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Jugend Jugend: Tanzkurse sind nicht von gestern

Von Annika Graf 23.11.2005, 11:32

Bad Kissingen/Potsdam/dpa. - Von der vermeintlich verklemmten Atmosphäre in den Tanzschulen sollten sich Jugendliche aber nicht abschrecken lassen. Denn in den Tanzkursen werden nicht nur stur die Schrittfolgen von Walzer und Foxtrott geübt. Spaß an Musik und Bewegung stehen im Vordergrund.

«Der Tanzkurs ist für die meisten immer noch ein ganz großes Erlebnis», sagt Michael Meiners, Tanzlehrer in Bad Kissingen und Pressesprecher des Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverbands (ADTV) in Hamburg. Tanzen sei immer noch «in» bei den Jugendlichen. Ganze Schulklassen meldeten sich teilweise für den Tanzkurs an.

Die klassische Tanzschulkarriere beginnt mit dem Grundkurs. Dort lernen die Eleven zunächst Grundschritte und einfache Figuren verschiedener Tänze des so genannten Welttanzprogramms. «Dazu gehören unter anderem der langsame Walzer, Wiener Walzer, Tango, Foxtrott, Cha Cha Cha, Rumba, Jive, Disco-Fox und Samba», sagt Meiners. «Außerdem unterrichten wir aber immer auch aktuelle Partytänze wie Bachata und Reggaeton», sagt der ADTV-Tanzlehrer Matthias Freydank aus Potsdam.

Und die Musik in der Tanzstunde ist auch nicht mehr von gestern. Damit es nicht allzu verstaubt zugeht, drehen sich die Paare in den meisten Tanzschulen heute zu aktuellen Hits aus den Charts. «Ich habe nicht eine Platte mit klassischer Tanzmusik in meiner CD-Sammlung für die Kurse», sagt Freydank.

Zunächst sollen die Jugendlichen ein Gespür für Musik, Rhythmus und die Bewegung bekommen. «Die Herren lernen das Führen und die Damen das Führen lassen», sagt Freydank. «Man tut etwas für das Gleichgewicht und lernt, sich mit dem Tanzpartner zu bewegen», erklärt Meiners.

Dazu kommt der Umgang miteinander. «Das ist kein strenger Benimm-Unterricht», sagt Meiners. Aber die Grundlagen von Takt und Feingefühl - nicht nur in der Musik - werden vermittelt. Auffordern, Getränke einschenken und Blumen überreichen gehören bei ihm mit zum festen «Lehrstoff» in den Kursen.

Der Rahmen hilft auch, die Scheu vor sonst vielleicht unangenehmen Situationen zu verlieren. «Im Tanzkurs ist es ganz normal, ein Mädchen anzusprechen», sagt die Benimm-Expertin Elisabeth Bonneau aus Freiburg. «Außerdem habe ich festgestellt, dass Menschen, die einen Tanzkurs gemacht haben, ein besseres Verhältnis zu ihrem Körper haben.» Im Tanzsaal könne die eigene Körperhaltung getestet werden. «Was mache ich? Wie wirke ich? Was wirkt plump?»

Die Sorge um das Outfit ist meistens unbegründet - wer einen Tanzkurs besuchen will, darf sich dort auch in Turnschuhen blicken lassen. «Heute ist alles sehr viel lockerer», sagt Meiners. Abendgarderobe und feine Schuhe werden erst beim Abschlussball erwartet. Wer dort sein neu erworbenes Können zur Schau stellen möchte, sollte sich etwas netter kleiden. «Auch hier berücksichtigen wir aber finanzielle Probleme», sagt Meiners. Nicht jeder könne sich schließlich für diesen Anlass ein teures Kleid oder einen dunklen Anzug leisten.

Ein Tanzkurs mit zehn Doppelstunden kostet oft zwischen 60 und 90 Euro. «Das ist aber von Region zu Region unterschiedlich», schränkt Meiners ein. Wer an der Bewegung zu Musik Gefallen findet, kann sich auch gleich für weitere Kurse anmelden. Nach dem Grundkurs wird der so genannte Fortgeschrittenen-Kurs belegt. Darauf folgen Bronze-, Silber-, Gold- und Gold Star-Kurs.

Der richtigen Dreh auf dem Parkett lässt sich aber auch in Tanzsportvereinen oder speziellen Abteilungen von Sportvereinen üben. «Im Wesentlichen werden bei uns die gleichen Tänze wie im Tanzkurs getanzt», sagt Boris Exeler, Bundesjugendwart des Deutschen Tanzsportverbands in Frankfurt/Main. Darüber hinaus gibt es aber auch die Möglichkeit, andere Tänze oder Tanzformen wie Rock 'n Roll, Boogie-Woogie, Jazz- and Modern Dance zu üben.

Im Unterschied zum Tanzkurs bleibe im Verein einfach mehr Zeit, um Figuren und Schritte zu üben. «Es gibt meist Gruppentraining, aber auch zusätzliche freie Trainingstermine, bei denen die Paare üben können», sagt Exeler. Ehrgeizige Paare können sich beim Leistungssport in verschiedenen Turnierklassen messen. Ausdauer, Koordinationsvermögen und ein gewisses Maß an Musikalität sind Voraussetzung. «Nach oben ist alles offen, wie bei allen künstlerischen Sportarten».