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Räumpflicht: Wann Mieter Schnee schaufeln müssen

Von Thorsten Wiese 08.01.2008, 13:51

Berlin/Hamburg/dpa. - Auf Schnee und Eis rutscht es sich gut - das wissen nicht nur Skifahrer und Eiskunstläufer. Schließlich sorgt die weiße Pracht auch auf Bürgersteigen für ungewollte Schlitterpartien.

Wenn ein Mieter auf eisglatter Treppe stürzt oder kein Durchkommen durch die Schneemassen vor der Garage ist, gibt es immer wieder Streit. Dabei müssen Vermieter nicht Tag und Nacht streuen und fegen. Und im Gegenzug können Mieter nicht in jedem Fall zu jeder Zeit zum Räumdienst verpflichtet werden.

Dass das Schneeräumen für so viel Streit sorgt, liegt möglicherweise daran, dass es schon von Rechts wegen am Ende einer langen «Auftragskette» steht. So ist grundsätzlich die Stadt oder Gemeinde verpflichtet, bei Schneefall zu räumen und bei Glatteis zu streuen. Die Gemeinden können die Winterpflichten aber auf Anlieger übertragen. Das heißt, sie verpflichten in der Regel die Hauseigentümer, sich um den Platz vor ihrem Haus und die sogenannten hausnahen Wege zu kümmern.

«Und Vermieter können diese Aufgabe mit einer Klausel im Vertrag oder in der Hausordnung den Mietern übertragen», sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Dann müssen diese dafür sorgen, dass niemand durch Eis oder Schnee zu Schaden kommt. Diese Pflicht gilt für den Bürgersteig vor dem Haus, den Hauseingang, die Wege zum Parkplatz und zu den Mülltonnen. «Mieter müssen also nicht grundsätzlich räumen - sie müssen es nur, wenn der Vertrag ihnen das aufbürdet», erläutert Peter Jürgens vom Interessenverband Mieterschutz in Hamburg. Steht nichts dergleichen im Mietvertrag, müssen auch Mieter im Erdgeschoss nichts tun - für sie gibt es keine Sonderregel.

Nach Angaben des Eigentümerverbandes Haus & Grund in Berlin muss der Weg so breit geräumt sein, dass zwei Fußgänger problemlos aneinander vorbeigehen können. Wird ein Zugang nur selten und nur von Fußgängern genutzt, kann auch ein halber Meter reichen.

Häufig werden die Räumpflichten laut Ulrich Ropertz einer Firma oder einem Hausmeister übergeben. Die Kosten dafür dürfen auf die Mieter umgelegt werden. Wenn aber die Mieter zuständig sind, müssen sie in der Regel zwischen 7.00 Uhr und 20.00 Uhr für schnee- und eisfreie Treppen und Wege sorgen.

Je nach Region kann die Pflicht laut Immobilienverband Deutschland (IVD) in Berlin auch länger in den Abend hineinreichen. Es gilt aber ebenso: Passanten und Hausbewohner dürfen im Winter nicht darauf vertrauen, dass rund um die Uhr Schwelle, Treppe und Wege trittfest sind. Denn kein Mieter oder Vermieter muss ständig streuen. Die Regel lautet nach Angaben des Deutschen Mieterbundes, dass das Streuen mit Beginn des «allgemeinen Tages- und Berufsverkehrs» einsetzen muss. Das bedeutet laut einem Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg, dass in der Regel nicht vor 5.00 Uhr gestreut zu werden muss (Az.: 5 U 86/06).

In dem Fall war auf vereister Treppe eine Frau gestürzt, die um 4.45 Uhr das Haus verließ. Sie erhielt keinen Schadensersatz, denn der «Hauptberufsverkehr» sei um 5.00 Uhr morgens zumindest für die Bewohner dieses Hauses nicht zu erwarten gewesen. «Im Normalfall müssen Sie dieser Pflicht ab 7.00 Uhr morgens nachkommen», sagt Stefan Diepenbrock von Haus & Grund. «Es reicht aber aus, das morgens einmal zu machen. Denn wer arbeiten gehen muss, kann das nicht wegen der Wegereinigung unterbrechen.» Kein Gericht könne jemandem auferlegen, «alle zwei Stunden» den Weg zu räumen - selbst dann nicht, wenn es dauerhaft schneit. Am Wochenende greift die Räumpflicht laut IVD später als an Arbeitstagen - häufig sogar erst von 8.00 oder 9.00 Uhr morgens an.

INFO: Im Ausnahmefall müssen Senioren nicht Schnee schippen

Auch alte Menschen müssen sich grundsätzlich am Räumungsplan im Haus beteiligen - oder sie müssen räumen lassen. Und sie müssen für den möglicherweise vom Vermieter beauftragten Räumungsdienst bezahlen. Das gilt aber offenbar nur dann, wenn alte Menschen körperlich dauerhaft zur Räumung in der Lage sind. So entschied zumindest das Amtsgericht Hamburg-Altona (Az.: 318 a C 146/06), wie der Mieterverein Hamburg erläutert. In dem Fall hatte eine 80-Jährige mit einem Attest vom Arzt nachgewiesen, dass sie die Arbeit nicht mehr leisten könne. Die Frau musste nicht zahlen. Denn sie war laut dem Attest nicht vorübergehend, sondern dauerhaft verhindert, die Pflicht aus dem Mietvertrag zu erfüllen. Daher müsse sie auch nicht für eine Ersatzkraft sorgen oder eine solche bezahlen.