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Pfingstrosen Pfingstrosen: Makellose Schönheiten mit heilender Kraft

25.05.2001, 07:03

Bonn/gms. - Die Heilkraft ist in heutiger Zeit weitgehend in Vergessenheitgeraten, auch wenn die Wissenschaft mittlerweile das wundheilendePeregrin als wirksame Substanz in der Pflanze identifiziert hat. Esist die Schönheit der Pfingstrose, die uns nach wie vor berührt. Aufdem Höhepunkt des Frühjahrs, wenn Tulpen und Narzissen sichverabschieden und die Rosen noch in den Knospen stecken, dann stehtsie in voller Pracht.

Oft ist es die robuste rote Bauernpfingstrose (Paeonia officinalis'Rubra Plena'), die schon Albertus Magnus im 13. Jahrhundert alsGartenpflanze erwähnt. Ihre ungefüllten, wilden Vorfahren findet manmit einigem Glück noch heute in den wärmeren Regionen der Schweiz, inFrankreich und auf dem Balkan. Zum Lob der Jungfrau Maria und zuArzneizwecken zog sie in die Klostergärten ein. Dort veränderte siesich dank der guten Pflege. Die Zahl der Blütenblätter nahm zu. Ausder einfachen Blüte wurden üppig gefüllte Blumen. Zur roten 'RubraPlena' gesellte sich die weiße 'Alba Plena' und die rosa 'RoseaPlena'.

So prächtig fand sich die Pfingstrose bald auch in denBauerngärten wieder, wo sie ideale Lebensbedingungen vorfand. Sonnig,nährstoffreich, lehmig, frisch bis mäßig trocken will sie stehen -Bedingungen, die auch für die Kultur von Bohnen, Zwiebeln und Kohlrichtig sind. Zur gern gesehenen Gartenbewohnerin wurde sie auchdurch die geringen Pflegeansprüche. Denn am liebsten wächst sievöllig ungestört. 30 Jahre kann sie so am gleichen Fleck stehen undwird von Jahr zu Jahr schöner.

Neben Paeonia officinalis hatten die anderen europäischenPfingstrosen wenig Chancen, in den Gärten Verbreitung zu finden. Zwarwerden die stattliche Paeonia mascula und die glühend rote Paeoniaperegrina schon im 17. Jahrhundert im berühmten Buch über den «Gartenvon Eychstett» erwähnt. Wie die feinblättrige Paeonia tenuifolia, diePaeonia anomala aus dem Altai-Gebirge oder die Paeonia wittmannianaaus dem Westkaukasus fanden sie aber nur Eingang in die Gärten vonKennern. Dafür spielen sie bei der Paeonienzucht eine wichtige Rolle.Ihr Blut fließt in Paeonia-Hybriden wie der scharlachroten einfachen'Carina', der korallenrosa 'Coral Charm' oder der halbgefüllten rosa'Lovely Rose'.

Richtige Konkurrenz für die Bauernpfingstrose kam erst Ende des18. Jahrhunderts nach Europa. Zu diesem Zeitpunkt landeten die erstenChinesischen Pfingstrosen (Paeonia lactiflora) in England. Sieschmücken sich mit gefüllten, schalenförmigen Blüten in feinenNuancen von Weiß, Rosa, Rot, Violett und Gelb. Im Fernen Osten zählensie zu den kostbarsten Pflanzen, deren Schönheit in Gold aufgewogenund in Liedern und Gedichten gepriesen wurde. Jetzt standen auch dieEuropäer staunend vor den anmutigen Blumen, die sich obendrein nochin köstlichen Duft hüllen.

Auch die längere, wenn auch spätere Blütezeit registrierte man mitgroßer Freude. Nur einen Wermutstropfen fand man heraus. Beinasskaltem Frühjahrswetter, wie es auch bei uns oft typisch ist,öffneten sich die Knospen nicht immer zuverlässig. Daher setzteintensive Züchtertätigkeit ein, um neue, zuverlässigere undschönblütige Sorten zu gewinnen. Die weiße 'Duchess de Namours'(1856) , die elfenbeinfarbene 'Marie Lemoine' (1869) oder dierosafarbene 'Alexandre Dumas' (1862) stammen aus dieser frühen Zeit.Sie alle gehören noch heute zum Pfingstrosen-Sortiment.

England und Frankreich waren die Hochburgen derPfingstrosenzüchtung - Deutschland galt im 19. Jahrhundert nur als«Importland» für die schönen Blumen. Aber der wichtigste Importeur,die Firma Goos und Koenemann aus Niederwalluf, wurde selbst zumZüchter. Fasziniert von den Pflanzen, begann August Koenemann selbstzu kreuzen. 1912 kamen seine ersten Sorten auf den Markt.