1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Psyche: Psyche: Tiere streicheln Seele

Psyche Psyche: Tiere streicheln Seele

Von Torsten Schäfer 19.09.2005, 17:09

Halle/MZ. - "Ein Haustier schafft Glücksmomente und kann die Bilanz zwischen Alltagsfreuden und -ärger- nissen zum Positiven verändern", sagt Prof. Reinhold Bergler, Psychologe an der Universität Bonn. Doch automatisch funktioniert das nicht: Nur wer sich intensiv mit seinem Tier beschäftigt, bekommt auch etwas zurück.

Zahlreiche Studien haben bewiesen: Haustiere können die Psyche des Menschen stärken und seinen Gesundheitszustand verbessern. "Ein Tier animiert uns zum Sprechen, Lachen und Zärtlichsein. Es aktiviert wohltuende Gefühle", erklärt Bergler, der zugleich Vorsitzender des Forschungskreises Heimtiere in einer Gesellschaft in Bremen ist.

"Voraussetzung ist aber immer, dass zwischen Mensch und Tier eine liebevolle Beziehung herrscht", sagt Andrea Beetz, Psychologin aus Erlangen mit dem Schwerpunkt Mensch-Tier-Beziehung. Wenn jemand seinen Hund zwar pflichtbewusst füttert und ausführt, ihn aber ansonsten weitgehend ignoriert, dann darf er auch keine positiven Effekte auf die Psyche erwarten.

Wer dagegen viel Zeit mit seinem tierischen Gefährten verbringt, tut sich selbst etwas Gutes: "Tiere beruhigen uns. Beim Streicheln einer Katze zum Beispiel sinkt die Atemfrequenz", sagt Heidi Bernauer-Münz, Tierverhaltenstherapeutin aus Wetzlar. Doch Tiere bringen ihre Halter auch auf Trab. "Wer einen Hund hat, bewegt sich automatisch an der frischen Luft", sagt Reinhold Bergler.

Nicht nur in den USA kommen Tiere auch in der Therapie zum Einsatz. "Auch in Deutschland gibt es verschiedene Ansätze mit Tieren", sagt Heidi Bernauer-Münz. So nehmen manche Psychologen Hunde mit in die Praxis, um damit eine ruhige und natürliche Atmosphäre zu schaffen. Und in einem ungezwungenen Gespräch über seinen Hund könne der Therapeut unter Umständen leichter ein Vertrauensverhältnis zum Patienten herstellen, erklärt Andrea Beetz.

Das Institut für soziales Lernen mit Tieren in Wedemark (Niedersachsen) bietet Therapien für geistig- und köperbehinderte Kinder an. Kontaktaufbau, Körpergefühl und Konzentrationsfähigkeit werden beim Spielen mit Esel, Schaf oder Hund trainiert. Behinderte erfahren oft auch bei der Reittherapie ein neues Körperbewusstsein. Bei essgestörten oder missbrauchten Jugendlichen kann der Umgang mit Pferden das Selbstwertgefühl steigern, so Andrea Beetz.

"Wer ein Tier hat, fühlt sich seltener einsam", sagt Andrea Beetz. Die stumme Akzeptanz, die Tiere Menschen entgegenbringen, gebe es in der menschlichen Kommunikation nur selten. Nach dieser Kommunikation sehnen sich viele Hundehalter allerdings trotzdem - und nicht selten ist es kein anderer als der Vierbeiner, der sie anbahnt: Wer einen Hund hat, wird auf der Straße oder beim Bäcker öfter angesprochen, sagt Heidi Bernauer-Münz. "Die Kontaktmöglichkeiten verbessern sich." Und vielleicht gehen nach dem ersten kurzen Plausch über den Hund schon bald zwei Tierfreunde gemeinsam spazieren.

Senioren, die sich ein Tier anschaffen möchten, sollten aber genau überlegen, welches zu ihnen passt. "Ein Tier gibt eine Aufgabe und strukturiert den Alltag, denn man muss es füttern und pflegen. Das hält körperlich und geistig fit", sagt Ines Jonas vom Kuratorium Deutsche Altershilfe in Köln. "Das richtige Tier ist immer das, für das man sich körperlich in der Lage fühlt", erklärt Thomas Schröder vom Deutschen Tierschutzbund. Schließlich kann ein Hund keine Rücksicht darauf nehmen, dass sein Herrchen nicht mehr allzu gut zu Fuß ist: Er will mehrmals am Tag nach draußen geführt werden und sich bewegen. Wer sich als älterer Mensch einen Hund wünscht, sollte möglichst darauf achten, dass dieser nicht allzu groß ist. Je größer ein Hund ist, desto mehr Kraft braucht der Halter. Zudem sollte das Tier nicht zu temperamentvoll sein und etwa ständig an der Leine zerren, weil er ein Jagdopfer wittert. Für Leute, die nicht mehr gut zu Fuß sind, bietet sich vielleicht eher eine Katze an.