Mehr Sonne bitte: Balkone nachträglich anbauen
Berlin/dpa. - Frühstücken an frischer Luft, im Liegestuhl sonnen oder ein Buch lesen: ein Balkon erhöht besonders in Städten die Attraktivität und den Wert einer Wohnung.
Viele Altbauten haben allerdings keine Balkone, oder der Zahn der Zeit hat ihnen so zugesetzt, dass sie saniert werden müssen. Bautechnisch lassen sich Balkone häufig relativ leicht im Nachhinein anbauen. Dennoch gibt es einige Hürden zu überwunden, ehe man in luftiger Höhe entspannen kann.
«Im ersten Planungsabschnitt sollten Wohnungsbesitzer bedenken, wofür sie den Balkon überhaupt nutzen wollen», sagt der Fachbuchautor und Architekt Thomas Drexel in Augsburg. Die Überlegung beginne mit der Ausrichtung, also der Himmelsrichtung. Wer gerne in der Sonne badet, braucht einen Südbalkon, fürs Frühstücken ist Osten ideal, und die Abendsonne lässt sich nach Westen genießen.
Wichtig sind aber auch die äußerlichen Gegebenheiten rund ums Haus. «Balkone zu einer Hauptverkehrsstraße laden nicht zum Verweilen und Erholen ein», warnt Drexel. Ein weiteres mögliches Problem: Verschattet der Balkon darunterliegende Fenster? Bei sehr großen Fenstern könne ein darüberliegender Balkon im Sommer dagegen einen Sonnenschutz ersetzen.
Wenn architektonisch die Entscheidung für einen nachträglichen Balkonanbau gefallen ist, gilt es die rechtliche Seite zu klären: «In Mehrfamilienhäusern mit unterschiedlichen Eigentümern kann ein Balkon nur angebaut werden, wenn alle Besitzer des Hauses einwilligen», erläutert die Architektin Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren in Berlin. Eine weitere Option in einem Mehrfamilienhaus könne der gemeinschaftliche Anbau von Balkonen an allen Wohnungen sein. Auch die Nachbarn der umgebenden Häuser sollten um Zustimmung gebeten werden. Sonst drohe möglicherweise von dieser Seite Ärger - zum Beispiel wegen des Baulärms.
«Ein Balkonanbau ist in der Regel genehmigungspflichtig», sagt Reinhold-Postina. Dafür müsse der geplante Balkon, je nach Bundesland, unterschiedliche Bedingungen erfüllen, zum Beispiel was den Abstand zum Nachbarn angeht. Auch der örtliche Bebauungsplan spielt eine Rolle: Möglicherweise dürften bestimmte Baulinien und Fluchten nicht überbaut werden. Dies sollte vorab bei der zuständigen Behörde geklärt werden. Auch müssten bei geschützten Bauten Bestimmungen des Denkmalschutzes berücksichtigt werden.
Im nächsten Schritt steht die Entscheidung für die jeweilige Balkonkonstruktion an. «Die energetisch und häufig auch wirtschaftlich günstigste Konstruktion sind selbsttragende vorgestellte oder vorgehängte Balkone», erläutert Thomas Kwapich von der Deutschen Energie-Agentur (dena) in Berlin.
Vorgestellte Balkone stehen mit ihrer Tragkonstruktion - meist aus Stahl - vor der Fassade und würden dort lediglich mit Verschraubungen fixiert, erklärt Kwapich. Vorgehängte Balkone würden an der Fassade befestigt und zusätzlich mit Stahlseilen abgehängt. Beide Konstruktionen hätten den energetischen Vorteil, dass nur wenige Verschraubungen und Befestigungen die Dämmung durchdringen. Dadurch würden Wärmebrücken vermieden oder reduziert.
«Ein guter Zeitpunkt zum nachträglichen Anbringen von Balkonen ist gegeben, wenn eine energetische Sanierung und Wärmedämmung der Außenwände ansteht», erklärt Drexel. Dabei könnten die Anschlüsse optimal geplant und mit den Dämmmaßnahmen kombiniert werden. Die Kosten für einen Balkon sind je nach Konstruktion unterschiedlich - mit einigen tausend Euro müsse man aber schon rechnen.
«Alte Häuser mit Balkon, bei denen die Geschossdecke als Bodenplatte nach außen gezogen worden ist, sind energetisch betrachtet problematisch», so Kwapich. Denn durch die ungeschützte Balkonplatte fließe zu viel Heizenergie nach außen. Diese Wärmebrücke führe zu einem hohen Energieverbrauch. Bei Häusern mit nachträglicher Dämmung müsse deshalb auch die Betonplatte mit gedämmt werden. Diese Lösung sei aber sehr aufwendig. Einfacher sei es, bei der Sanierung des Hauses die überstehende Betonplatte vom Gebäude abzutrennen und den künftigen Balkon mit speziellen Verbindungen thermisch vom Gebäude zu trennen.
Mieter müssen dem nachträglichen Anbau eines Balkons zustimmen, auch wenn sie durch den Schatten eine Verdunklung des darunter liegenden Fensters befürchten. Darauf weist Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin hin. Da es sich um eine Modernisierung handelt, könne der Vermieter auch die Miete erhöhen. Angemessen seien jährlich elf Prozent der Baukosten, die für den Balkon der einzelnen Wohnung angefallen sind.