Kalmien sind raffinierte Bestäuberinnen
Bonn/dpa. - Richtige Pflege vorausgesetzt, wird die Kalmie dort zu einem der schönsten Frühlingsgehölze, das zudem auf raffinierte Art Insekten in den Garten lockt. Mit ihren schmalen Blättern erinnert die immergrüne Kalmie an Lorbeer. Mountain Laurel - Berglorbeer - heißt sie daher in ihrer nordamerikanischen Heimat. Vor dem dunkelgrün-glänzenden Hintergrund der Blätter spielt sich im Mai und Juni ein reizendes Schauspiel ab: Erst faszinieren eigenartig gerippte Knospen, die in großen, dichten Doldentrauben zusammen sitzen. Dann öffnen sich zahlreiche kleine «Reifröckchen» oder «aufgespannte Regenschirmchen», die mit einem raffinierten Bestäubungsmechanismus auf Blütenbesucher warten.
Wie zehn winzige Speichen spannen sich die Staubfäden in der zipfligen Blütenglocke. Ihre Pollensäckchen ruhen gut geschützt in winzigen Gruben an der Blütenwand. Lässt sich ein Insekt auf der Blüte nieder, schnellen die Staubfäden hoch und schleudern ihren Blütenstaub über den Besucher. Unbepudert entkommt dabei keiner, und jeder fliegt als zuverlässiger Liebesbote zur nächsten Blüte.
Für Naturliebaber müsste dieser kuriose Mechanismus schon Ansporn genug sein, eine Kalmie in den Garten zu pflanzen. Richtig reizvoll macht den Strauch aber sein Farbenspiel. Bei der Art selbst zeigen die Knospen ein kräftiges Rosa, aus dem zartrosafarbene Röckchen entstehen. Tupfen in Dunkelrosa zeigen an, wo die Pollensäckchen verborgen sind. Bei Züchtungen wie 'Ostbo Red' ist der Farbkontrast noch größer: Aus leuchtend roten Knospen werden frischrosafarbene Blüten. Besonders schön ist der Anblick, wenn Knospen und Blüten nebeneinander stehen.
Die meisten Baumschulen haben 'Ostbo Red' in ihrem Angebot. Nach der zarten 'Elf' muss man ein wenig suchen. Sie verbindet hellrosa Knospen mit fast weißen Blüten. Bei 'Pinwheel' ist es umgekehrt: Auf rosafarbene Knospen folgen braunrote Blüten mit weißem Zentrum und weißem Blütensaum. 'Kaleidoskope' verwandelt purpurrote Knospen zu einem überraschenden Farbenspiel aus Weiß und Schwarzrot.
In den USA, wo Kalmia latifolia zu Hause ist, bieten Baumschulen bis zu 50 verschiedene Sorten an. Dort sind die Pflanzen so populär, dass die Bundesstaaten Connecticut und Pennsylvania die Kalmie jeweils zum Wahrzeichen machten. In den Alleghany Mountains überziehen die wild wachsenden Pflanzen im Frühjahr die Hügel förmlich mit ihren Farben.
Was so häufig ist, wird nicht nur romantisch verklärt betrachtet: Die indianischen Ureinwohner nutzten Kalmienholz zum Schnitzen von Löffeln, Pfeifen und kleineren Geräten. Auch die frühen Siedler entdeckten rasch, wie leicht es sich in frischem Zustand bearbeiten lässt, um dann zu widerstandsfähigem, leicht polierbarem Holz zu trocknen. Spoonwood, Löffelholz, war der gebräuchliche Name.
Bald machte dieser Name jedoch einem anderen Platz: Schafslorbeer oder Lammstod wurde daraus. Denn die Blätter der Kalmie besitzen Giftstoffe. Vor allem in strengen Wintern, wenn alles andere Grün vom Schnee bedeckt ist, wurde das Laub vielen Schafen zum Verhängnis. Inzwischen ist die Giftwirkung der Blätter bekannt, und das Vieh wird zum Weiden ohnehin nicht mehr in die Wälder getrieben. Entsprechend unbefangen freut man sich in den USA, in England und - langsam aber sicher - auch hier zu Lande an der Kalmia latifolia.
Meist etwa 150 bis 200, manchmal auch 300 Zentimeter breit und hoch wird sie im Garten. Kleiner ist Kalmia angustifolia, die schmalblättrige Schwester: Sie erreicht maximal 100 Zentimeter Höhe, will allerdings feucht bis nass stehen. Der Rand eines Moorgartens ist für sie ein geeigneter Platz. Blaurosa blüht die Art, die Sorte 'Rubra' trägt dunkelpurpurfarbene Blüten. 'Compacta' ist eine mit 50 Zentimeter sehr niedrig bleibende Sorte mit hellen Purpurblüten.
Leicht schattige Lagen auf sauren Böden bekommen allen Kalmien am besten. Ist der Boden feucht genug, halten es die Gewächse aber auch in der Sonne aus. Hobbygärtner sollten allerdings wissen, dass die Blütenfarbe bei intensiver Sonneneinstrahlung ein wenig verblasst. Gedüngt wird mit organischem Dünger, gegenüber Mineraldüngern sind Kalmien empfindlich.
Am besten bekommen sie eine dicke Mulchdecke aus Laub, Torf und Rinde. Dann muss im Wurzelbereich auch kein Unkraut gehackt werden, das den feinen Wurzeln schaden könnte. Keine Gedanken muss sich der Gärtner wegen der Winterhärte machen: Der Berglorbeer ist Kälte gewöhnt und übersteht selbst tiefe Temperaturen problemlos.
Ein wenig Überlegung verlangt die Wahl des Standorts im Garten auch in optischer Hinsicht: Mit der Nachbarschaft farbenprächtiger Rhododendren können Kalmien kaum konkurrieren. Umso bessere Nachbarn sind Lavendelheide (Pieris), Blüten-Skimmien (Skimmia foremanii) und frühblühende Azaleen, mit denen sie ein reizvolles Ensemble bilden.