiterkrankung bei einer bestimmten Gruppe von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Allerdings erkranken tatsächlich etwa 50 Prozent der Patienten an einer sogenannten Iritis, ohne dass rheumatische Beschwerden vorliegen. Dann handelt es sich, so wie wohl in Ihrem Fall, um eine eigenständige Autoimmunerkrankung. Um jedoch Veränderungen beziehungsweise eine rheumatische Erkrankung frühzeitig zu erkennen, sollten Sie einmal jährlich Ihre Blutwerte kontrollieren lassen und mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen, ob weitere diagnostische Maßnahmen sinnvoll sein können.
Frank L., Halle: Ich bin seit 24 Jahren Rheumapatient und leide an einer Rheumatoiden Arthritis. Ich bekomme zehn Milligramm Methotrexat wöchentlich und vertrage es gut. Was halten Sie jedoch von den alternativen Medikamenten Leflunomid und Sulfasalazin?
Antwort: Das Präparat Methotrexat - MTX genannt - ist seit langem der „Goldstandard“ in der Behandlung von Rheumatoider Arthritis. Erfahrungsgemäß kommen die beiden anderen Medikamente nur zusätzlich zum Einsatz, wenn MTX allein keine ausreichende Wirkung zeigt. Wenn Sie keine Nebenwirkungen bei der Einnahme von MTX spüren und die Wirksamkeit nach Ansicht Ihres Arztes ausreichend ist, besteht kein Anlass, das Medikament zu wechseln.
Karl H., Bitterfeld-Wolfen: Ich (67) habe eine Schuppenflechten-Arthritis und bekomme seit 13 Jahren MTX. Die Dosis liegt jetzt bei 7,5 Milligramm in der Woche. Kann ich das Medikament denn unbegrenzt lange einnehmen?
Antwort: Grundsätzlich ja. Wenn Sie das Präparat gut vertragen, spricht nichts gegen eine Langzeiteinnahme. In diesem Fall sollten Sie jedoch regelmäßig, sprich alle drei Monate, Ihre Blut-, Leber und Nierenwerte kontrollieren und auch regelmäßig einen Ultraschall des Bauchraumes machen lassen.
Gerd F., Halle: Was ist denn nun besser bei Rheuma-Schmerzen: Kälte oder Wärme?
Antwort: Entscheidend ist, was der Patient als angenehmer empfindet. Im akuten Zustand ist in der Regel Kälte besser, ansonsten hilft oft auch Wärme.
Charlotte D., Wittenberg: Welche Rolle spielen Rauchen und Alkohol?
Antwort: Das Rauchen sollten Sie auf jeden Fall unterlassen - Raucher haben ein zwei- bis dreimal so hohes Risiko, an Rheuma zu erkranken wie Nichtraucher. Geringe Mengen Alkohol wie ein gelegentliches Glas Rotwein oder Bier schaden in der Regel nicht und scheinen sich sogar positiv auf die Erkrankung auszuwirken. Auf jeden Fall sollten Sie mit Ihrem behandelnden Arzt sprechen, um Wechselwirkungen zwischen alkoholischen Getränken und Ihren Medikamenten zu vermeiden.
Horst K., Sangerhausen: Seit einigen Wochen habe ich Schwellungen an den Hand- und Fingergelenken. Vor allem morgens bleiben diese lange steif. Ich versuche es deshalb mit Bewegungsübungen, habe aber Angst, dass ich die Finger irgendwann nicht mehr bewegen kann. Ich würde mich gern bald in Halle untersuchen lassen. Wie gehe ich vor?
Antwort: Erster Anlaufpunkt sollte für Sie immer der Hausarzt sein. Für Patienten mit dem Verdacht auf eine neu aufgetretene rheumatische Erkrankung gibt es im Rheumazentrum Halle die sogenannte Früharthritis-Sprechstunde. Wenden Sie sich an Ihren Hausarzt und bitten Sie ihn, für Sie auf der Internetseite des Rheumazentrums www.rheumazentrum-halle.de das Anmeldeformular herunterzuladen und auszufüllen. Wenn das Anmeldefax Ihres Arztes beim Rheumazentrum eingegangen ist, erhalten Sie dort innerhalb von 14 Tagen einen Termin.
Fragen und Antworten notierten Kerstin Metze und Kornelia Noack.