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MZ-Leserforum zu Herzerkrankungen MZ-Leserforum zu Herzerkrankungen: Gefährliches Herzrasen

02.11.2014, 12:02
Oberarzt Dr. Manfred Herrmann, Kardiologe am Universitätsklinikum in Halle; Dr. Markus Seige, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I im Krankenhaus Martha Maria in Halle-Dölau; Dr. Petra Schirdewahn von der Kardiologischen Gemeinschaftspraxis Saalkreis, Dr. Frithjof Schlegel, Oberarzt in der Kardiologie im Basedow-Klinikum in Merseburg, und Professor Dr. Ralph Grabitz, Direktor der Klinik und Poliklinik für Pädiatrische Kardiologie am Universitätsklinikum Halle (von links nach rechts)
Oberarzt Dr. Manfred Herrmann, Kardiologe am Universitätsklinikum in Halle; Dr. Markus Seige, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I im Krankenhaus Martha Maria in Halle-Dölau; Dr. Petra Schirdewahn von der Kardiologischen Gemeinschaftspraxis Saalkreis, Dr. Frithjof Schlegel, Oberarzt in der Kardiologie im Basedow-Klinikum in Merseburg, und Professor Dr. Ralph Grabitz, Direktor der Klinik und Poliklinik für Pädiatrische Kardiologie am Universitätsklinikum Halle (von links nach rechts) Kerstin Metze Lizenz

Halle (Saale) - Karin H., Halle: Ich habe oft Herzrasen. Ist das gefährlich oder sollte ich abwarten?

Antwort: Ob Herz-Rhythmusstörungen harmlos oder gefährlicherer Natur sind, muss diagnostiziert werden. Wenn bei Ihnen keine Herzerkrankung vorliegt, können Sie davon ausgehen, dass das Herzrasen nicht lebensbedrohlich ist. Sie sollten sich also einmal bei einem Kardiologen untersuchen lassen. Er wird bei Ihnen ein EKG schreiben, einen Herzultraschall, vielleicht auch ein Belastungs-EKG und sicherlich auch eine Langzeit-EKG-Untersuchung durchführen. Sollte das Herzrasen nur ganz selten auftreten, ist es auch möglich, Ihnen einen sogenannten Anfallsrekorder auszuhändigen, mit dem Sie bei Anfällen von Herzrasen das entsprechende EKG selber dokumentieren. Bei noch seltener auftretenden Herzrhythmusstörungen kann auch für zwei bis drei Jahre lang ein kleiner Mikrochip unter die Haut implantiert werden, der Vorkommnisse an den Kardiologen über eine Telefonleitung „sendet“.

Christa K., Halle: Bei mir treten zweimal im Jahr Herz-Rhythmusstörungen auf. Da sie auch mit Langzeit-EKGs nicht erfasst werden konnten, soll mir jetzt ein Chip unter die Haut implantiert werden. Wie geht das praktisch?

Antwort: Bei selten auftretenden und für den Patienten sehr unangenehmen Rhythmusstörungen oder unklarer Bewusstlosigkeit helfen dem Arzt auch Aufzeichnungen der Herztätigkeit mit dem Langzeit-EKG oft nicht weiter. Das könnte bei Ihnen der Fall sein. Dann kann ein Event-Rekorder (Ereignis-Rekorder) nützlich sein. Es gibt davon zwei Arten. Bei dem einen handelt es sich um einen kleinen Chip, der in der Nähe des Herzens unter die Haut implantiert wird. Er zeichnet jedes Ereignis - „Event“ - auf und sendet es über eine Telefonverbindung in die kardiologische Praxis. Praktisch müssen Sie sich das so vorstellen, dass über einen kleinen, etwa einen Zentimeter langen Schnitt nahe dem Brustbein das Gerät implantiert wird. Es sieht aus wie ein winziger USB-Stick, der dann computerprogrammiert ein EKG an die Praxis senden kann. Das Einsetzen dieses Gerätes wird im Krankenhaus vorgenommen. In der Regel werden Sie dazu stationär aufgenommen. Die Geräte werden immer kleiner und sind technisch sehr weit entwickelt. Die neueste Generation dieser Geräte ist kaum noch von außen sichtbar (4 x 0,5 x 0,3 Zentimeter). Die andere Form eines sogenannten Event-Rekorders ist ein kleines Gerät, das sich Patienten bei Auftreten von Rhythmusstörungen gegen die Brust drücken und das dann die Herztätigkeit registriert. Eine solche „Event“-Aufzeichnung ist oft aussagekräftiger als beispielsweise ein 24-Stunden-EKG, bei dem ein spezielles Vorkommnis mitunter in der Zeit des Tragens gerade nicht passiert. Diese Geräte werden Ihnen in der Regel von Ihrem Kardiologen für zwei bis drei Wochen gegen eine kleine Gebühr ausgeliehen.

Beate R., Halle: Ich hatte vor drei Jahren einen Schlaganfall. Vor vier Wochen ergab ein Zufallsbefund Vorhofflimmern. Da ich mich vor einem erneuten Schlaganfall fürchte, möchte ich dem vorbeugen und das Vorhofflimmern in den Griff bekommen. Wie sehen Sie das?

Antwort: Durch die Einnahme eines Blutverdünners wird das Risiko eines Schlaganfalls deutlich reduziert. Die sogenannte orale Antikoagulation ist eine anerkannte Behandlungsstrategie. Die andere Seite ist, wie Sie das Vorhofflimmern wieder loswerden können. Hier ist zunächst eine gründliche Untersuchung Ihres Herzens notwendig. Falls erforderlich, müssen eventuell diagnostizierte Herzerkrankungen behandelt werden. Die Rhythmuskontrolle ist nur dann sinnvoll, wenn das Vorhofflimmern bei Ihnen Symptome im Sinne von Herzrasen, Herzstolpern, Leistungseinschränkung, Luftnot oder körperlicher Schwäche verursacht. Das scheint bei Ihnen ja nicht der Fall zu sein.

Klaus Z., Saalekreis: Bei mir wurde vor einem Jahr aufgrund von Vorhofflimmern eine Katheterablation vorgenommen. Jetzt habe ich erneute Attacken. Kann das sein?

Antwort: Ja, es ist möglich, dass nach einer primär erfolgreichen Katheterbehandlung nach einiger Zeit erneut Vorhofflimmern auftritt. Das kann verschiedene Ursachen haben. Zum einen können sich die sogenannten Ablationslinien um die Lungenvenen im linken Herz-Vorhof wieder erholt haben oder die Vorhoferkrankung, die dem Vorhofflimmern zugrunde liegt, ist weiter fortgeschritten. In jedem Fall sollten Sie einem erneuten Eingriff gegenüber offen sein.

Frauke K., Halle: Meine 15-jährige Tochter klagt immer mal wieder über Herzklopfen und Schwindel, können das auch Zeichen für Herzrhythmusstörungen sein?

Antwort: Meistens sind dies harmlose Befindlichkeitsstörungen, am einfachsten ist es, in einer solchen Episode den Puls zu fühlen. Er sollte dann regelmäßig und gut zählbar sein. Wenn nicht, ist eine ärztliche Überprüfung, zum Beispiel mit einem sogenannten Langzeit-EKG, angezeigt.

Holger T., Bitterfeld: Ich (65) hatte vor Jahren eine Herz-OP mit drei Bypässen. Seit mehreren Monaten habe ich Rhythmusstörungen, die mich stark belasten. Deshalb wurde ich mit einem Elektroschock behandelt. Das hat leider nur für 24 Stunden etwas gebracht. Muss ich mit dem Herzstolpern leben? Meine Ärztin riet mir erneut zum Elektroschock und zu einer medikamentösen Therapie gegen das Vorhofflimmern.

Antwort: Laut Ihrer Schilderung fühlen Sie sich durch die Rhythmusstörungen (Vorhofflimmern) in Ihrem Alltag stark beeinflusst. Schon aus diesem Grund lohnt sich sicher der „Kampf“ um einen normalen Sinus-Rhythmus, das heißt, das Bemühen um das Wiedererlangen und Aufrechterhalten eines normalen Herzschlages. Besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt einen auf Sie zugeschnittenen, individuellen Therapieplan. Der erste Schritt nach der Kardioversion (Elektroschock) ist in der Regel die Gabe von bestimmten „Rhythmus“-Medikamenten. Bei Vorhofflimmern wird zunehmend auch primär, das heißt noch vor dem Beginn einer medikamentösen Rhythmustherapie, eine Katheterablation durchgeführt. Das Ziel dieser Behandlung ist es, diese lästige Rhythmusstörung durch gezielte „Isolationslinien“ im linken Vorhof die Auslöser von Vorhofflimmern zu eliminieren. Dieser Eingriff ist bei Patienten mit anfallsweise auftretendem Vorhofflimmern sehr erfolgreich. Bei Patienten mit länger bestehenden Rhythmusstörungen, so wie bei Ihnen, ist manchmal ein zweiter - oder auch dritter - Eingriff erforderlich. Ein Elektroschock bringt meistens nur kurzzeitig eine Besserung.

Hans D., Eisleben: Bei meiner Frau wurde 2014 eine Ablation am Herzen durchgeführt. Sie hat zudem einen Schrittmacher bekommen. Da sie jetzt unter hohem Blutdruck leidet, fragen wir uns, ob eine Ablation der Nierenarterien zur Behandlung des hohen Blutdrucks ratsam ist. Meiner Frau ist die halbe Schilddrüse entfernt worden.

Antwort: Bei Bluthochdruck ist die Medikamententherapie die allererste Wahl, den Blutdruck gut einzustellen. Wichtig ist, dass bei hohem Blutdruck andere Ursachen wie eine Schilddrüsen-Überfunktion - sie geht einher mit hohem Blutdruck - sowie eine Nierenerkrankung ausgeschlossen werden können. Von der von Ihnen angeführten Nierenarterienablation bei Patienten mit extrem schwerem Bluthochdruck sollte nur dann die Rede sein, wenn die Medikamententherapie ausgereizt ist. Sie gilt im Moment als „Reservemethode“ und wird derzeit noch weiter untersucht. Ziel der Nierenarterienablation ist die Behandlung der vegetativen Nerven, die sich im Bereich der Nierenarterien befinden.

Conny A., Dessau: Ich trinke selten Alkohol. Aber wenn ich mal Wein oder Sekt trinke, spüre ich danach immer so ein Herzrasen. Hängt das zusammen und ist das gefährlich?

Antwort: Einige Herz-Rhythmusstörungen werden durch den Alkohol verstärkt. Häufig ist das beim Vorhofflimmern der Fall. Sollten Sie unter Herzrhythmusstörungen leiden, ist es ratsam, Alkohol zu meiden. Da zur Behandlung von Herz-Rhythmusstörungen oft verschiedenste Medikamente eingesetzt werde, kann es zu gefährlichen Wechselwirkungen kommen.

Gertrud L., Mansfelder Land: Seit mein Mann einen Schlaganfall hatte, nimmt er zur Blutverdünnung Falithrom. Kann er nun noch mal einen Schlaganfall erleiden?

Antwort: Ja, das Risiko besteht. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Dosierung des Falithrom korrekt eingestellt ist. Eine Aussage darüber liefert der INR-Wert - früher auch Quick-Wert. Er sollte zwischen 2,0 und 2,5 liegen. Dann ist das Risiko, erneut einen Schlaganfall zu erleiden, gering, nicht aber gleich null. Bei einer zu starken Blutverdünnung kann es auch zu Blutungen kommen. Deshalb sollte der INR-Wert alle zwei bis vier Wochen gemessen werden. Es gibt seit kurzem neue Blutverdünner, die ebenso wirksam sind wie Falithrom, aber ein deutlich reduziertes Risiko für Blutungen (insbesondere Hirnblutungen) haben. Neueinstellungen werden in der Regel heute mit den neuen Blutverdünnern (Pradaxa, Xarelto, Eliquis) vorgenommen.

Hanna R., Burgenlandkreis: Ich habe von einem Gerät gehört, mit dem sich der INR-Wert mit Blick auf die Blutverdünnung selbst bestimmen lässt. Bei einer Freundin hat das sogar die Krankenkasse bezahlt.

Antwort: Der notwendige Grad der Blutverdünnung lässt sich über den INR-Wert bestimmen. Das kann mit einem Coagucheck-Gerät geschehen. Allerdings müssen der Umgang mit dem Gerät und die Auswertung der Daten über eine Schulung erlernt werden. Die gesetzlichen Krankenkassen unterstützen das und stellen in der Regel das Gerät auf Antrag per Rezept zur Verfügung.

Paula D., Freyburg: Ich bin 78 Jahre alt. Meine Hausärztin empfahl mir bei der letzten Kontrolle die Einnahme eines neuen Blutverdünners. Ich habe Diabetes und Bluthochdruck. Welche Risiken gibt es?

Antwort: Grundsätzlich ist es bei Ihnen wichtig, eine „Blutverdünnung“ vorzunehmen, da Sie ein hohes Risiko für einen Schlaganfall haben. Mit der Einnahme der neuen Blutverdünner (Pradaxa, Xarelto, Eliquis) ist das Risiko für schwere Blutungen, insbesondere Gehirnblutungen, geringer als mit dem sogenannten Vitamin-K-Anta-gonisten Falithrom. Beachten Sie, dass der neue Blutverdünner entsprechend Ihrer Nierenfunktion, Ihres Alters, Ihres Gewichts und der Begleitmedikation dosiert werden muss. Eine Kontrolle der „Blutverdünnung“ wie bei der Einnahme von Falithrom oder Marcumar ist nicht nötig. Führen Sie bitte den entsprechenden Ausweis immer mit sich und legen Sie ihn bei Ihren behandelnden Ärzten vor.

Kornelia Noack und Dorothea Reinert notierten Fragen und Antworten. (mz)