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Kinderbetreuung Kinderbetreuung: Wenn das Kind zur «Tante« muss

Von Carina Frey 21.03.2007, 11:16

Kandern/Berlin/dpa. - Ist das der Fall, können Eltern auch Zweijährige fünf Stundenin fremde Hände geben - ganz ohne schlechtes Gewissen.

Die Nähe zu den Eltern oder anderen Bezugspersonen ist in denersten Lebensjahren für Kinder immens wichtig - sie binden sich andiese Personen, erklärt Joachim Bensel von der ForschungsgruppeVerhaltensbiologie des Menschen (FVM) in Kandern. Typisch für kleineKinder sei, dass sie - wenn etwas Aufregendes passiert - sofort zurMutter oder einer anderen vertrauten Person laufen, sagt Prof.Wolfgang Tietze, Kleinkindpädagoge an der Freien Universität Berlin.

Eine qualitativ schlechte Betreuung kann die Bindung zurBezugsperson gefährden, sagt Bensel. Anders sieht das aus, wenn dasKind die Erzieherin als neue Bezugsperson akzeptiert. Ob das gelingt,hängt von den Rahmenbedingungen in der Krippe ab - aber nicht nur:«Die Eltern müssen sich sicher sein, ob sie ihr Kind tatsächlichabgeben wollen», erklärt Prof. Gerd Schäfer vom Seminar für Pädagogikder Universität Köln. «Wenn sie ein schlechtes Gewissen haben, merktdas Kind das.»

Hinter der Betreuung sollte zudem ein pädagogisches Konzeptstehen, rät Tietze. «Lassen Sie sich das zeigen.» Zur Zeit würdenhäufig nur Kindergarten- in Krippenplätze verwandelt. «Das istproblematisch», sagt Schäfer. Kleine Kinder bräuchten intensivereBetreuung, anregende Räume und Sinnesangebote: «Die müssen nicht mitder Schere schneiden, sondern wollen im Wasser plantschen.»

Auf eine Erzieherin sollten laut Bensel nicht mehr als vier Kinderkommen. Wichtig ist außerdem, dass jedes Kind eine feste Betreuerinhat, sagt Prof. Tietze. Sehr wichtig ist die oft mehrwöchigeEingewöhnungsphase. «Fehlt sie, ist die Bindung zur Muttergefährdet», warnt Bensel. Am Anfang bleiben Mutter oder Vater in derKrippe, damit das Kind langsam eine Beziehung zur Erzieherin aufbauenkann. Nach einigen Tagen erfolgt eine schrittweise Trennung: DieMutter verlässt den Raum für eine halbe Stunde, ist aber zur Stelle,wenn sich das Kind nicht beruhigt.

Mehr als fünf Stunden sollten Zweijährige nach Prof. SchäfersAnsicht nicht in der Krippe bleiben. Herrscht immer Gruppenbetrieb,sei auch das zu viel, sagt er. Haben Vater oder Mutter einenHalbtagsjob, sollten sie besser jeden Vormittag statt zwei ganze undeinen halben Tag arbeiten. «Das schlimmste, was dem Kind passierenkann, ist eine unvorhersagbare Betreuung», sagt Bensel.

Doch jedes Kind ist anders - und nicht alle kommen mit der neuenSituation in der Krippe zurecht. «Das Kind sollte fröhlich sein, gerndorthin gehen und von sich aus mit den anderen Kindern spielen», sagtSchäfer. Möchte das Kind aber gar nicht in die Krippe gehen, läuftes dort teilnahmslos herum und will es nicht spielen, sollten Elterneingreifen, sagt Bensel.

Manchmal helfe es, wenn sich die Erzieherin intensiver um das Kindkümmert oder eine andere Betreuerin als Bezugsperson dient. Klapptdas nicht, sollten die Eltern das Kind besser noch zu Hause lassen -oder es lieber zu einer Kinderfrau geben, rät Bensel.

Literatur: Das Sonderheft von «Kindergarten heute» zum Thema«Kinder unter 3» kann für 8,50 Euro zuzüglich Porto bestellt werdenbeim Kindergarten Fachversand, Postfach 674, 79006 Freiburg