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Partnerschaft Partnerschaft: Nicht jede Schrulle ist liebenswert

Von Carina Frey 09.02.2005, 13:38
Gemeinsam den Lebensabend genießen. (Foto: dpa)
Gemeinsam den Lebensabend genießen. (Foto: dpa) Jens Schierenbeck

Marienheide/Calw/dpa. - Sie kommt immer zu spät, und er zuckt nur mit den Schultern. «Manche Partner haben so oft etwas gesagt, dass sie es irgendwann lassen», sagt Hartwig Wennemar, Gerontologe aus Marienheide.

Doch gibt es Eigenheiten, die eine Beziehung ernsthaft belasten können. Hier schadet Schweigen um des lieben Friedens willens eher, als dass es die Partnerschaft schützt.

Uwe Kleinemas, Geschäftsführer des Zentrums für Alternskulturen an der Universität Bonn, rät, zwischen liebenswerten Schrulligkeiten und bedeutsamen Problemen zu unterscheiden. Bei Kleinigkeiten, etwa wenn der Partner immer wieder alte Geschichten erzählt, sollten Paare tolerant sein. «Aber wichtige Dinge, die einen wirklich stören, sollte man auf jeden Fall ansprechen.» Oft sei dem Partner gar nicht bewusst, dass sein Verhalten dem anderen missfalle.

Diese Dinge anzusprechen, ist allerdings schwierig. «Auf jede Art von Korrektur wird reflexhaft mit Abwehr reagiert - das ist normal», sagt Anna Schoch, Honorarprofessorin für Psychologie an der Fachhochschule für Kreativpädagogik und künstlerische Therapien in Calw. Deshalb sollte die Kritik nicht pauschal ausfallen. «Wenn ich nur sage "Immer redest du mir rein!" erreiche ich wenig», erklärt Psychologe Kleinemas. Stattdessen sollte sich die Kritik auf ein konkretes Beispiel beziehen und nicht in Drohungen münden. «Besser ist es, dem anderen zu zeigen, dass sich eine Verhaltensänderung positiv auf die Beziehung auswirkt.»

Gerade ältere Paare sind häufig nicht gewohnt, Konflikte anzusprechen. «Viele haben nicht gelernt, über sich zu reden, und Kritik am anderen zu üben», sagt Gerontologe Wennemar. «Sie nehmen vieles einfach als selbstverständlich hin.» Für Psychologin Schoch muss dies nicht ein Zeichen für eine schlechte Beziehung sein. Es könne auch Ausdruck von Toleranz sein. «Die Paare wären nicht so alt miteinander geworden, wenn sie sich nicht hätten sein lassen, wie sie sind.»

Besonders Männer tun sich schwer damit, Probleme zu thematisieren. «In den meisten Fällen sind es Frauen, die sagen, wenn sie etwas an ihrem Partner stört», sagt Kleinemas. «Die Männer schweigen eher und versuchen, Konflikte auszusitzen.»

Doch reagiert der Partner dauerhaft nicht auf Kritik, kann das zur Trennung führen. «Dann stellt sich irgendwann die Frage, ob die Basis für die Beziehung noch da ist», sagt Kleinemas. Während Paare früher selbst dann zusammenblieben, wenn sich Interessen und Bedürfnisse auseinander entwickelt hatten, sind die Ansprüche an Beziehungen heute gestiegen. Laut Kleinemas geben sich die Menschen mit einer schlechten Partnerschaft nicht mehr einfach zufrieden. «Wir haben inzwischen eine drastisch gestiegene Scheidungsrate auch bei älteren Paaren.»

Auf der anderen Seite gibt es Paare, die sich im Alter zunehmend ergänzen. «Die wachsen zusammen und bilden eine Art Symbiose», sagt Wennemar. Bei diesen Paaren komme es vor, dass ein Partner einen Satz anfange, den der andere beende. «Das kann Außenstehenden ganz schön auf die Nerven gehen, während die Paare es selbst gar nicht merken.» Kritik von außen helfe aber meist wenig, sie stoße eher auf Unverständnis und Ablehnung.

Eine fast schon befremdliche Übereinstimmung entsteht meist, wenn Paare sehr aufeinander fixiert sind. «Die machen die gleichen Dinge und beeinflussen sich gegenseitig in der Meinungsbildung», sagt Wennemar. So erarbeiteten sie sich ein gemeinsames Weltbild, das ihnen Halt gebe. Kleinemas rät, sich nicht zu sehr in die Zweisamkeit zurückzuziehen und stattdessen den Austausch mit anderen Menschen zu suchen. «Ein gemeinsamer Freundeskreis, ein eigenes Hobby oder auch mal allein Verreisen hilft, über den Tellerrand der Beziehung hinauszublicken.»

Häufig sind es die Kinder, die sich an den Eigenheiten ihrer Eltern stören. «Ihnen sind die Marotten der Eltern peinlich», sagt Psychologin Schoch, «während beispielsweise Außenstehenden die Eigenheiten häufig gar nicht negativ auffallen.» Auch Kleinemas glaubt, dass Kinder ihren Eltern besonders kritisch gegenüberstehen. Die Kinder machten sich und ihre Ansichten oft zum Maß der Dinge. Er rät zu mehr Toleranz: «Wenn die Eltern glücklich sind, so wie sie miteinander umgehen, dann sollten die Kinder das akzeptieren.»