Einreise, Kosten, Roaming Einreise, Kosten, Roaming: Was der Brexit für Reisende bedeutet

Berlin - Der Brexit ist nicht nur in London und Brüssel ein heiß diskutiertes Thema. Auch viele ganz normale Bürger in Deutschland fragen sich, was der Austritt Großbritanniens aus der EU für sie bedeutet. Und erst recht, was bei einem ungeregelten Ausscheiden passiert. Denn das hat unter anderem Folgen für Urlauber, Anleger und Studenten. Wichtige Fragen im Überblick:
Ich will nach Großbritannien reisen. Was muss ich beachten?
Bei der Einreise wurde schon bislang genauer kontrolliert, da Großbritannien nicht zu den Mitgliedern des Schengener Abkommens gehört. Bislang war ein Personalausweis Pflicht. Jetzt stellt sich die Frage, ob künftig der Reisepass oder sogar ein Visum erforderlich ist. Wahrscheinlicher ist laut dem Deutschen Reiseverband (DRV), dass es ähnliche Regelungen geben wird wie zum Beispiel in Norwegen, wo sich EU-Bürger 90 Tage ohne Visum aufhalten dürfen. Für eine solche Regelung hat sich auch die EU-Kommission ausgesprochen.
Der Bund der Versicherten rät bei Auslandsreisen grundsätzlich zu einer privaten Auslandsreise-Krankenversicherung. Diese zahlt im Krankheitsfall auch für den Rücktransport nach Deutschland. An dieser Empfehlung ändert sich durch einen harten Brexit nichts.
Und wenn ich mit dem Flugzeug reisen will?
Im Falle eines Ausscheidens des Landes aus der EU ohne Abkommen sei es denkbar, dass Teile des Flugverkehrs zwischen Großbritannien und der EU für eine Weile zum Erliegen kommen, informiert der DRV. Das beträfe auch Passagiere, die einen Langstreckenflug mit Umstieg in London gebucht haben. Reisen von, über oder nach Großbritannien könnten kurzfristig storniert werden, sollten sie bedingt durch den Brexit nicht mehr durchführbar sein.
Die EU-Kommission hat für diesen Fall zwar einen Notfallplan ausgearbeitet - dieser soll aber nur „die Aufrechterhaltung grundlegender Verkehrsverbindungen gewährleisten“. Auch die Airlines arbeiten nach eigenen Angaben an Lösungen für das Problem. Alternativ wären bei diesem Szenario weiterhin Reisen nach England per Eurostar-Schnellzug oder mit dem eigenen Wagen möglich.
Wird der Urlaub in Großbritannien nun teurer?
Nein, erklärt das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ). Das Britische Pfund habe an Wert verloren - somit würden die Nebenkosten im Urlaub also günstiger.
Zahle ich für Handytelefonate in London bald wieder Roaminggebühren?
Bei Reisen auf die Insel könnten nach dem Austritt durchaus wieder Roaming-Gebühren anfallen, erklärt das EVZ. Derzeit fallen solche Gebühren etwa bei einem Handytelefonat von London nach Deutschland nicht an, weil sie innerhalb der EU abgeschafft wurden. Nach dem Brexit entfalle diese Regelung - es sei denn, Großbritannien wird Mitglied im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).
Was auch passieren kann, zeigen die Beispiele anderer europäischer Nicht-EU-Länder wie etwa der Schweiz. Diese gruppieren manche Mobilfunkanbieter trotzdem freiwillig in den Euro-Tarif ein - manche aber auch nicht. Die Telekom beispielsweise hat bereits erklärt, Großbritannien auch nach einem Brexit vorerst weiter wie ein EU-Land behandeln zu wollen.
Wie sollte ich mich als Anleger verhalten?
Auch an den Börsen hat der Brexit für viel Unsicherheit gesorgt. Für Anleger gilt dabei laut den Verbraucherzentralen als oberste Regel: Keine Panik! Anleger sollten Geduld haben. Mit eiligen Entscheidungen liefen sie Gefahr, Geld zu verlieren. Kursschwankungen sollten Anleger also besser aussitzen, als hektisch Wertpapiere zu verkaufen. Die Verbraucherschützer weisen darauf hin, dass die Aktienkurse nach derartigen Turbulenzen in der Regel wieder auf ein normales Niveau zurückkehren. Wer sein Geld nicht dringend braucht, sollte geduldig bleiben.
Und wie ist es mit meiner Lebensversicherung?
Kunden von britischen Lebensversicherern haben in jüngster Zeit Post bekommen: Die Anbieter wollen die Verträge von EU-Bürgern auf Tochtergesellschaften in Luxemburg und Irland übertragen. Für Betroffene aber kein Grund zur Panik, erklärt die Stiftung Warentest.
Wichtigste Änderung: Die Verträge bei den Tochtergesellschaften stehen nicht mehr unter dem Schutz des britischen Financial Services Compensation Scheme (FSCS). Dieser Entschädigungsfonds springt ein, wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig wird.
Einen vergleichbaren Schutz für Kunden gibt es nach Angaben der Experten in Luxemburg und Irland nicht. Dennoch müssen Kunden ihre Verträge nicht gleich kündigen. Sie können zum einen Einwand erheben gegen die Übertragung. Oder sie führen den Vertrag einfach fort, wenn sie damit zufrieden sind und sich nicht an dem geänderten Insolvenzschutz stören. Wird der Vertrag jetzt fällig, können Kunden sich die Versicherungssumme auch auf einen Schlag auszahlen lassen, statt eine monatliche Rente zu beziehen. Bei manchen Verträgen lässt sich die Auszahlung sogar vorziehen.
Ich will ein Semester in Großbritannien studieren. Was jetzt?
Bislang ist Großbritannien Programmland von Erasmus+. Derzeit gibt es aber keine Aussagen über den Verbleib oder zum zukünftigen Status im Programm, wie die Bundesregierung erklärt. Bei einem ungeregelten Brexit könnte die Förderung bei einem Studienaufenthalt in Großbritannien entfallen, teilt die Nationale Agentur des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) mit. Eine weitere potenzielle Folge: Erasmus-Teilnehmer zahlen derzeit keine Studiengebühren in Großbritannien. Auch auf diesen Vorteil müssten Studierende verzichten, wenn hierzu keine Sonderregelungen vereinbart werden.
Das Programm Erasmus+ ist aber nicht zwingend an eine EU-Mitgliedschaft gekoppelt. So nehmen auch einige Nicht-EU-Länder teil, unter anderem Island, Mazedonien oder Norwegen.
Muss ich nach dem Brexit mit Engpässen bei Arzneimitteln rechnen?
Nein. Die Pharmaverbände BPI und BAH warnen zwar vor möglichen Störungen in den komplexen Lieferketten von Medikamenten. Denn große Teile des Handels mit Arzneimitteln und den dazugehörigen Rohstoffen laufen oder liefen bislang über Großbritannien. Hinzu kommt, dass die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA bisher in London saß. Die Behörde, die Medikamente für die gesamte EU prüft und freigibt, zieht allerdings jetzt nach Amsterdam um.
Und auch die Pharmaindustrie hat sich offenbar auf den Brexit vorbereitet: Konkrete Meldungen über mögliche Engpässe liegen den beiden Branchenverbänden nicht vor. Auch die zuständigen Behörden erwarten keine Probleme - weder das Bundesgesundheitsministerium noch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Mit einem Versorgungsengpass bei den als versorgungsrelevant eingestuften Medikamenten sei nach dem Brexit nicht zu rechnen, so das Institut. (dpa/tmn)