Leichtgewichte Leichtgewichte: Nur nicht einknicken

Berlin/dpa. - Zehn Leute gleichzeitig soll etwa das Pappbett von Stange Designaus Berlin schon ausgehalten haben. Das Anfang der achtziger Jahreauf den Markt gekommene Bett zählt heute zu den Pappklassikern, seinDesigner Hans-Peter Stange zu den Pionieren im Bereich Pappmöbel.Misstrauen bekommen selbst etablierte Papierkünstler zu spüren. «Abersobald die Leute die Sachen dann im Original sehen, sind sieüberzeugt», erzählt Mechthild Stange.
Mit wenigen Mitteln und ohne große Geräte schnell Ergebnisseerzielen - das macht für sie den Reiz an Wellpappe als Material fürMöbel aus. «Man kann einfach loslegen. Und wenn es nichts wird, wirftman es einfach weg», erklärt Mechthild Stange. Wenn das Material alsnicht so wertvoll angesehen werde, sei es auch leichter, sich vonDingen zu trennen. «Das Loslassen wird einfacher», so die Berlinerin.«Deshalb haben wir diese Möbel auch gerne zu Hause. Haben wir genugdavon, können wir sie einfach ins Altpapier werfen».
Kunden fällt eine derartige Sicht der Dinge allerdings oft schwer,hat Anna Hössle von der Papierwerkstatt in München festgestellt.Hössle fertigt Leuchten aus Japan-Papier, eine Art Mischung zwischenLampion und Lampe, wie sie selber sagt. Für die Ewigkeit sind diezarten Gebilde nicht gemacht: «Papier verstaubt im Laufe der Zeit undwird hässlich». Irgendwann müssen die Lampen deshalb entsorgt werden- für manchen Käufer offenbar eine erschreckende Vorstellung.
Anna Hössle sieht die Vergänglichkeit dagegen genau wie dieStanges als einen großen Vorteil ihres Arbeitsmaterials. Dadurchwerde wieder Platz frei für etwas neues, moderneres. «Meine Lampenkosten so viel wie eine Hose, und die kauft man sich ja auch jedesJahr», sagt die gelernte Buchbinderin.
Ob Lampe, Bett oder Schrank - eine echte Konkurrenz für Produkteaus Holz, Metall oder Kunststoff werden die Papier- und Kartonobjektewohl nie werden: «Es gibt einen Markt für diese Möbel, aber er istklein», sagt Marion Digel, Designerin aus Nürnberg und Autorin desBuches «Papermade - Wohnen mit Objekten aus Papier und Karton». Inden achtziger Jahren habe es im Zuge der Öko-Bewegung jedoch sogareinmal so etwas wie einen kleinen Boom gegeben. Der sei bald wiederabgeflaut, dafür entdeckten inzwischen immer mehr Künstler undDesigner das Material mit dem Wegwerf-Image.
Zu diesen zählt auch der Architekt Frank O. Gehry. Bereits in densiebziger Jahren experimentierte er mit Pappe für eineSitzmöbelserie. Rund 20 Jahre später schuf er dann «Little Beaver»und «Grandpa Beaver» - zu deutsch: «Kleiner Biber» und«Großvater-Biber». Aus Schichten geklebter Wellpappe bestehend, sehendie Sessel tatsächlich aus wie von einem Biber zurecht genagt. LautMarion Digel ist «Little Beaver» heute das wahrscheinlich bekanntesteWellpappen-Objekt weltweit - und ein begehrtes Sammlerstück, für dasLiebhaber trotz des billigen Materials große Summen zahlen.
Doch das ist die Ausnahme: «Wenn die Leute Papier hören, denkensie, die Sachen halten nicht», erzählt Wolfgang Siegel, Designer ausMünchen, der seit etwa zehn Jahren Möbel auch aus Papier fertigt.Entsprechend akzeptierten nur wenige die hohen Preise, die dieaufwendig per Handarbeit gefertigten Möbel kosten. SiegelsPapiermöbel erscheinen daher nur in kleinen Stückzahlen - so zumBeispiel auch der Schrank «Cocoon». Trotz seiner Größe wirkt derSchrank schwebend leicht, ist aber längst nicht so fragil wie eraussieht: «Ich verwende nicht nur Papier. Das Grundgestell ist ausHolz, als Untergrund spanne ich Stoff darüber, auf den vieleSchichten Papier aufgetragen werden», erklärt Siegel.
Siegel arbeitet ausschließlich mit säurefreiem Papier, das sichnicht zersetzt. «Außerdem lackiere ich meine Möbel meistens, denStaub kann man also abwischen», so der Designer. Nur in den Regenstellen sollte man seine Objekte nicht, ansonsten hielten sie aber100 Jahre.