Psychologie Psychologie: Vom Umgang mit Lügen
Hamburg/Regensburg/dpa. - Die Gründe für die Lüge sind vielfältig. «Oft lügen die Menschen, um Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen oder sich durch Vortäuschen falscher Tatsachen größer zu machen, als sie sind.» Doch die Lüge ist nicht nur negativ.
Lügen werden auch eingesetzt, um andere zu schützen, erklärt Jochen Mecke, Leiter des Graduiertenkollegs «Kulturen der Lüge» an der Universität Regensburg. «Ein Kind gewinnt Vertrauen in sich selbst, wenn es von den Eltern nach einer bewältigten Aufgabe zu hören bekommt: "Das hast du gut gemacht", obwohl sie vielleicht denken, dass andere Kinder das schneller geschafft hätten.» Andere Lügen, zum Beispiel während der NS-Zeit, haben Leben gerettet.
Dem Lügner auf die Schliche zu kommen ist schwierig. Durch Misstrauen zum Beispiel ruft man auch bei dem, der die Wahrheit spricht, die typische Reaktion eines Lügners hervor: Er wird unsicher, stottert vielleicht und versichert, die Wahrheit zu sagen. Bei ungeübten Lügnern könne die Körpersprache Hinweise geben, sagt Diesbrock. So sei ihre Mimik eher verzögert, weil das Gehirn länger braucht, bis es die für eine Lüge notwendigen Denkprozesse bewältigt hat. Die Körpersprache ist also eher reduziert.
Wer glaubt, von seinem Partner belogen zu werden, sollte das offen ansprechen, findet Regina Tamkus, Diplompsychologin und Paartherapeutin aus Berlin. Im geschäftlichen Bereich sollte eher der diplomatische Weg gegangen werden, sagt Diesbrock. Zwar ist auch hier der Verdacht anzusprechen, aber möglichst ohne das Wort «Lüge» zu verwenden. So könne der vermeintlich Belogene etwa sagen: «Ich bin ganz verwirrt, erklär mir das noch mal. Es macht keinen Sinn für mich.» Indem er um Klärung bittet, werde dann nicht die Integrität des anderen in Frage gestellt, sondern die Botschaft.
Wer feststellt, dass er belogen wurde, sollte die Intention des Lügners herausbekommen. «Wenn uns jemand belügt, weil er uns schützen oder sich in einem besseren Licht darstellen möchte, werden wir diese Fälle klar unterscheiden von denen, wo wir getäuscht werden sollen, damit sich der andere einen Vorteil verschafft», sagt Mecke.
Auch wenn es oft gute Gründe für die Lüge geben mag immer dann, wenn es um die eigenen Wünsche und Bedürfnisse geht, sollte bei der Wahrheit geblieben werden. «Je mehr ein Mensch ein falsches Bild von sich und seinen Wünschen erzeugt, desto mehr arbeitet sein Gegenüber auch damit», erklärt Diesbrock. Die Konsequenz: Der Lügner bekommt selten das, was er wirklich braucht. Das kann so mühsam sein, dass es krank macht, sagt Tamkus. Oft sind jahrelang gehütete Geheimnisse Ursache körperlicher Beschwerden wie Rückenschmerzen.
Die Psychologin findet es auch für eine Partnerschaft wichtig, aufrichtig zu sein. Manchmal kann das Ende einer Lüge sogar die Beziehung bereichern. So bringe der eingestandene Seitensprung neben dem Schmerz auch die Erkenntnis, dass in der Beziehung einige Bedürfnisse nicht befriedigt werden und gibt einen Anstoß, daran etwas zu ändern. «Auf Dauer können Partnerschaften ohne Ehrlichkeit nicht funktionieren», so Tamkus.